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Haushalt: Das große Ziel in Reichweite

Haushalt

Das große Ziel in Reichweite

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    Finanzminister Wolfgang Schäuble: Noch gönnt sich der Bund trotz anhaltenden Wirtschaftsaufschwungs auch in diesem Jahr voraussichtlich knapp 35 Milliarden Euro neue Schulden. Erst 2016 will der Bund auf zusätzliche Kreditbelastungen verzichten.
    Finanzminister Wolfgang Schäuble: Noch gönnt sich der Bund trotz anhaltenden Wirtschaftsaufschwungs auch in diesem Jahr voraussichtlich knapp 35 Milliarden Euro neue Schulden. Erst 2016 will der Bund auf zusätzliche Kreditbelastungen verzichten. Foto: John MacDougall, afp

    Berlin Der letzte Finanzminister, dem das Geld, das er eingenommen hat, auch gereicht hat, war 1969 Franz Josef Strauß. Nun soll der Bund nach dem Willen von Wolfgang Schäuble im Jahr 2016 zum ersten Mal seitdem wieder ohne neue Schulden auskommen. Der Weg zu diesem Ziel ist jedoch beschwerlich: Im Haushaltsplan für das nächste Jahr kalkuliert Schäuble bei Ausgaben von gut 300 Milliarden Euro noch mit einer Neuverschuldung von fast 20 Milliarden.

    Einigen Abgeordneten geht der Schuldenabbau nicht zügig genug voran. Verlässt Schäuble der Mut?

    Nüchtern betrachtet sieht die Sache so aus: Obwohl die Konjunktur brummt und die Steuereinnahmen entsprechend hoch sind, nimmt der Bund noch immer mehr Kredite auf als vor Ausbruch der Finanzkrise. So lag die Neuverschuldung im Jahr 2008 noch bei 11,5 Milliarden Euro. Diesen Wert unterschreitet Schäuble erst im Jahr 2015. Der Finanzminister selbst allerdings sieht sich voll im Soll: Die neue Schuldengrenze im Grundgesetz, beteuert er, halte er schon im Jahr 2014 ein und nicht erst, wie gefordert, im Jahr 2016.

    Die Opposition erregt sich vor allem über die milliardenschweren Einschnitte bei den Sozialkassen. Zu wessen Lasten wird hier gespart?

    Zwei Milliarden Euro weniger für den Gesundheitsfonds, eine Milliarde weniger für die Rentenkassen, zwei Milliarden weniger für die Bundesagentur für Arbeit: Insgesamt werden den Sozialkassen im nächsten Jahr fünf Milliarden Euro an Bundesmitteln fehlen, in den Folgejahren sind es jeweils zwei Milliarden. Dank der guten Konjunktur und der niedrigen Arbeitslosenzahlen sind allerdings auch die Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen kräftig gestiegen. Krankenkassen und Gesundheitsfonds, zum Beispiel, sitzen im Moment auf Reserven von fast 20 Milliarden Euro.

    Welches sind die dicksten Brocken im neuen Haushalt?

    Den größten Etat hat nach wie vor Ursula von der Leyen. Mit 119 Milliarden Euro fließt mehr als ein Drittel des gesamten Etats in das Ministerium für Arbeit und Soziales, das davon wiederum mehr als 80 Milliarden Euro an die Rentenkassen weiterleitet. Der zweitgrößte Posten ist die Bundesschuld. Trotz gesunkener Zinsen gibt Schäuble 36 Milliarden Euro für den Kapitaldienst aus. Zweistellige Milliardenbeträge erhalten auch das Verteidigungs-, das Verkehrs-, das Bildungs- und das Gesundheitsministerium.

    Der neue Etat und die Finanzplanung bis 2016 sind ja nur Momentaufnahmen. Wo lauern in Schäubles Rechenwerk noch Risiken?

    Den versprochenen Abbau der kalten Progression im Steuerrecht hat der Minister bereits berücksichtigt. Das Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder nach einem Jahr noch nicht in den Kindergarten schicken, muss durch Einsparungen an anderer Stelle finanziert werden. Bei der sogenannten Finanztransaktionssteuer rechnen Schäubles Beamte vom Jahr 2014 an mit Einnahmen von zwei Milliarden Euro – obwohl noch nicht sicher ist, ob die Steuer tatsächlich kommt. Das größte Risiko für einen Etat ist jedoch stets die Konjunktur: Bricht die Wirtschaft ein, werden die Sozialkassen schnell wieder ins Minus rutschen.

    In der Diskussion über die Schuldenbremse ist immer von einem strukturellen Defizit die Rede. Was ist damit konkret gemeint?

    Für das strukturelle Defizit werden konjunkturelle Einflüsse wie Steuermehr- oder -mindereinnahmen und einmalige Effekte, wie vor einigen Jahren die Versteigerung der UMTS-Lizenzen, herausgerechnet. Bis 2016 schreibt die neue Schuldenregel dem Bund vor, sein strukturelles Defizit auf 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. Im Moment liegt es bei einem Prozent.

    Das Kabinett hat auch einen sogenannten Nachtragshaushalt für das Jahr 2012 beschlossen. Warum?

    Unter dem Eindruck der Krise in Griechenland haben sich die Euro-Länder entschlossen, den neuen Rettungsschirm ESM schon in diesem Juli aufzuspannen und nicht erst Mitte 2013. Deutschland muss dafür jetzt 8,7 Milliarden Euro an den Rettungsfonds überweisen. Die Neuverschuldung in 2012 steigt so von 26,1 auf 34,8 Milliarden.

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