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Glasfaser-Ausbau: Warum Deutschland beim schnellen Internet hinterher hinkt

Glasfaser-Ausbau

Warum Deutschland beim schnellen Internet hinterher hinkt

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    Glaserfasernetzausbau: Mit einem Anteil von 11,7 Prozent der angeschlossenen Haushalte liegt Deutschland bei der Zukunftstechnologie in Europa weit hinten. Auch unter den Bundesländern gibt es große Unterschiede.
    Glaserfasernetzausbau: Mit einem Anteil von 11,7 Prozent der angeschlossenen Haushalte liegt Deutschland bei der Zukunftstechnologie in Europa weit hinten. Auch unter den Bundesländern gibt es große Unterschiede. Foto: Jens Büttner, dpa

    In vielen ländlichen Gemeinden in Bayern wird derzeit gebaggert. Aufgerissene Gehwege hier und dort. Nicht immer schauen Anwohner der Baustellen mit Freude auf die Gräben, neben denen leere gestapelt Plastikrohre bereitliegen. Dennoch dürften sie sich in Zukunft zu den Glücklichen in Deutschland zählen, wenn ihr Ort an das deutsche Glasfasernetz angeschlossen wird. Denn der Zugang zum zukunftssicheren schnellen Internet ist in Deutschland noch immer eine Rarität. Den Anschluss an die digitale Zukunft nennen Fachleute „Fiber to the Building“, kurz FTTB – Glasfaser bis zum Gebäude. Doch ausgerechnet hier ist die reiche Bundesrepublik im europäischen Vergleich nur ein Entwicklungsland.

    Die offenen Gräben zeigen es: Es geht zu langsam voran

    Trotz vieler Politikerversprechen und immer neuer Förderprogramme kommt der Glasfasernetzausbau im Gegensatz zu vielen anderen Ländern nur in lahmen Tempo voran. Ebenso können insbesondere auf dem Land die Menschen nur lahm im Internet surfen und Unternehmen im Netz Daten austauschen. In den vergangenen Monaten hat die Corona-Pandemie viele Probleme der Digitalisierung offen gelegt. Internet-Unterricht, Online-Gerichtsverhandlungen oder die Arbeit im Homeoffice wurden bereits für viele zur Geduldsprobe. Zukunftstechnologien, vom vernetzten Internet der Dinge, Industrie 4.0 bis hin zur Nutzung „Künstlicher Intelligenz“ erscheinen da noch ferner als Vision.

    FDP-Abgeordnete Kluckert: "Das ist ein erschreckendes Signal"

    Nur 11,8 Prozent der Haushalte und Unternehmen in Deutschland verfügen über einen direkten Anschluss an das Glasfasernetz, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegt. „Von den rund 11000 Gemeinden in Deutschland sind zudem bisher nur 0,7 Prozent vollständig an Glasfaser angeschlossen“, kritisiert die FDP-Abgeordnete Daniela Kluckert, díe die Anfrage gestellt hat. „Das ist ein erschreckendes Signal und zeigt, dass die Bundesregierung weiterhin meilenweit von ihren Zielen entfernt ist“, betont die Digitalexpertin. „Wir brauchen mehr Tempo beim Glasfaserausbau – insbesondere im ländlichen Raum – damit Deutschland nicht weiter digitales Entwicklungsland bleibt.“

    Tatsächlich zeigen Daten der europäischen Denkfabrik IDate Digiworld, dass Deutschland damit nicht nur digitalen Musterstaaten wie Lettland und Litauen hinterherhinkt, wo mit über 94 Prozent fast jeder Haushalt an das Glasfasernetz anschlussfähig ist. Auch gegenüber Frankreich oder Spanien ist die Bundesrepublik im Rückstand, selbst wenn man den deutschen Sonderweg in der Internetversorgung berücksichtigt.

    Hat die deutsche Politik die Glasfasertechnologie vernachlässigt?

    Schon seit Jahrzehnten werfen Kritiker der deutschen Politik vor, dabei zugunsten der Telekom die zukunftsoffene Glasfasertechnologie vernachlässigt zu haben. Denn seit den achtziger Jahren trieb die Bundesregierung über die einstige Bundespost und später Telekom den Ausbau des Kabelfernsehens voran.

    Das TV-Kupferkabelnetz stellt zusammen mit zu DSL-Anschlüssen modernisierten Kupfer-Telefonleitungen noch heute das Rückgrat der deutschen Internetversorgung dar. Derzeit verfügen damit laut Bundesregierung 43 Prozent der Haushalte in Deutschland über „Gigabit-fähige“ Anschlüsse, was inzwischen als internationaler Standard für schnelles Internet gilt. Die allermeisten davon entfallen dabei auf das TV-Kabelnetz.

    Die Bundesregierung hat das Ziel, künftig mindestens 75 Prozent zu erhöhen, und setzt dabei vor allem auf die „DOCSIS 3.1“-Übertragungstechnik, die TV-Kabelnetze auf Gigabit-Tempo beschleunigen soll. Allerdings halten die meisten Experten die Glasfaser-Technologie den Kupferleitungen für deutlich überlegen. „Glasfaser überträgt Daten deutlich schneller als die in Deutschland weitverbreiteten Kupferkabel“, sagt auch die FDP-Politikerin Kluckert. „Selbst wenn Kupferkabel mittels des sogenannten Vecotring nachgerüstet werden, erreichen sie nicht annähernd die Übertragungsgeschwindigkeiten von Glasfaser“, betont sie.

    Aus der Kupfer-Republik soll ein Glasfaser-Land werden

    „Damit die Kupferrepublik Deutschland endlich Glasfaserland wird, brauchen wir schnelle, kostengünstige Verlegetechniken“, fordert die Bundestagsabgeordnete, auch Glasfaserkabel einfacher und in niedriger Tiefe zu verlegen. Zudem müssten noch immer bestehende Hürden bei Fördermittelbeantragung abgebaut werden. „Für digitale Trends und Innovationen, wie Künstliche Intelligenz oder smarte Mobilitätslösungen, ist eine flächendeckende und hochleistungsfähige digitale Infrastruktur eine Grundvoraussetzung“, betont Kluckert.

    Viele deutsche Weltmarktführer in Spezialbereichen, sind außerhalb der großen Ballungsräume zu sogenannten „Hidden Champions“ gewachsen. Für viele ist eine Anbindung an das Glasfasernetz heute tatsächlich ebenso wichtig wie die Verbindung zum Fernstraßennetz. „Der lahmende Glasfaserausbau in Deutschland ist ein echter Standortnachteil“, warnt FDP-Politikerin Kluckert. „Ohne entsprechende Netzabdeckung und Übertragungsgeschwindigkeiten können insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen – das Rückgrat unserer Wirtschaft – im globalen Wettbewerb nur schwer bestehen.“

    Der Ausbau des Glasfasernetzes müsse ein entscheidender Teil einer der Digitalisierungsoffensive sein, „damit unser Mittelstand weiter innovativer Vorreiter sein kann“, betont die FDP-Politikerin. „Gerade die Auswirkungen der Corona-Pandemie, wie das häufigere digitale Arbeiten, zeigen: Wir brauchen belastbare Netze jetzt mehr denn je.“

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