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Flüchtlingskrise: Vier Szenarien, wie es mit Angela Merkel weitergeht

Flüchtlingskrise

Vier Szenarien, wie es mit Angela Merkel weitergeht

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    Durch ihren Umgang mit der Flüchtlingskrise ist Angela Merkels Beliebtheit gesunken.
    Durch ihren Umgang mit der Flüchtlingskrise ist Angela Merkels Beliebtheit gesunken. Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)

    Alles ist endlich – auch eine Kanzlerschaft. Im Moment sitzt Angela Merkel zwar noch fest im Sattel, zum ersten Mal in ihren zehn Jahren als Regierungschefin allerdings hat sich der Wind gedreht. Plötzlich ist sie nicht mehr die Frau, die das Land souverän durch alle großen und kleinen Krisen steuert, sondern die Frau, die aus Sicht vieler Deutscher alles nur noch schlimmer macht. Ihre Popularitätswerte fallen mit jedem Tag, an dem neue Flüchtlinge kommen – und die Umfragewerte der Union gleich mit. Sind das, womöglich, schon Indizien einer Kanzlerdämmerung? Vier Szenarien für die nächsten Monate:

    Szenario eins: Sie sitzt es aus

    Angela Merkel ist oft unterschätzt worden – und ihr Verhältnis zur Macht auch. Sie hat sehr genau darauf geachtet, dass ihr ambitionierte Rivalen wie Friedrich Merz, Christian Wulff oder Roland Koch nicht gefährlich wurden und niemand von den Jüngeren in der Union so stark wird, dass er (oder sie) es mit ihr aufnehmen kann. Es ist, ein wenig, wie einst bei Helmut Kohl: Solange ihre Kritiker zu schwach sind, um die K-Frage zu stellen, hat sie nichts zu befürchten. Deshalb macht sie einfach weiter wie bisher, auch auf die Gefahr hin, bei der nächsten Bundestagswahl im Herbst 2017 die Quittung für ihre liberale Asylpolitik zu bekommen – in Form eines schlechten CDU-Ergebnisses. Gleichzeitig könnte die SPD zulegen, die das Thema Flüchtlinge etwas defensiver argumentiert als sie.

    Szenario zwei: Der Wahl-Schock

    Als die SPD im Mai 2005 ihr Stammland Nordrhein-Westfalen an die CDU verlor, war das der Anfang vom Ende von Gerhard Schröders Kanzlerschaft. Weil er gegen die Union im Bundesrat nicht mehr regieren konnte, entschied er sich für vorgezogene Neuwahlen – und war sein Amt los. So oder so ähnlich könnte es Angela Merkel im März nächsten Jahres auch ergehen, wenn in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt neue Landtage gewählt werden. Sollte die CDU hier kräftig verlieren, wäre das auch ein Denkzettel für die Kanzlerin. Der Druck aus der Partei würde zunehmen, weil viele Abgeordnete dann bei der nächsten Bundestagswahl um ihre Mandate fürchten müssten. Um noch größeren Schaden von der CDU abzuwenden, räumt Angela Merkel in diesem Szenario ihren Platz für einen Übergangskanzler Wolfgang Schäuble oder für Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Eine vorgezogene Bundestagswahl ist dazu nicht erforderlich.

    Szenario drei: Der Putsch

    Sehr unwahrscheinlich. Einen wie CSU-Chef Horst Seehofer, der keinen Konflikt scheut und im Falle eines Falles auch die Machtfrage stellen würde, hat die CDU nicht. An der Basis der Partei rumort es zwar gewaltig, richtig Stimmung gegen die Kanzlerin aber machen bisher nur Christdemokraten aus der dritten und vierten Reihe. Für einen Putsch in der Partei haben sie weder den nötigen Rückhalt noch das politische Instrumentarium. Um eine Kanzlerin zu stürzen, müsste ihr schon jemand aus der Spitze der Bundespartei, einer ihrer Minister oder der Fraktionsvorsitzende Volker Kauder das Misstrauen aussprechen. Der einzige, der dafür aus heutiger Sicht in Frage kommt, ist Finanzminister Wolfgang Schäuble. Der 73-Jährige ist so etwas wie die graue Eminenz in der Union, der mit Abstand erfahrenste Abgeordnete, eine Autorität – und er hat mit Angela Merkel noch ein paar Rechnungen offen. Bisher allerdings deutet nichts darauf hin, dass sie an seiner Loyalität zweifeln müsste.

    Szenario vier: Sie rudert zurück

    Auch dafür gibt es ein Beispiel aus der Zeit ihres Vorgängers. Nach der chaotischen Anfangsphase der rot-grünen Koalition gelobten Schröder und der damalige SPD-Chef Oskar Lafontaine öffentlich Besserung: „Wir haben verstanden.“ Im Falle von Angela Merkel hieße das, dass sie irgendwann zugeben müsste, dass die Probleme nicht mit ihrer Politik der offenen Grenzen zu lösen sind, und auf Seehofers Linie einschwenken: strengere Kontrollen, zügige Abschiebungen und nicht noch einmal mehr als eine Million Flüchtlinge im Jahr. Im Streit um die Kernenergie hat sie schon einmal eine solche Volte hingelegt, als sie erst die Laufzeiten der Reaktoren verlängern wollte, um sie dann unter dem Eindruck der Katastrophe von Fukushima zu verkürzen. Für einen solchen Kurswechsel in der Flüchtlingsfrage aber ist der persönliche Leidensdruck der Kanzlerin offenbar noch nicht groß genug.

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