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Interview: Friedrich Merz: „Wollt Ihr in der Politik nur noch Leute wie Kevin Kühnert?“

Interview

Friedrich Merz: „Wollt Ihr in der Politik nur noch Leute wie Kevin Kühnert?“

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    «Ich gehe davon aus, dass die wirtschaftspolitischen Fragen im Laufe der nächsten Wochen und Monate an Bedeutung gewinnen, vielleicht sogar das beherrschende Thema des Bundestagswahlkampfes 2021 werden», sagt Friedrich Merz.
    «Ich gehe davon aus, dass die wirtschaftspolitischen Fragen im Laufe der nächsten Wochen und Monate an Bedeutung gewinnen, vielleicht sogar das beherrschende Thema des Bundestagswahlkampfes 2021 werden», sagt Friedrich Merz. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

    Friedrich Merz möchte erst CDU-Chef werden und dann Bundeskanzler. Dass er für einen amerikanischen Vermögensverwalter gearbeitet und es mit den Jahren zu einigem Wohlstand gebracht hat, empfindet er dabei nicht als Problem.

    Herr Merz. Sie reden neuerdings wie selbstverständlich von Schwarz-Grün. Ist eine Koalition mit der FDP keine Option mehr für die Union?

    Friedrich Merz: Selbstverständlich gibt es meistens mehrere Optionen. Aber bis zur Wahl im Herbst 2021 kämpft jede Partei für sich allein.

    In einigen Umfragen kommen Sie mit der FDP zusammen auf mehr als 45 Prozent. So viel fehlt da doch nicht…

    Merz: Ja, weil die Union gerade bei 40 Prozent liegt, aber das ist eine Momentaufnahme und hat vor allem mit Corona zu tun. Es wird für uns sehr schwierig werden, dieses Niveau über längere Zeit zu halten. Ich schätze unser Potenzial in normalen Zeiten auf 35 Prozent plus x.

    CSU-Chef Markus Söder hält es für einen schweren Fehler, jetzt eine Debatte über Schwarz-Grün loszutreten. Muss die CDU nicht erst ihre eigenen Probleme lösen?

    Merz: Ich wurde zu möglichen Optionen nach der nächsten Bundestagswahl befragt und habe gesagt, dass Schwarz-Grün für mich kein Teufelszeug ist. Ansonsten bin ich ganz bei Markus Söder: Bis zum Wahlabend, 18.00 Uhr, sind die Grünen einer unserer Gegner, wahrscheinlich sogar der Hauptgegner.

    Ist Schwarz-Grün nicht ein Selbstläufer, wenn sogar ein führender Konservativer wie Sie damit flirtet?

    Merz: Zunächst geht es darum, dass die Union 2021 ein möglichst gutes eigenes Wahlergebnis bekommt. Ein Selbstläufer ist danach vermutlich gar nichts. Die Regierungsbildung 2021 dürfte ähnlich schwierig werden wie 2013 und 2017.

    Am 4. Dezember wählt die CDU einen neuen Vorsitzenden. Muss Markus Söder eigentlich vorher entscheiden, ob auch er Kanzlerkandidat werden will?

    Merz: Er hat mehrfach gesagt, dass sein Platz in Bayern ist, wo er ja gerade in der Corona-Krise auch einen klasse Job macht.

    Inzwischen sagt er das nicht mehr so deutlich.

    Merz: Ich gehe davon aus, dass wir zuerst den neuen Parteivorsitzenden der CDU wählen und dass die Vorsitzenden von CDU und CSU sich dann zusammensetzen und einen gemeinsamen Vorschlag machen.

    Können Sie sich vorstellen, als neuer CDU-Chef Söder den Vortritt bei der Kanzlerkandidatur zu lassen?

    Merz: Mit solchen „Was-wäre-wenn“-Fragen beschäftige ich mich grundsätzlich nicht.

    Trotz glänzender Umfragewerte das Feld einem CSU-Mann zu ebnen: Wäre das nicht die Selbstaufgabe der CDU?

    Merz: Historisch betrachtet war es bisher so, dass die CSU den gemeinsamen Kanzlerkandidaten dann gestellt hat, wenn die CDU mit ihrer eigenen Führung unzufrieden war. Das war 1980 so, das war 2002 so, und ich bin mir ziemlich sicher, dass das 2021 nicht so sein wird.

    Was ist denn die wichtigste Aufgabe des künftigen Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten? Das Land in einer Zeit der zunehmenden Polarisierung zusammenzuhalten – oder es wieder aufzubauen?

    Merz: Es gibt zwei Etappen auf diesem Weg. Zunächst einmal muss die CDU geschlossen auftreten, deshalb ist für mich nicht der 4. Dezember der wichtigste Tag, sondern der 5. Dezember, der Tag nach der Wahl des neuen Vorsitzenden. Von diesem Tag an muss die CDU ein geschlossenes Bild abgeben, egal, wer gewählt worden ist. Die zweite Etappe ist dann die Gestaltung des Übergangs nach einer so langen Kanzlerschaft wie der von Angela Merkel. In einem Unternehmen können Sie so etwas organisch planen, in der Politik geht das nicht. Das heißt: Wir müssen uns im Zeitraffer neu aufstellen und unseren Führungsanspruch für unser Land neu formulieren.

    Wo setzen Sie bei dieser Runderneuerung der CDU die inhaltlichen Schwerpunkte? Programmatisch wirkt die Partei am Ende der Merkel-Jahre ja wie ausgezehrt.

    Merz: Wir brauchen ein klares Profil und eine klare Vorstellung davon, was wir in diesem Land in den nächsten zehn Jahren erreichen wollen. Konkret: Wie erneuern wir nach dieser historischen Krise die soziale Marktwirtschaft? Und wie schaffen wir es, Europa zu erneuern und voranzubringen, sodass wir auf Augenhöhe mit den USA und China kommen.

    Wie sehr verändert Corona denn die globale Ordnung? Ist der ursprüngliche Krisenherd China am Ende womöglich der große Krisenprofiteur?

    Merz: Das könnte sein. Auf der anderen Seite hat die chinesische Führung ganz offensichtlich sehr viel Angst um ihren eigenen Machterhalt, sonst würde sie sich in Hong Kong an die Verträge halten und nicht ein sog. „Sicherheitsgesetz“ gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzen. Das chinesische Regierungssystem könnte nach innen weit weniger stabil sein als es von außen aussehen soll. Weder Wladimir Putin noch Xi Jinping können loslassen, der eine biegt sich dazu seine Verfassung zurecht und der andere ändert die Statuten der kommunistischen Partei und lässt sich zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit wählen.

    Sie verlangen, dass Europa auf solche Herausforderungen gemeinsame Antworten findet. Aber wie soll es das ohne gemeinsame Außenpolitik?

    Merz: Wir sind uns heute noch nicht einmal in der Analyse der Lage einig. Umso wichtiger wäre es, dass sich Deutschland und Frankreich wieder enger abstimmen. Ich weiß, wie schwierig das ist, aber ohne diese beiden Länder gibt es in einer europäischen Außen- und Sicherheitspolitik keinen Fortschritt.

    Müssen wir uns umgekehrt stärker vor chinesischen Investitionen bei uns schützen? Chinesische Konzerne investieren strategisch sehr gezielt bei uns, etwa beim Augsburger Roboterbauer Kuka.

    Merz: Wenn ein Land nicht bereit ist, seine eigenen Märkte vollständig zu öffnen, sollten wir natürlich auch bei den chinesischen Investitionen, die ja in der Regel von Staatsbetrieben ausgehen, genauer hinsehen, wenn diese sich bei uns engagieren wollen. Wir müssen uns stärker fragen, wo unsere Interessen eigentlich liegen. Das kann dann so weit gehen, dass wir für solche Investments einen staatlichen Genehmigungsvorbehalt einführen und dann eben auch mal Nein sagen. So, wie das im Außenwirtschaftsrecht heute angelegt ist.

    Gilt dieses Pochen auf die eigenen Interessen auch für den Umgang mit den USA? Müssen wir uns stärker von Amerika emanzipieren?

    Merz: Angela Merkel hat es ja schon vor langer Zeit gesagt: Wir werden unser Schicksal ein Stück weit selbst in die Hand nehmen müssen. Die Kritik der amerikanischen Regierung an Europa und unserem geringen Engagement in sicherheitspolitischen Angelegenheiten gibt es nicht erst seit Donald Trump. Vorbehalte werden heute von der amerikanischen Regierung sehr unhöflich formuliert, aber sie dürften uns noch weit über die Amtszeit von Trump hinaus begleiten.

    Ist Deutschland in sicherheitspolitischen Fragen zu zurückhaltend?

    Merz: Zwei Beobachtungen dazu: Es gibt, erstens, unter jungen Leuten in Deutschland ein wachsendes Interesse an außen- und sicherheitspolitischen Themen. Und es gibt, zweitens, zu Recht stark wachsende Sorgen um unsere Cyber-Sicherheit. Wir reden heute ja nicht mehr über große Panzerschlachten, sondern über Hackerangriffe auf unsere Datennetze – und die sind gefährlicher als das, was wir uns klassischerweise unter „Krieg“ vorstellen. Schon deshalb muss die Cyber-Sicherheit ein integraler Teil unserer eigenen Sicherheitspolitik werden. Es wird eine Zeit nach Trump geben, aber die wird nicht so sein wie die Zeit davor. Eine neue Arbeitsteilung mit Europa könnte im Interesse beider sein, der Europäer und der Amerikaner. Aber dazu muss man, trotz Trump, im Gespräch bleiben.

    Wie beurteilen Sie als Amerika-Kenner die Situation in Trumps Partei? Gehen die Republikaner tatsächlich auf Distanz?

    Merz: Die Zweifel an Trump nehmen auch im Establishment der republikanischen Partei zu. Und es wird im November ja nicht nur der Präsident gewählt, sondern auch das komplette Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats. Große Teile der Partei sind also selbst im Wahlkampf und spüren inzwischen auch, wie ihr Präsident das Land spaltet.

    Zurück zur Innenpolitik. Als Kandidat ohne Amt und Apparat haben Sie es schwerer als ihre Mitbewerber Armin Laschet und Norbert Röttgen, die als Ministerpräsident und Abgeordneter schon kraft ihrer Ämter eine Bühne haben. Sie dagegen können im Moment nicht einmal von Kreisverband zu Kreisverband tingeln. Wie machen Sie diesen Wettbewerbsnachteil wett?

    Merz: Das hängt von der weiteren Entwicklung in der Corona-Krise ab, also ob es wieder „normale“ Veranstaltungen geben kann oder nicht. Ich mache zurzeit relativ viel mit Videokonferenzen, eine davon sogar schon mit mehr als 2000 Teilnehmern. Aber das kann persönliche Begegnungen natürlich nicht vollständig ersetzen. Ich bin also nicht völlig von der Partei und den Menschen im Land abgeschnitten, aber ich freue mich doch schon sehr auf ein Stück mehr Normalität.

    Ihre Arbeit für den Vermögensverwalter Blackrock hat Ihnen viel Kritik eingebracht. Wie sehr belastet das Ihren Wahlkampf um den CDU-Vorsitz und später womöglich den ums Kanzleramt?

    Merz: Überhaupt nicht. Ich habe in diesem großartigen Unternehmen gut vier Jahre sehr gern gearbeitet, und ich werde mich dafür nicht entschuldigen. Ich habe das Amt niedergelegt, weil ich mich nochmals mit ganzer Kraft in der Politik engagieren möchte. Und dabei will ich natürlich auch nur den Anschein eines möglichen Interessenskonfliktes vermeiden.

    Trotzdem kann es im Wahlkampf schnell persönlich werden. Gerhard Schröder hat den Schattenminister Paul Kirchhof 2002 als „Professor aus Heidelberg“ verhöhnt. Fürchten Sie nicht einen ähnlichen Effekt, dass Sie plötzlich der Neureiche mit dem Privatflugzeug sind?

    Merz: Nein, das sehe ich nicht. Außerdem hinkt der Vergleich mit Herrn Kirchhof. Er hat damals oft das Gegenteil von dem gesagt hat, was wir in der Union damals für richtig gehalten haben. Natürlich werde ich polemisch angegriffen werden, aber dann werde ich antworten: Wollt ihr in der Politik nur noch Leute wie Kevin Kühnert, die ohne Ausbildung und Examen ihr ganzes Leben aus öffentlichen Kassen gelebt haben? Ich fange damit nicht an – aber wer anfängt, bekommt von mir auch eine entsprechende Antwort.

    Wo haben Sie denn selbst überzogen? Indem Sie mit dem Privatflugzeug zu ihren Terminen gekommen sind? Oder indem Sie ihren Wohlstand, vorsichtig gesagt, etwas relativiert haben?

    Merz: Für mein Berufs- und Privatleben muss ich mich nicht erklären oder gar rechtfertigen. Ich war von politischen Ämtern materiell nie abhängig. Ich war erfolgreich im Beruf, habe die letzten zehn Jahre lang mein Geld außerhalb der Politik verdient und in diesem Land auch immer ordentlich Steuern bezahlt. Das ist in Ordnung so, aber ich werde mich dafür auch nicht entschuldigen. Jetzt möchte ich in die Politik zurückkehren. Es klingt vielleicht etwas pathetisch, aber ich habe das Gefühl, dass ich diesem Land auch noch etwas zurückgeben kann für die Chancen, die es mir geboten hat.

    Ist Ihre Erfahrung aus der Wirtschaft für die Politik in diesen aufgewühlten, polarisierenden Zeiten eher ein Vorteil oder ein Nachteil?

    Merz: Es kann für die Übernahme einer politischen Führungsposition durchaus von Vorteil sein, wenn man sein Leben nicht nur in der Politik verbracht hat, sondern noch weiß, wie der normale Mensch auf der Straße tickt und worauf es in einem Unternehmen ankommt.

    Wird die Polarisierung noch zunehmen?

    Merz: Da bin ich mir nicht sicher. Ich stelle fest, dass gerade junge Menschen wieder kontrovers diskutieren wollen. Sie fordern dabei Respekt für sich und ihre Positionen ein, sind aber umgekehrt auch bereit, mit anderen respektvoll umzugehen. Diese Generation ist nach meinem Eindruck nicht auf persönlichen Krawall aus, auch wenn eine radikale und besonders laute Minderheit diesen Eindruck vielleicht erweckt.

    Acht von zehn Menschen erwarten, dass die Corona-Krise Deutschland weiter entzweit als die Flüchtlingskrise. Was setzen Sie dem entgegen?

    Merz: Die Menschen sind empfindlicher geworden, auch bei polemischen politischen Auseinandersetzungen. Deshalb ist es wichtig, sich respektvoll zu äußern und niemanden persönlich herabzuwürdigen. Wir werden in den nächsten Jahren mit der Krise leben müssen, die jetzt vor allem eine ökonomische Krise wird. Dieses Land ist schon vor Corona nicht gut genug gewesen, wir haben in verschiedenen Bereichen den Anschluss verloren. Durch die Pandemie werden unsere Probleme nun wie unter einem Brennglas noch offensichtlicher. Wir müssen unsere Verwaltungen modernisieren, unsere Schulen digitalisieren und wir brauchen jetzt eine Phase, in der sich Deutschland ein Stück weit neu erfindet. Dazu möchte ich meinen Teil beitragen.

    Wie teuer soll das alles noch werden? Es gibt bereits Überlegungen, die Kurzarbeit zu verlängern und den Rabatt bei der Mehrwertsteuer womöglich auch.

    Merz: Ehe wir von der Verlängerung einzelner Maßnahmen reden, sollten wir erst einmal sehen, welche Wirkung sie denn tatsächlich haben. In erster Linie müssen wir unser Geld für Innovation ausgeben, für Bildung, Ausbildung und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Wir laden der jungen Generation eine so hohe Staatsverschuldung auf, das lässt sich nur rechtfertigen, wenn diese Generation auch der größte Nutznießer sein wird.

    Wie sehr verändert die Krise Ihren ganz persönlichen Blick auf die Wirtschaft? Sie sind ein Vertreter der ordoliberalen Schule und müssen nun mit ansehen, wie der Staat bei der Lufthansa einsteigt und Tausende weiterer Unternehmen alimentiert.

    Merz: Der Staat kann auch in einer solchen Situation nicht auf längere Zeit Mit- oder gar Haupteigentümer von Unternehmen sein. Deshalb brauchen wir eine Exit-Strategie für die Staatsbeteiligungen. Der Staat, in diesem Fall die Bundesregierung, darf keinen Spaß daran bekommen, sich als Unternehmer zu betätigen. Staatsbeteiligungen an Unternehmen sind grundsätzlich nur auf Zeit und nur unter besonderen Umständen zu rechtfertigen.

    Aber von der schwarzen Null haben auch Sie sich schon verabschiedet…

    Merz: Den Satz des Bundesfinanzministers „Wir können uns alles leisten“ mache ich mir ausdrücklich nicht zu Eigen. So richtig es ist, jetzt viel Geld in die Hand zu nehmen, so wichtig ist es, nach der Krise möglichst rasch wieder zu geordneten Staatsfinanzen zurückzukehren. Deshalb werde ich in den nächsten Wochen auch die Generationengerechtigkeit zu meinem Thema machen. Wir brauchen einen neuen Generationenvertrag und müssen baldmöglichst zu finanzpolitischer Solidität zurückkehren.

    Sie sind der älteste Bewerber im Feld – und machen sich zum Anwalt der Jugend?

    Merz: Das muss kein Widerspruch sein, im Gegenteil.

    Gehört zu Ihrem Generationenvertrag auch die Altersvorsorge? Sie haben immer wieder empfohlen, Geld in Aktien anzulegen. Viele Leute werden nun sagen: Wäre ich dem Merz damals gefolgt, wäre ich Anfang des Jahres mit meinen Aktien ziemlich auf die Nase gefallen.

    Merz: Zur Wahrheit gehört aber auch: Sie stünden jetzt schon wieder besser da als weite Teile der Wirtschaft! Es gilt der alte Grundsatz: Es ist selten zu früh und nie zu spät. Für kurzfristige Spekulationen eignet sich das Sparen in Aktien natürlich nicht, der Mindesthorizont für eine solche Anlage sind zehn Jahre – diese Geduld muss jeder mitbringen. Aus meiner Sicht sind beim Thema Altersvorsorge vor allem zwei Dinge wichtig: Jede Form der betrieblichen Vorsorge muss so geregelt sein, dass man sie bei einem Arbeitsplatzwechsel auch mitnehmen kann – und sie muss breit diversifiziert sein. Mir hat jemand in diesen Tagen geschrieben, er habe 70 Prozent seines Vermögens in Aktien von Wirecard gesteckt und furchtbar viel Geld verloren. Da frage ich mich schon: Wer hat ihm das denn geraten? Hier frisst die Gier den Verstand auf. Es gibt auch am Aktienmarkt ein paar Regeln, um das Risiko zu minimieren. Eine davon lautet: Breit gestreut, nie bereut.

    Die Riester-Rente haben Sie jetzt außen vor gelassen. Hier treffen hohe Kosten auf niedrige Renditen – ein brisanter Cocktail für Alterssparer.

    Merz: Riester hat den großen Nachteil, dass die Anbieter den Erhalt des eingezahlten Kapitals garantieren müssen. Diese Garantie kostet bis zu drei Prozent Rendite im Jahr – und das stellt dann leider das ganze Modell in Frage.

    Zum Schluss noch ein anderes Thema. Die junge Generation, deren Fürsprecher Sie sein wollen, stürzt überall in der Welt Denkmäler von ihren Sockeln und fordert auch in Deutschland einen neuen Umgang mit dem Thema Rassismus in unserer Geschichte. Zu Recht?

    Merz: Ich finde, dass diese Diskussion zu intolerant und häufig genug auch sehr geschichtsvergessen geführt wird. Bismarck und die preußischen Könige will heute keiner mehr wiederhaben, aber sie sind Teil unserer Geschichte. Wer sie nur durch die heutige Brille beurteilt, kann sie natürlich hart kritisieren. Aber man muss intelligenten jungen Menschen doch zutrauen und auch zumuten können, Personen der Zeitgeschichte in ihrem jeweiligen historischen Kontext zu beurteilen.

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