Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Griechischer Staatspräsident Papoulias: "Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland verhöhnt?"

Griechischer Staatspräsident Papoulias

"Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland verhöhnt?"

    • |
    Der griechische Präsident Karolos Papoulias fühlt sich verhöhnt und ist auf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sauer.
    Der griechische Präsident Karolos Papoulias fühlt sich verhöhnt und ist auf Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sauer. Foto: dpa

    Der griechische Präsident Karolos Papoulias ist sauer. Er fühlt sich von einigen Euroländern nicht nur im Stich gelassen, sondern fühlt sich sogar verhöhnt. Wegen ihrer harten Haltung im Umgang mit Griechenland hat sich der griechische Präsident Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Niederlande und Finnland vorgenommen.

    Karolos Papoulias: Akzeptiere nicht die Verhöhnung meines Landes

    "Ich akzeptiere nicht, dass  Herr Schäuble mein Land verhöhnt, als Grieche akzeptiere ich das  nicht", sagte Papoulias am Mittwoch während eines Besuchs im Verteidigungsministerium in Athen. "Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland verhöhnt? Wer sind die Niederländer? Wer sind die Finnen?", fügte das 82-jährige Staatsoberhaupt hinzu.

    "Wir waren stets stolz nicht nur auf die Verteidigung unserer Freiheit, sondern auch auf diejenige Europas", bemerkte Papoulias, der in jungen Jahren gegen die deutschen Nazi-Besatzer Griechenlands kämpfte, später in München und Köln Jura studierte und fließend Deutsch spricht.

    Wolfgang Schäuble: "Ein Fass ohne Boden"

    Euro-Krise: Diese Finanzbegriffe sollten Sie kennen

    Staatsanleihen: Sie sind für Staaten die wichtigsten Instrumente, um ihre Finanzierung langfristig sicherzustellen. Der ausgebende Staat sichert in der Regel die Rückzahlung der Summe plus einen festen Zinssatz zu einem festgelegten Zeitpunkt zu. Die Laufzeiten liegen bei bis zu 30 Jahren.

    Auktion: Dies ist der bevorzugte Weg für Staaten, um ihre Schuldpapiere zu verkaufen. Einige Tage vor dem Verkauf werden Summe und Laufzeiten der Anleihen bekannt gemacht. An einem festgelegten Tag können dazu berechtigte Investoren ihre Gebote abgeben. Die Bieter mit den günstigsten Geboten erhalten den Zuschlag. In der Euro-Krise haben einige Staaten, darunter auch Deutschland, bei Auktionen auch schon nicht genug Käufer gefunden. Andere Staaten mussten höhere Zinsen als geplant bieten, um ihre Papiere loszuwerden.

    Primär- und Sekundärmarkt: Die Neuausgabe von Staatsanleihen wird als Primärmarkt bezeichnet. Danach werden sie wie gewöhnliche Wertpapiere weitergehandelt, am sogenannten Sekundärmarkt. Er funktioniert wie ein Gebrauchtwarenmarkt - bereits ausgegebene Staatsanleihen werden während ihrer Laufzeit weiterverkauft. Dabei können sie im Laufe der Zeit an Wert zunehmen oder verlieren. Ein Verkauf vor Ablauf der Laufzeit kann also Gewinn bringen - oder Verlust.

    Zins: Dies ist die Summe, die ein Schuldner - bei Staatsanleihen also der Staat - pro Jahr zusätzlich zahlen muss, damit er für eine bestimmte Zeit Geld geliehen bekommt. Bei den Staatspapieren haben die Zinsen für kriselnde Länder wie Italien in den vergangenen Wochen ständig neue Höchstwerte erreicht. Bei einer Neuausgabe zehnjähriger Staatsanleihen musste das Land zuletzt mehr als sieben Prozent Zinsen bieten - schon sechs Prozent Zinsen gelten als kritischer Wert, ab dem Länder wie Irland oder Griechenland um internationale Hilfe bitten mussten.

    Rating: Rating ist das englische Wort für Bewertung. Es wird für die Noten benutzt, die Prüfunternehmen - die Ratingagenturen - vergeben, um die Kreditwürdigkeit von Staaten zu beurteilen. Verschlechtern diese Unternehmen etwa wegen hoher Schulden die Note eines Landes, ist von einer Herabstufung die Rede. Das betroffene Land muss dann höhere Zinsen zahlen, um sich Geld zu leihen.

    Rendite: Damit wird im Prinzip der tatsächliche Gewinn bezeichnet, den ein Käufer von Schuldpapieren am Ende eines Jahres macht. Depotgebühren werden dabei eingerechnet genauso wie Kursgewinne oder -verluste. Die Rendite liegt derzeit in der Regel höher als der Zinssatz, der bei der Erstausgabe für die Staatsanleihen festgelegt wurde. Denn aufgrund der krisenhaften Entwicklung verlangen die Investoren am Sekundärmarkt Risikoaufschläge, wenn sie Staatspapiere kaufen. Unterm Strich zahlen sie damit für eine Anleihe also einfach weniger - und machen am Ende einen größeren Gewinn. An der aktuellen Rendite orientiert sich der künftige Zinssatz, der für neue Staatsschuldtitel bezahlt werden muss.

    Spread: Damit wird der Unterschied am Markt bei der Rendite von zwei Staatsanleihen angegeben. Dieser Wert, der in Basispunkten oder Prozentpunkten angegeben wird, ist umso höher, je größer das Risiko eines Zahlungsausfalls eines Landes ist. In der Euro-Krise sind die zehnjährigen Staatsanleihen Deutschlands ein Referenzwert, weil diese als besonders sicher gelten: Wenn also der «Spread» für Frankreich auf zwei Prozentpunkte steigt, dann bedeutet dies, dass das Land einen um diesen Wert höheren Zinssatz als Deutschland bei einer Neuausgabe von Schuldpapieren zahlen muss.

    Schäuble hatte zuvor erklärt, die Euro-Länder seien weiterhin  bereit, das hochverschuldete Griechenland zu unterstützen. Allerdings könnten sie "nicht in ein Fass ohne Boden schütten",  sagte er im SWR vor einer Telefonkonferenz der Euro-Finanzminister über Griechenland. Die Niederlande und Finnland gelten innerhalb der Eurozone ebenfalls als Vertreter einer harten Linie gegenüber Griechenland.

    Griechenlands Regierung sieht generell eine schwindende Unterstützung der Euroländer. "In der Eurozone gibt es manche, die uns nicht mehr haben wollen", sagte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos am Mittwoch dem griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias laut offiziellen Angaben. "Das Land befindet sich auf Messers Schneide."

    Griechenland sieht sich vor einem tragischen Dilemma

    Der Weg vom nationalen Geld zur gemeinsamen Währung in Europa

    Seit 2002 ist der Euro offizielles Zahlungsmittel. In Deutschland hatte der Euro vom Start weg bei den Menschen einen schwierigen Stand, rasch machte das Wort «Teuro» die Runde. Die wichtigsten Etappen auf dem bisherigen Weg zum Euro als EU-Gemeinschaftswährung:

    1. Juli 1987: Das Ziel Währungsunion wird im EG-Vertrag verankert.

    7. Februar 1992: Unterzeichnung des EU-Vertrages von Maastricht, der die Währungsunion bis 1999 vorsieht und Beitrittskriterien festlegt.

    1. November 1993: Ratifizierung des Maastricht-Vertrages. Aus den Europäischen Gemeinschaften (EG) wird die Europäische Union (EU).

    Dezember 1995: Als Einheiten der neuen Währung werden Euro und Cent festgelegt.

    16./17. Juni 1997: Verabschiedung des Stabilitäts- und Wachstumspakts in Amsterdam. Einigung auf die «europäische Seite» für die Münzen.

    25. März 1998: Die EU-Kommission und das Europäische Währungsinstitut (EWI), Vorläufer der Europäischen Zentralbank (EZB) empfehlen elf Länder für den Start der Währungsunion. Außen vor bleiben aus freien Stücken Großbritannien, Dänemark, Schweden sowie Griechenland, das die Kriterien noch nicht erfüllt.

    1. bis 3. Mai 1998: Ein Sondergipfel der EU-Gremien gibt in Brüssel grünes Licht für den Euro. Die Staats- und Regierungschefs bestimmen den 1. Januar 1999 als Start der Währungsunion.

    31. Dezember 1998: Die Wirtschafts- und Finanzminister der EU legen den Umrechnungskurs des Euro zu den elf Teilnehmerwährungen endgültig fest. Danach ist ein Euro 1,95583 D-Mark wert.

    1. Januar 1999: Der Euro wird gemeinsame Währung der elf Länder. In Euro bezahlt werden kann per Scheck, Kredit- oder EC-Karte. Das alte nationale Geld bleibt noch das allein gültige Zahlungsmittel.

    4. Januar 1999: Die Finanzmärkte nehmen den Handel mit Euro auf.

    Juli 1999: Die Herstellung des neuen Bargelds läuft an.

    1. Januar 2001: Griechenland wird nach Erfüllung der Beitrittskriterien zwölftes Euroland-Mitglied - allerdings mit frisierten Haushaltszahlen, wie sich später herausstellt.

    1. September 2001: Beginn der Ausgabe von Noten und Münzen an Banken und Handel.

    1. Januar 2002: Der Euro wird gesetzliches Zahlungsmittel.

    1. März 2002: Die D-Mark verliert ihre Gültigkeit, kann aber weiterhin gegen Euro eingetauscht werden.

    1. Mai 2004: Zehn Länder in Mittel- und Osteuropa sowie im Mittelmeerraum werden neue EU-Mitglieder. Sie müssen die Gemeinschaftswährung übernehmen, sobald sie die Konvergenzkriterien erfüllen.

    1. Januar 2007: Als erster der neuen EU-Staaten wird Slowenien 13. Mitgliedsland der Euro-Zone. Ein Beitrittsgesuch Litauens wird hingegen von der EU-Kommission wegen überhöhter Inflation abgelehnt.

    1. Januar 2008: Malta und die Republik Zypern führen den Euro ein.

    1. Januar 2009: Die Slowakei führt den Euro ein.

    Frühjahr 2010: Griechenland kommt in immer größere Finanznöte und muss als erstes Euroland Milliardenhilfen beantragen. Damit nimmt eine Schuldenkrise ihren Lauf, die sich trotz neuer Milliarden-Hilfspakete auch für Irland und Portugal bis Ende 2011 dramatisch verschärft.

    1. Januar 2011: Zum Auftakt des schlimmsten Krisenjahres führt Estland den Euro ein - als erste frühere Sowjetrepublik. Damit leben gut 330 Millionen Menschen im Euro-Raum mit 17 Mitgliedsländern.

     Zum Stand der Verhandlungen über das neue 130-Milliarden-Hilfsprogramm für das pleitebedrohte Land sagte Venizelos, der Abschluss sei "sehr schwierig geworden". Der Grund sei, dass "einige im Ausland und im Inland mit dem Feuer spielen". "Einige spielen mit Fackeln und andere mit Streichhölzern", sagte Venizelos. Am Montag soll über das Hilfsprogramm entscheiden werden.

    Griechenland steht nach seinen Worten vor dem "tragischen Dilemma" weiter schmerzhaft zu sparen oder finanziell unterzugehen. Dies könne die Gesellschaft, die Institutionen und auch die Demokratie mit in den Abgrund reißen. Griechenland müsse jetzt diejenigen, die das Land nicht mehr in der Eurozone haben wollten, überzeugen, dass es die verlorene Zeit (für Reformen) zurückgewinnen könne, sagte Venizelos.

    Der griechische Präsident verzichtet auf sein Gehalt

    Zeiten des Sparens sind auch für den griechischen Präsidenten selbst angebrochen: Angesichts der dramatischen Finanzlage hat Griechenlands Staatspräsident Karolos Papoulias (82) auf unbestimmte Zeit auf sein Gehalt verzichtet. Dies teilte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos im Fernsehen mit. Zuvor hatte er sich mit Papoulias getroffen und darüber gesprochen. Der Staatspräsident verdient nach Angaben des Präsidialamts etwa 85.000 Euro jährlich. Diese Kosten werden jetzt eingespart.  AZ, dpa

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden