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Interview: Bundesbildungsministerin Anja Karliczek fordert Frauenquote für CDU

Interview

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek fordert Frauenquote für CDU

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    Anja Karliczek ist Befürworterin einer verbindlichen Frauenquote in der CDU.
    Anja Karliczek ist Befürworterin einer verbindlichen Frauenquote in der CDU. Foto: Bernd Jutrczenka, dpa

    Frau Karliczek, Sie waren am letzten Wochenende zu Gast beim Deutschlandtag der Jungen Union. Im Saal gab es zwar viele weibliche Delegierte. Als Redner waren aber nur Männer eingeladen. Auch darüber hinaus regieren meist die Männer. Hat die Union insgesamt ein Frauenproblem, sind Frauen bei CDU und CSU unterrepräsentiert und wenn ja: Würde eine Frauenquote helfen?

    Anja Karliczek: Wir haben in der Union viele sehr gute Frauen. Aber sie müssen nach außen stärker sichtbar werden, gerade nachdem die Ära von Angela Merkel nun endet. Die Partei muss aber vor allem attraktiver für Frauen werden. Das muss ein wesentlicher Teil unserer Neuaufstellung sein, die jetzt ansteht. Die Frauenquote unterstützt diesen Prozess. Und die Frauenquote muss schneller kommen als bisher geplant. Momentan ist die Beschlusslage, dass zum Beispiel der Bundesvorstand ab 2025 paritätisch mit Frauen und Männern besetzt werden muss. Da jetzt Erneuerung ansteht, ist auch jetzt eine gute Zeit, diesen Schritt vorzuziehen. Wir sollten schon auf dem nächsten Bundesparteitag einen ersten deutlichen Schritt machen – und schon hier verbindlich wenigstens 40 Prozent der Posten mit Frauen besetzen. Momentan liegen wir bei rund 35 Prozent. Die 50 Prozent sollten dann spätestens 2024 gelten – also ein Jahr früher.

    Entdeckt die Union die Frauen nicht etwas spät?

    Karliczek: Das will ich nicht sagen. Angela Merkel ist die erste Frau, die in Deutschland Kanzlerin geworden ist. Wir müssen aber jetzt zeigen, dass wir eine Partei sind, die hier an Angela Merkel anknüpft und zeigt, dass Frauen bei uns alle Möglichkeiten haben, politische Verantwortung zu übernehmen. Ich habe viele Jahre geglaubt, dass diese Entwicklung hin zu mehr Frauen stetig weitergeht, aktuell erleben wir aber das Gegenteil. Frauen stehen auch für einen neuen Arbeitsstil. Den brauchen wir auch in der Union auf ganzer Breite – und deshalb ist die Quote sinnvoll.

    Und wie sieht es speziell in Ihrer Partei aus? Es gibt Forderungen, die CDU künftig von einer Doppelspitze führen zu lassen. Was halten Sie davon?

    Karliczek: Auch in einer Doppelspitze dominiert doch meist einer der Partner. Das haben wir oft genug erlebt. Daher bin ich hier momentan noch zurückhaltend. Wichtig ist, dass die neue Spitze mit Frauen und Männern als Team auftritt und es dort auch verteilte Rollen gibt. Vielleicht ist ja eine gute Idee, mit Doppelspitzen zunächst einmal an der Basis zu beginnen, etwa in Orts- und Kreisverbänden. Wir müssen ohnehin wieder mehr dahin kommen, dass Themen mit Gesichtern verbunden werden können. Das ist auch für die neue Bundestagsfraktion wichtig.

    In ihrer Partei gibt es Forderungen, die neue Parteispitze per Mitgliederentscheid zu bestimmen. Viele sind dafür, die Junge Union etwa. Andere, zu ihnen zählt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, sind dagegen. Zu welchem Lager zählen Sie?

    Karliczek: Die Mitglieder müssen bei der Neuaufstellung der Partei in den nächsten Wochen beteiligt werden. Ob uns in der momentanen Lage ein Mitgliederentscheid hilft, weiß ich nicht. Der würde nur Sinn machen, wenn es eine strittige Kandidatur gäbe. Ich bin aber nach wie vor eine Anhängerin der repräsentativen Demokratie - auch in der CDU. Wir sind damit gut gefahren. Allerdings müssen wir uns ernsthaft über die Kür unserer nächsten Kanzlerkandidatin oder unseres nächsten Kanzlerkandidaten unterhalten. Hier müssen CDU und CSU ein verbindliches Verfahren entwickeln. Das trägt auch zum Frieden in der Union nach solchen Entscheidungen bei.

    Es gibt Forderungen, dass ältere Abgeordnete wie Herr Schäuble ihr Mandat zurückgeben sollen. So, wie Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier vorgemacht haben. Mit Anstand und Respekt vor der Lebensleistung haben solche Forderungen aber nichts mehr zu tun, oder?

    Karliczek: Im Sport ist meist das Team erfolgreich, in dem Jüngere und Ältere gut zusammenwirken. Das gilt auch für eine Phase, in der man sich wieder nach oben arbeiten will. Auf einen Ratgeber wie Wolfgang Schäuble möchte ich jedenfalls weiter nicht verzichten. Außerdem ist Wolfgang Schäuble doch direkt gewählt und damit von der Mehrheit seines Wahlkreises mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt worden.

    Der Deutschlandtag sollte den Neuanfang in der CDU markieren. Das ist offenbar gelungen, doch der Umbau der Partei wird nicht über Nacht gelingen. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Reformschritte, die jetzt als erstes gegangen werden müssen?

    Karliczek: Die Gesellschaft verändert sich. Freiheit und Sicherheit müssen immer wieder neu ausgelotet werden. Die Menschen spüren Unsicherheit im Wandel. Sie wollen, dass der Staat die richtigen Rahmenbedingungen schafft, aber nicht, dass in ihren Alltag hineinregiert wird. Gerade vor Ort haben die Menschen oft heute viele Fragen. Darum muss sich die CDU als Volkspartei kümmern. Wir müssen insgesamt wieder mehr ein Ohr für die Menschen haben und uns dann für die Interessen einsetzen. Erneuerung muss aus der Mitte der Union, also von der Basis gedacht werden.

    Sie müssen gerade zuschauen, wie SPD, Grüne und FDP über eine neue Regierung verhandeln. Was den Bereich Bildung angeht, wird da ein Kooperationsgebot gefordert. Wie ist Ihre Meinung als Ministerin dazu?

    Karliczek: Noch ist unklar, was mit dem Begriff gemeint ist. Richtig ist und so habe ich es immer vertreten, dass Bund und Länder auch in der Bildungspolitik bis hin zur Schulpolitik inhaltlich zusammenarbeiten können sollten. Das haben die Länder in der Mehrheit bislang verhindert. Der größte Gegner meiner Position war bisher Baden-Württemberg unter Führung von Winfried Kretschmann. Das war wenig weitsichtig. Ich hoffe, dass sich das in den nächsten Jahren ändert und eine vernünftige Form der Kooperation gefunden wird. Das wird noch ein langes Tauziehen zwischen Bund und Ländern. Aber wir müssen hier weiterkommen. Ich hoffe auch, dass bei den vielen Mehrausgaben, die die mögliche Ampel-Koalition im Auge, am Ende die Bildung nicht leer ausgeht. Irgendwo werden die Verhandler Abstriche machen müssen. Bildung muss aber Priorität haben.

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