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Flüchtlinge: Kontingent-Lösung oder Obergrenze? Das ist der Unterschied

Flüchtlinge

Kontingent-Lösung oder Obergrenze? Das ist der Unterschied

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    Am vergangenen Wochenende überquerten wieder hunderte Flüchtlinge die Grenze von Griechenland zu Mazedonien. Die meisten wollen nach Deutschland.
    Am vergangenen Wochenende überquerten wieder hunderte Flüchtlinge die Grenze von Griechenland zu Mazedonien. Die meisten wollen nach Deutschland. Foto: Sakis Mitrolidis, afp

    Sind Kontingente die Lösung im Streit um eine Begrenzung des Flüchtlingszustroms zwischen CDU und CSU? Sowohl in der Union als auch in der SPD mehren sich die Stimmen, die sich für die Festlegung eines europäischen Kontingents aussprechen, um auf diese Weise den Ansturm kontrollieren, steuern und reduzieren zu können. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

    Was unterscheidet das Kontingent von einer Obergrenze, wie sie die CSU fordert?

    Der entscheidende Unterschied ist aus Sicht der Bundesregierung, dass nicht die Bundesrepublik einseitig für sich eine Obergrenze definiert, sondern dass es eine gesamteuropäische Festlegung auf ein festes Kontingent an Bürgerkriegsflüchtlingen gibt, das in der EU aufgenommen wird. „Wir möchten gerne die Zuwanderung europäisch regeln und nicht deutsch“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Montag in Berlin.

    Wer legt die Größe des Kontingents fest?

    Das muss auf europäischer Ebene durch die Staats- und Regierungschefs der EU geschehen. Allerdings sind sich die EU-Mitgliedstaaten bei diesem Thema alles andere als einig. So lehnen die osteuropäischen Länder vom Baltikum über Polen und Ungarn bis Tschechien geschlossen die Aufnahme von Flüchtlingen ab. Zudem müsste in einem zweiten Schritt auch eine Quote festgelegt werden, die die Verteilung der Kontingentflüchtlinge innerhalb der EU regelt. Auch dies wird sehr schwierig werden. Es dürfe keine europäische Lösung geben, die so aussehe, dass Deutschland alle nehme, sagte Streiter im Namen der Bundesregierung. Auch gebe es derzeit weder eine Vorstellung über die Größenordnung des Kontingents noch einen Zeitplan. Die Verhandlungen über ein Kontingent seien ein „Gebot der nächsten Tage, Wochen und Monate“.

    Hat der Bundestag ein Mitspracherecht bei der Festlegung des Kontingents?

    Das ist eine offene Frage. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte bereits, dass der Bundestag jedes Jahr in Abstimmung mit der EU und dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR die Größe des Kontingents festlegt. Wenn allerdings alle nationalen Parlamente ein Mitspracherecht fordern, dürfte eine gesamteuropäische Einigung noch schwieriger als ohnehin werden.

    Was wäre der Vorteil einer Kontingentlösung?

    Die Flüchtlinge, die von der EU aufgenommen werden, könnten auf direktem Wege, gesteuert und legal, zum Beispiel von der Türkei oder Libyen, in die EU geflogen werden. Sie müssten nicht die Dienste von Schleppern oder Kriminellen in Anspruch nehmen, zudem würden die lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer oder der beschwerliche Landweg auf der Balkanroute entfallen. Die Feststellung der Identität und die Registrierung fände bereits im Herkunftsland statt, die EU kann auch festlegen, nur Familien aufzunehmen. Im Gegenzug allerdings müssten die Länder an der Peripherie der EU die Außengrenzen wieder konsequent sichern und niemanden auf illegalem Wege in die EU hereinlassen. Für Flüchtlinge außerhalb des Kontingents soll wieder das Dublin-Verfahren gelten: Sie werden in dem Land registriert und aufgenommen, in dem sie erstmals Boden der EU betreten. Und sie werden abgeschoben, wenn sie aus einem sicheren Herkunftsland kommen.

    Welche Rolle spielt die Türkei in diesem Konzept?

    Der Türkei kommt eine zentrale Stellung zu. Bundeskanzlerin Angela Merkel will in Verhandlungen mit der türkischen Regierung erreichen, dass sie ihre Grenze sichert und die Flüchtlinge aus Syrien nicht weiterziehen lässt, zudem soll sie sich bereit erklären, abgeschobene Flüchtlinge aus der EU aufzunehmen. Im Gegenzug will die EU die Türkei als sicheres Herkunftsland anerkennen und ihr Finanzhilfen in Höhe von drei Milliarden Euro zur Versorgung der Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Die EU will möglichst rasch entsprechende Verhandlungen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan führen.

    Würde durch eine Kontingentlösung das Grundrecht auf Asyl nach Artikel 16 des Grundgesetzes angetastet?

    Nein. Der individuelle Anspruch von politisch Verfolgten auf politisches Asyl in Deutschland bleibt in vollem Umfang erhalten.

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