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Hintergrund: Warum Laschet nun Favorit für die CDU-Kanzlerkandidatur ist

Hintergrund

Warum Laschet nun Favorit für die CDU-Kanzlerkandidatur ist

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    CDU-Ministerpräsident Armin Laschet: Reicht es auf den Gipfel der Macht?
    CDU-Ministerpräsident Armin Laschet: Reicht es auf den Gipfel der Macht? Foto: Sina Schuldt, dpa

    Plötzlich blitzte ein taktischer Wesenszug auf, den viele Weggefährten an Armin Laschet sonst vermissen, wenn es darum geht, den Gipfel der deutschen Politik zu erklimmen: politischer Killerinstinkt, der unbedingte Wille zur Macht. Der stets freundliche CDU-Mann aus der Karnevalshochburg Aachen lebt seit Jahrzehnten damit, unterschätzt zu werden. Daher klangen die Worte harmlos, doch sie kamen einem messerscharfen Angriff gegen seinen Hauptrivalen Friedrich Merz gleich: „Er gibt Rückenwind für den Kurs der Mitte.“ Laschet meinte damit den Sieg seiner CDU bei den NRW-Kommunalwahlen.

    "Mitte" ist Laschets Schlüsselwort

    „Mitte“ lautet Laschets Botschaft, der Gegenentwurf zum streng konservativen, wirtschaftsliberalen Merz. Rückenwind ist genau das, was dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten seit seiner Kandidatur für den Bundesvorsitz CDU bisher fehlte. Denn die just zur gleichen Zeit hereingebrochene Corona-Pandemie bläst Laschet als Gegenwind ins Gesicht. In Umfragen, wer die besten Chancen als Kanzlerkandidat der Union habe, liegt der Düsseldorfer Regierungschef weit hinter CSU-Chef Söder und Konkurrent Merz. Den Rückstand zumindest gegenüber Merz mit dem Wahlerfolg vom Sonntag im Rücken aufzuholen, wäre eine Vorentscheidung. Denn intern gilt Laschet sowohl in der CDU als auch CSU als der eigentliche Favorit, nur in der Öffentlichkeit zündet das bislang kaum.

    Armin Laschet (CDU) und Chefredakteur Dr. Gregor Peter Schmitz im Hotel Drei Mohren in Augsburg.
    Armin Laschet (CDU) und Chefredakteur Dr. Gregor Peter Schmitz im Hotel Drei Mohren in Augsburg. Foto: Marcus Merk (Archiv)

    Buchautor: Friedrich Merz wirkt "aus der Zeit gefallen"

    „Armin Laschet hat gute Chancen, er startet aus der Position als Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Landes und hat bewiesen, dass er eine schwierige Landtagswahl gewinnen konnte“, sagt der Journalist Moritz Küpper, der mit seinem Kollegen Tobias Blasius eine Biografie über den CDU-Politiker geschrieben hat. Für Laschet sei es am Sonntag darum gegangen, die „Botschaft zu setzen, dass er auch in Corona-Zeiten gewinnen kann“, betont Küpper. Der Autor sieht Laschet in der Favoritenrolle, wenn es um die Kanzler–Nachfolge von Angela Merkel geht. „Friedrich Merz wirkt etwas aus der Zeit gefallen“, sagt Küpper. Der Sauerländer habe zwar gegen Annegret Kramp-Karrenbauer 48 Prozent holen können. Aber der Überraschungseffekt seiner unerwarteten Rückkehr in die Politik sei verflogen. Die Delegierten hätten Merz wieder als einen kennengelernt, der sich nicht einbinden lasse und von der Seite meckere.

    Doch auch Laschet hat Probleme. „In der Corona-Politik verfestigte sich bei Laschet ein Bild zwischen gut gemeint und schlecht gemacht“, sagt Küpper. Und das, obwohl der Ministerpräsident als Erstes einen unabhängigen Expertenrat einrichtete und vieles vorsichtig abwog. Doch dann begab er sich in den Ruf des Lockerers und lieferte sich miese Talkshow-Auftritte, die Parteifreunde erschaudern ließen.

    Warum die Laschet-Biografie "Der Machtmenschliche" heißt

    Laut den Biografen ist das typisch für den 59-Jährigen. „Laschet liefert sich verlässlich Momente unprofessioneller Emotionalität und sprunghafter Spontanität“, schreiben Küpper und Blasius. Laschet sei anders als viele Spitzenpolitiker kein reiner Machtmensch und habe sich nie eine professionelle Panzerung um sein wahres Wesen zugelegt oder sich in ein politisches und wahres Ich aufgespalten. „Laschet ist der Machtmenschliche, der schon nach oben und gestalten will, der aber warten kann, bis die Umstände bereit sind für einen wie ihn.“ Und so nennen die Autoren auch die Biografie „Der Machtmenschliche“.

    Aber reicht das für den Weg ganz nach oben auf den Gipfel der Macht? Biograf Küpper traut ihm das Amt fachlich zweifellos zu: „Laschet besitzt unglaublich viel Erfahrung auf verschiedensten Ebenen, angefangen von der Kommunalpolitik in Aachen, als Bundestagsabgeordneter, als Europa- und Außenpolitiker, Minister und Ministerpräsident.“ Im Bundestag war Laschet ein Mitbegründer der legendären „Pizza-Connection“ junger Abgeordneter von CDU und Grünen. „Vom Lebensgefühl standen uns die jungen Grünen näher als manche aus der eigenen Partei, die 30 Jahre älter waren“, sagte Laschet später einmal. Heute ist er mit Cem Özdemir ebenso persönlich befreundet wie mit FDP-Chef Christian Lindner.

    Parteifreunde verspotteten ihn als "Türken-Armin"

    Unter dem CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers wurde Laschet 2005 erster Integrationsminister Deutschlands, worauf den Modernisierer damals noch Parteifreunde als „Türken-Armin“ verspotteten. Heute dagegen gilt Laschet, der einst als Redenschreiber von Rita Süssmuth arbeitete, selbst schon als Relikt der alten „Bonner Republik“. Im schwierigen, lange zerstrittenen riesigen CDU-Landesverband und seinem Landeskabinett schaffte es Laschet, alle Parteigruppierungen geschickt einzubinden, was ihm bei der Wahl im Dezember nutzen dürfte. Insofern geben ihm die Biografen gute Chancen, als Mann der Mitte zu punkten, stellen aber am Schluss die Frage: „Reicht das?“

    Buchtipp: „Der Machtmenschliche“ von Tobias Blasius und Moritz Küpper, 360 Seiten, Klartext-Verlag

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