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Gauck-Nachfolge: Nach Joachim Gauck: Wer könnte neuer Bundespräsident werden?

Gauck-Nachfolge

Nach Joachim Gauck: Wer könnte neuer Bundespräsident werden?

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    Laut «Bild»-Zeitung hat sich Gauck nach langem Zögern und Abwägen entschieden, nicht mehr anzutreten.
    Laut «Bild»-Zeitung hat sich Gauck nach langem Zögern und Abwägen entschieden, nicht mehr anzutreten. Foto: Fredrik von Erichsen/Archiv (dpa)

    Wer wird im Frühjahr 2017 neuer Bundespräsident? Weil Amtsinhaber Joachim Gauck laut einem bislang nicht bestätigten Bericht der Bild-Zeitung für eine zweite Amtszeit nicht kandidieren will, haben in Berlin am Wochenende die Spekulationen über seine mögliche Nachfolge eingesetzt. Als aussichtsreichste Kandidaten gelten Bundestagspräsident Norbert Lammert sowie Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU). Auch der Ruf nach einer Frau im höchsten Amt des Staates wurde laut.

    Ob er für eine zweite Amtszeit antritt, ließ Gauck lange offen.
    Ob er für eine zweite Amtszeit antritt, ließ Gauck lange offen. Foto: Friso Gentsch/Archiv (dpa)

    Zwar stellt die Union die meisten Vertreter in der Bundesversammlung, die am 12. Februar das Staatsoberhaupt wählt. Sie verfügt aber nicht über eine eigene Mehrheit. SPD, Grüne und Linke könnten mit Unterstützung der Piraten einen anderen Kandidaten durchsetzen.

    Am heutigen Montag treffe sich der 76-jährige Gauck mit Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem Abendessen in Schloss Bellevue, bei dem er ihr seine Entscheidung mitteilen will, schrieb Bild. Am Dienstag wolle er dann die Öffentlichkeit unterrichten. Wegen eines wichtigen anderen Termins an diesem Tag halten Berliner Beobachter auch eine Verschiebung auf Donnerstag für möglich. Eine Sprecherin des Bundespräsidialamtes wollte dazu keine Stellung nehmen. Auch die Spitzen der Parteien lehnten es ab, sich zu äußern, solange sich der Präsident nicht offiziell erklärt habe.

    Union betont Anspruch auf Nominierung des Kandidaten

    Die Union bekräftigte ihren Anspruch, einen eigenen Kandidaten für das Amt des Staatsoberhauptes zu nominieren. Vor der Bundestagswahl wollen CDU und CSU weder einen Kandidaten der SPD noch einen überparteilichen Bewerber unterstützen. In Parteikreisen werden immer wieder die Namen Lammert, der auch von der CSU unterstützt wird, und Schäuble genannt. Gleichzeitig ertönte aber auch der Ruf nach einer Frau im höchsten Staatsamt. Als potenzielle Kandidatinnen gelten Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Kulturstaatsministerin Monika Grütters (beide CDU) und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.

    Das ist Joachim Gauck

    Bundespräsident Joachim Gauck hat ein bewegtes Leben hinter sich. Seine wichtigsten Stationen.

    Gauck kommt 1940 in Rostock zur Welt. Sein Vater ist Kapitän, seine Mutter gelernte Bürofachfrau. Sein Vater wird von den Russen wegen angeblicher Sabotage in einem Lager in Sibirien verschleppt, als Gauck sechs Jahre alt ist. Er kommt erst viele Jahre später wieder frei.

    Nach dem Abitur studiert Joachim Gauck Theologie in Rostock und arbeitet dann ab 1967 als Pastor in Lüssow. Sein eigentlicher Berufswunsch Journalist zu werden, lässt sich in der DDR nicht erfüllen.

    Ab 1974 wird Joachim Gauck wegen seiner kritischen Predigten von der Stasi beobachtet.

    Als sich in der DDR Ende der achtziger Jahre Widerstandsgruppen formieren, wird Gauck Mitbegründer und Sprecher des „Neuen Forums“. Er leitet unter anderem Gottesdienste und führt Großdemonstrationen an.

    Das Ende des DDR-Regimes und die Wendezeit nennt Gauck die "prägende Zeit meines Lebens".

    1990 leitet er als Abgeordneter der frei gewählten DDR-Volkskammer den Sonderausschuss zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit.

    Am Tag der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 übernimmt Joachim Gauck die nach ihm benannte Stasi-Unterlagen-Behörde. Bis zum Jahr 2000, als er die Leitung an Marianne Birthler abgiebt, avanciert Gauck zum bekanntesten Gesicht der DDR-Demokratiebewegung.

    Nach dem Mauerfall trennt sich der Theologe von seiner Frau und findet eine neue Lebenspartnerin aus dem Westen - eine Journalistin aus Nürnberg. Bis heute sind beide nicht miteinander verheiratet.

    2003 wird Joachim Gauck aus den Reihen der FDP erstmals als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten ins Spiel gebracht.

    2005 wird Joachim Gauck, damals 65 Jahre alt, Ehrendoktor der Universität Augsburg.

    Der Vater von vier Kindern und mehrfache Großvater engagiert sich auch im Verein „Gegen Vergessen für Demokratie“. Als Vorsitzender kümmert er sich zusammen mit vielen Mitstreitern um die Aufarbeitung der Geschichte der Diktaturen in Deutschland.

    Im Sommer 2010 wird er von SPD und Grünen zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten nominiert. Dass er bei der durch Horst Köhlers Rücktritt nötig gewordenen Wahl knapp an Wulff scheitert, ändert nichts an seiner Beliebtheit.

    2011 sorgt Gauck für Schlagzeilen, als er Thilo Sarrazin für sein Buch „Deutschland schafft sich ab“ Mut attestiert. „Er hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik“, sagte Gauck, wobei er sich den den Inhalten des Buches distanzierte.

    Nach dem Rücktritt von Christian Wulff wird Gauck von Union, FDP, Grünen und SPD zum gemeinsamen Kandidaten für die Wahl eines neuen Bundespräsidenten nominiert.

    Am 18. März 2012 wählt ihn die Bundesversammlung mit großer Mehrheit zum Bundespräsidenten, am 23. März wird er vereidigt.

    Lammert wollte zu den Spekulationen um seine Person nicht Stellung nehmen. Diese seien „erstens unnötig und zweitens auch respektlos“. Gauck habe sich „noch gar nicht erklärt“. Er gehöre zu denjenigen, die sich wünschten, „dass er für eine weitere Amtszeit zur Verfügung steht“. Auch Gerda Hasselfeldt, die bereits angekündigt hatte, im kommenden Jahr nicht mehr für den Bundestag zu kandidieren, lehnte eine Stellungnahme ab. „Ich halte nichts von derartigen Spekulationen und beteilige mich auch nicht daran“, sagte sie.

    In der SPD gilt Außenminister Frank-Walter Steinmeier als aussichtsreichster Kandidat, zudem wird der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, ins Gespräch gebracht. Steinmeier genieße als Außenminister „hohe Akzeptanz und ist in der Lage, die notwendige Überparteilichkeit herzustellen“, sagte der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Johannes Kahrs. Seine Wahl zum Präsidenten wäre ein „Sieg fürs Land“. Doch ohne Unterstützung der Union dürfte er kaum eine Chance haben. Die Vorsitzenden der Linkspartei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, forderten SPD und Grüne auf, einen gemeinsamen Kandidaten ins Rennen zu schicken. Gefunden werden solle „eine Person, die soziale Gerechtigkeit, Weltoffenheit und Frieden glaubhaft verkörpert“.

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