Offenbar stehen die Minister der neuen Bundesregierung schon fest. Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" sind die Personalentscheidungen für die künftige Bundesregierung gefallen.
In ihrem letzten Sechsaugengespräch verständigten sich Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Sigmar Gabriel außer auf den Zuschnitt der Ministerien auch auf die Namen der Minister, berichtete das Magazin am Sonntag. Das bislang von Wolfgang Schäuble (CDU) geführte Finanzressort scheint bei der Union zu bleiben.
Ministerien: Besetzung wird erst nach SPD-Mitgliederentscheid veröffentlicht
Große Koalitionen in Deutschland
Wenn die SPD-Basis zustimmt, gibt es die dritte große Koalition auf Bundesebene. Die beiden Vorläufer wurden von der CDU geführt: von 1966 bis 1969 von Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und von 2005 bis 2009 von Angela Merkel.
1966 bis 1969: Die erste Große Koalition kommt nach dem Scheitern der schwarz-gelben Regierung von Ludwig Erhard (CDU) am 1. Dezember 1966 mit der Wahl Kiesingers (CDU) zustande. Außenminister ist SPD-Chef Willy Brandt, dessen Partei im Bund erstmals Regierungsverantwortung übernimmt. Überwindung der Rezession, Notstandsgesetze und Annäherung an den Osten sind zentrale Themen. Bei der Bundestagswahl im September 1969 bleibt die Union zwar stärkste Kraft, verliert aber die Macht an Brandts SPD/FDP-Koalition.
2005 bis 2009: Bei der Wahl 2005 reicht es weder für eine Fortsetzung von Rot-Grün noch für eine schwarz-gelbe Regierung. So wird die CDU-Vorsitzende Angela Merkel nach einigem Sträuben der Sozialdemokraten Chefin der zweiten großen Koalition. Die Regierung sorgt mit Konjunkturpaketen für eine Belebung des Arbeitsmarkts. Mit ihrem Finanzminister Peer Steinbrück - der dann 2013 ihr Herausforderer ist - stemmt Merkel sich gegen die 2008 ausgebrochene weltweite Finanzkrise. Bei der Wahl im September 2009 erleidet die SPD ein Debakel und muss in die Opposition. Merkels Union koaliert mit der FDP.
Mit Rücksicht auf den Mitgliederentscheid der SPD soll die Kabinettsbesetzung erst nach der Entscheidung bekannt gegeben werden. Dieses Vorgehen wird inzwischen auch in der Union offen kritisiert. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte dem "Spiegel": "Was die SPD im Einzelnen zu der Bitte bewegt hat, erschließt sich mir nicht ganz. Wir hätten Ressortzuschnitt und Besetzung nennen können", sagte Kauder.
Grobe Züge des Kabinetts sind bereits nach außen gedrungen. So sagte CSU-Chef Seehofer, seine Partei bekomme wie in der Koalition mit der FDP drei Ministerien. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte den Frauen seiner Partei zudem nun die Hälfte der künftigen SPD-Ressorts zu. Eine entsprechende Frage beantwortete Gabriel in einem Interview mit der Zeitung "Bild am Sonntag" mit einem klaren "Ja". Die SPD müsse "noch weiblicher" werden, fügte der Parteichef hinzu.
Drei Ministerinnen aus der SPD?
Für die SPD wird von sechs Ministerien ausgegangen. Als mögliche Ministerinnen werden SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, die stellvertretende Parteichefin Manuela Schwesig und auch die ehemalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries gehandelt.
Die Forderungen an Gabriel, für die SPD das Finanzressort zu reklamieren, scheinen allerdings erfolglos verlaufen zu sein. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte am Sonntag im Deutschlandfunk, die Union als Wahlsieger wolle "einige der wichtigen Ressorts" für sich. Welche sei zwar noch nicht bekannt. "Aber dass natürlich die Union auch über den Behalt des Finanzressorts kämpft, ist doch völlig klar."
Gabriel als Bundesfinanzminister gehandelt
Der unterlegene SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der Sozialdemokraten, Johannes Kahrs, hatten sich für Gabriel als Bundesfinanzminister ausgesprochen.
Steinmeier bestätigte, dass in der Koalition themenverwandte Ministerien jeweils an Union und SPD gingen: Dies seien etwa Wirtschaft und Finanzen. Oder auch "drei außenpolitische Ressorts, wenn ich Verteidigung und Außen und Entwicklungszusammenarbeit nehme. Das sind Ressorts oder Ressortgruppen, wie Innen und Justiz, bei denen man wahrscheinlich bemüht sein wird, dass jeweils ein Ressort auf der einen und ein Ressort auf der anderen Seite landet."
Mehrheit sieht CDU als Siegerin der Koalitionsverhandlungen
Derweil betrachtet eine relative Mehrheit der Deutschen einer Umfrage zufolge die CDU als Siegerin der Koalitionsverhandlungen. In einer am Samstag veröffentlichten Emnid-Erhebung für das Nachrichtenmagazin "Focus" sagten 44 Prozent aller Befragten und 45 Prozent der Unions-Anhänger, die CDU habe dem Koalitionsvertrag ihren Stempel aufgedrückt. Unter den SPD-Anhängern waren sogar 51 Prozent dieser Ansicht.
Lediglich 24 Prozent aller Befragten glaubten, dass die SPD sich bei den Verhandlungen durchgesetzt hat. Bei den SPD-Anhängern waren nur 22 Prozent dieser Meinung. Dass sich die CSU durchgesetzt hat, meinten 13 Prozent aller Befragten, 15 Prozent der Anhänger der Unions- und 17 Prozent der SPD-Anhänger. afp/AZ