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Helmut Schmidt wird 90: Der Anti-Obama

Helmut Schmidt wird 90

Der Anti-Obama

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    Altkanzler Helmut Schmidt wird 90.
    Altkanzler Helmut Schmidt wird 90.

    Augsburg - "Helmut Schmidts Regierungsbilanz kann sich sehen lassen. Gerade in Krisenzeiten hat er seine Führungsrolle kraftvoll ausgefüllt." Dieses Lob für den SPD-Kanzler der Jahre 1974 bis 1982 stammt nicht von einem Parteigenossen, sondern von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Zu Schmidts heutigem 90. Geburtstag lobt er in einem Namensartikel Schmidts Nüchternheit, die seiner Zeit angemessen gewesen sei. "Ihn trennen Welten vom visionären Politikertypus, wie ihn heute Barack Obama (...) verkörpert."

    Die Anerkennung von allen Seiten beweist: Helmut Schmidt steht inzwischen über den Parteien. Bundespräsident Horst Köhler sagt: "Die Qualität seines Urteils ist einzigartig." Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versichert, dass sie nicht nur als Kanzlerin mehrfach Schmidts persönlichen Rat eingeholt hat, sondern auch seine Analysen "immer sehr aufmerksam" liest.

    Doch auch Schwächen in Schmidts Urteil werden nicht verschwiegen. In einem Interview zu seinem 80. Geburtstag habe Schmidt der FDP keine lange Überlebenszeit mehr zugestehen wollen, erinnert sich Schäuble und konstatiert trocken: "Das ist nun auch schon wieder zehn Jahre her." Köhler wiederum hält Schmidt manchmal für "zu pessimistisch", zum Beispiel dessen Urteil über Afrika.

    Sogar die FDP, die 1982 durch den Partnerwechsel von der SPD zur CDU Schmidts Kanzlerzeit abrupt beendete (zuvor hatte freilich auch der linke SPD-Flügel Schmidt die Gefolgschaft verweigert), ist heute voll des Lobs über den Hamburger. Der liberale Ex-Partner Hans-Dietrich Genscher hebt hervor, dass Schmidt, der Erfinder des Nato-Doppelbeschlusses, die sicherheitspolitische Debatte "weit über Deutschland hinaus beeinflusst" und in der Wirtschaftspolitik die "Anfangsstufe für eine gemeinsame europäische Währung" geschaffen habe. In der Umweltpolitik sei er indes zu zögerlich gewesen. Der heutige FDP-Chef Guido Westerwelle fasst höflich zusammen: "Unser Land schuldet Ihnen Dank für Ihre großartige Leistung."

    In der SPD ist Schmidt heute einer der Helden der Vergangenheit, an denen sich die Zaghaften aufrichten können. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier sieht das "Modell Deutschland" aus den Zeiten von Schmidt und Willy Brandt wieder als Vorbild: Dies sei Politik gewesen, "in der das Prinzip Verantwortung ganz oben stand, nicht das Prinzip Las Vegas".

    "Wenn Leidenschaft für die Sache, Verantwortung für das Ganze und Augenmaß wirklich gelingen sollen, dann erfordert das Kompetenz," schreibt SPD-Chef Franz Müntefering an den Jubilar. "Nur so ist gute Politik möglich. Das haben wir von Dir gelernt." Übrigens: Zu ihrem Parteichef hat die SPD Helmut Schmidt nie gewählt.

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