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Hintergrund: Gabriel eröffnet den Euro-Wahlkampf

Hintergrund

Gabriel eröffnet den Euro-Wahlkampf

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    „Die Bundestagswahl 2013 muss zur Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors werden.“SPD-Chef Sigmar Gabriel
    „Die Bundestagswahl 2013 muss zur Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors werden.“SPD-Chef Sigmar Gabriel

    Augsburg Vielen Anlegern im In- und Ausland graut seit langem davor, dass die nicht enden wollende Euro-Schuldenkrise als Spielball in den aufziehenden Bundeswahlkampf gerät. Die einen fürchten eine Lähmung der deutschen und damit auch der europäischen Politik; die anderen, dass die Parteien ohne Rücksicht auf Verluste an den Märkten die Krise für ihre Zwecke instrumentalisieren. So trugen deutsche Spekulationen aus Koalitionskreisen über ein Ende der Hilfen für Griechenland gestern mit dazu bei, dass international die Börsen abstürzten.

    Seit vergangenem Sonntag scheint nun auch die heimliche Große Koalition der Euro-Retter fürs Erste vorbei zu sein, die mit wenigen Ausnahmen alle bisherigen Rettungsschirme durch das Parlament gebracht hat. SPD-Chef Sigmar Gabriel eröffnete gut ein Jahr vor der Abstimmung den Wahlkampf. Via Bild veröffentlichte er eine acht scharfe Thesen umfassende Anklageschrift gegen die internationale, aber auch deutsche Banken- und Finanzwelt.

    „Eine Minderheit schadet der Mehrheit – und dem ganzen Land“, überschrieb der Sozialdemokrat sein Papier, das einen Vorgeschmack auf den Ton des kommenden Superwahljahrs bietet, wenn im Bund und drei Bundesländern gewählt wird. „Die Bundestagswahl 2013 muss zu einer Entscheidung über die Bändigung des Banken- und Finanzsektors werden“, fordert Gabriel.

    „Die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter deutscher, europäischer und internationaler Banken macht einen guten Job“, stellt Gabriel einen einzigen freundlichen Satz seiner Generalabrechnung voran. Doch dann stürzt er sich in den Vollangriff: Banken erpressen die Staaten, diktieren die Politik, zahlen unanständige Gehälter, spekulieren riskant mit dem Geld ihrer Sparer, manipulieren, halten sich nicht an Selbstverpflichtungen, zocken ihre Kunden ab und einige leisten Beihilfe zur Steuerkriminalität lauten Gabriels Thesen. Er spannt den Bogen von der Finanzkrise über die jüngsten Zinsmanipulationen am Londoner Finanzplatz bis zu hohen Dispo-Zinsen für Verbraucher.

    Der SPD-Chef fordert ein neues Insolvenzrecht, damit „große Pleitebanken auch pleitegehen können“; er fordert, dass Banken statt hochriskanter Geschäfte „wieder langweilig werden“, und er will, dass der Generalbundesanwalt, ähnlich wie bei Terrorverdacht, auch bei internationaler Steuerkriminalität tätig wird. Bankmanager müssten künftig auch mit ihrem Privatvermögen haften.

    „Billigen Populismus“, nennt Finanzminister Wolfgang Schäuble Gabriels Auslassungen. Der CDU-Politiker erinnerte daran, dass es die rot-grüne Regierung unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder war, die eine laxe Finanz-Regulierung in Deutschland durchgesetzt habe. „Es gab Exzesse und Fehlverhalten, und dagegen sind wir vorgegangen“, fügte Schäuble hinzu, „diese Arbeit muss und wird weitergehen.“

    Doch Gabriel kann sich auf gewichtige Stimmen berufen: Vergangene Woche forderte der Chef des Finanzriesen Münchener Rück, Nikolaus von Bomhard, in einem aufsehenerregenden Vorstoß die Zerschlagung von Großbanken: Klassische Geschäftsbank-Bereiche müssten vom riskanteren Investmentbanking abgespalten werden, sagte Bomhard und kritisierte zugleich eine „unheilvolle Verknüpfung von Banken und Staaten“.

    Doch auch die Koalition rüstet sich, um das „Sommertheater“ zur Generalprobe des Wahlkampfes zu machen: So feuerte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt in der Welt eine volle Breitseite auf die Sozialdemokraten: „Die SPD und ihre drei Kanzlerkandidaten verraten deutsche Interessen auf beispiellose Weise“, rügte Dobrindt, dass Gabriel mit Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier vor dem jüngsten EU-Gipfel dem französischen Präsidenten François Hollande die Aufwartung gemacht habe. Überhaupt gehe „ein erheblicher Teil der Schuldenkrise auf das Konto von Herrn Steinmeier“, erklärte Dobrindt seinen verdutzten Interviewpartnern. Der SPD-Fraktionschef habe als früherer Kanzleramtsminister „den Euro aufgeweicht“.

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