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Euro und Griechenland fordern Koalition: Merkels Machtwort, die FDP und das Echo aus Bayern

Euro und Griechenland fordern Koalition

Merkels Machtwort, die FDP und das Echo aus Bayern

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    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Außenminister Guido Westerwelle (beide FDP, l). dpa
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler und Außenminister Guido Westerwelle (beide FDP, l). dpa

    Der immer heftiger geführte Streit um die  Bewältigung der Euro-Schuldenkrise stellt die schwarz-gelbe Koalition auf  ihre bislang härteste Probe. Über 50 Prozent  der Deutschen hatten sich in einer Umfrage am Wochenende für eine griechische Insolvenz ausgesprochen, worüber Vizekanzler Philipp Rösler (FDP) bereits öffentlich spekuliert hatte. Doch die CDU und  auch die Kanzlerin fanden den Vorstoß des um Profilierung bemühten FDP-Chefs gar nicht lustig: Angesichts der Unruhe auf den  Finanzmärkten solle "jeder auch seine Worte sehr vorsichtig wägen",  sagte Merkel, unterstützt von ihrem Finanzminister Wolfgang  Schäuble (CDU).

    Das ist Angela Merkel

    Angela Dorothea Merkel kam am 17. Juli 1954 als erste Tochter von Horst und Herlind Kasner in Hamburg zur Welt. Die Mutter arbeitete als Lehrerin, der Vater ist evangelischer Theologe.

    Kurz nach ihrer Geburt zog die Familie in die DDR.

    Ab 1961 besuchte Angela Merkel die Polytechnischen Oberschule in Templin. 1973 machte sie an der Erweiterten Oberschule in Templin ihr Abitur mit 1,0.

    Anschließend studierte sie Physik an der ehemaligen Karl-Marx-Universität in Leipzig. Bei einem Studentenaustausch mit Moskau und Leningrad lernte sie den Physiker Ulrich Merkel kennen, den sie 1977 heiratete. Die Ehe hielt vier Jahre.

    An der Akademie der Wissenschaften in Berlin, wo sie am Zentralinstitut für physikalische Chemie arbeitete, lernte Merkel ihren aktuellen Lebensgefährten Joachim Sauer kennen. Das Paar heiratete 1998.

    Der Titel ihrer Doktorarbeit lautet: "Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden". Angela Merkel hat die Arbeit 1986 eingereicht.

    Merkel war kein SED-Mitglied, aber auch nicht im zivilen oder kirchlichen Widerstand gegen das Regime aktiv. Erst in der Umbruchphase am Ende der 80er Jahre hat sie sich politisch engagiert. Sie arbeitete erst ehrenamtlich, später hauptberuflich für die Partei "Demokratischer Aufbruch".

    Nach dem Wahldebakel ihrer Partei 1990 schloss sich Angela Merkel der CDU an. Am 3. desselben Jahres wurde sie Ministerialrätin im Bundespresse- und Informationsamt.

    Kohls nominierte sie im November 1990 überraschend als Bundesministerin für Frauen und Jugend. Den schnellen Quereinstieg verdankt sie vor allem ihrem Gönner Helmut Kohl. Angela Merkel wird deshalb auch "Kohls Mädchen" genannt.

    Im Oktober 1994 übernahm sie im Kabinett Kohl das Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit.

    Anlässlich der CDU-Spendenaffäre 1999, in die Helmut Kohl verstrickt war, kritisierte sie ihren Wegbereiter öffentlich und distanzierte sich von ihm.

    Als Schäuble im Februar 2000 als Partei- und Fraktionsvorsitzender zurücktrat, übernahm Angela Merkel den Vorsitz. Auf dem CDU-Bundesparteitag in Essen wurde sie mit überwältigender Mehrheit zur neuen DCU-Chefin gewählt.

    Seit 22. November 2005 ist Angela Merkel Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist die erste Frau an der Spitze Deutschlands, das erste Staatsoberhaupt aus den neuen Bundesländern und war 51 Jahren die jüngste Amtsinhaberin.

    Zentrale Bestandteile ihrer Regierungsarbeit waren zunächst Klima- und Energiepolitik sowie die Vertiefung transatlantischer Beziehungen. Später standen die Finanzkrise und ihre weitreichenden Folgen an der Spitze der Agenda.

    Merkel galt als Befürworterin der Stromerzeugung durch Kernenergie. Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima 2011 änderte sie offiziell ihre positive Meinung zur Atomkraft.

    Bundeskanzlerin Angela Merkel ist für «Forbes» der zweitmächtigste Mensch der Welt. Das US-Magazin platzierte die CDU-Politikerin 2012 direkt hinter US-Präsident Barack Obama.

    2013 holte Angela Merkel für die CDU den Sieg bei der Bundestagswahl.

    Merkels Machtwort an die Adresse ihres Wirtschaftsministers Rösler verpuffte jedoch in der FDP: Die Menschen in Deutschland, die  Finanzmärkte und die Griechen bräuchten langfristig Klarheit und  keine "Schweigegelübde", wies Generalsekretär Christian Lindner die  Kritik von höchster Stelle zurück. Es dürfe in der schwierigen  Euro-Debatte keine Tabus geben, sagte auch Fraktionschef Rainer  Brüderle. Weiteres Ungemach droht der Kanzlerin auch durch einen  Mitgliederentscheid in der FDP, mit dem Euro-Kritiker wie der  Abgeordnete Frank Schäffler die Fraktion dazu verpflichten wollen,  im Dezember dem von Merkel verfochtenen Euro-Stabilitätsmechanismus  ESM ihre Zustimmung zu versagen, in den Deutschland künftig  jährlich zweistellige Milliardenbeträge einzahlen soll.

    Spekulationen über die Zukunft der Koalition

    Rösler in Zitaten

    «Mit 45 wird Schluss sein mit der Politik, das steht für mich fest. Denn Politik verändert die Menschen. Deshalb hat alles seine Zeit.» (Dezember 2009 in einem «Tagesspiegel»-Interview)

    «Solidarität gehört zum Liberalismus wie Toleranz.» (Dezember 2009 in einem «Tagesspiegel»-Interview)

    «Spätestens jetzt müssen wir erkennen, dass bei aller Richtigkeit unserer liberalen Programmatik etwas fehlt: eine Vision. Ein gesellschaftliches Bild, das glaubwürdig ist, den Menschen wieder Mut macht und ihnen den Optimismus zurückgibt, der in den letzten zehn Jahren verloren gegangen ist.» (In seinem Thesenpapier «Was uns fehlt» aus dem Jahr 2008)

    «Auch dieses Mal wieder haben wir die Menschen nach der Bundestagswahl dramatisch enttäuscht.» (In einer Rede vor den Jungliberalen 2011)

    «Es gibt nur eine Umfrage, da stehe ich an vorletzter Stelle, aber nur, weil mein Chef an letzter Stelle steht.» (Anfang März vor Berliner Unternehmern)

    «Die Puppe kostet nach wie vor 20 Euro, aber richtig teuer sind die 40 Hosenanzüge.» (Über Kanzlerin Merkel, die es auch als Barbiepuppe gebe, beim Gillamoos-Volksfest im September 2010 im bayerischen Abensberg)

    «Wenn es nicht gelingt, ein vernünftiges Gesundheitsversicherungssystem auf den Weg zu bringen, dann will mich keiner mehr als Gesundheitsminister haben.» (Anfang 2010 in der ARD)

    «Das, was wir angekündigt haben, haben wir umgesetzt.» (Im Juli 2010 nach der Koalitionseinigung auf die Gesundheitsreform)

    Der anhaltende Streit über die Euro-Rettungsmaßnahmen ließ die  Opposition schon das Bild einer zerbrechenden Koalition  heraufbeschwören. "Denkbar und angemessen", sei in solchen Zeiten  eine große Koalition, sagte SPD-Präsidiumsmitglied Martin Schulz.  Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin richtete an Merkel die Frage,  wie lange sie "dem amateurhaften Treiben der FDP-Truppe" noch  zusehen wolle. Ein Mitgliederentscheid der Liberalen über die  Euro-Politik sei "nichts anderes als eine Abstimmung für die  Beendigung der Koalition".  Auch der Wahlkampf in Berlin habe kein Bedeutung: FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle hat bestrittenen, dass die von den Liberalen angestoßene Debatte über eine mögliche Insolvenz Griechenlands mit dem Berliner Wahlkampf in Verbindung steht. In einem Interview des Senders N24 sagte Brüderle am Mittwoch auf die Frage, ob die FDP bei der Griechenland-Debatte an Stimmen bei der anstehenden Abgeordnetenhauswahl in Berlin denke: "Ach, Sie glauben doch nicht, dass man diese Diskussion deswegen führt. Sondern es geht um eine Ausrichtung wie Europa stabil bleibt."

    Auch die CSU wird selbstbewusster

    Neben dem drohenden Flächenbrand angesichts der Schuldenkrise in  Europa muss die Kanzlerin nun auch in Berlin noch ein  koalitionsinternes Feuer austreten. Denn auch in der CSU treten die  Kritiker von Merkels Euro-Kurs immer selbstbewusster auf. Beim ESM  dürfe nichts übers Knie gebrochen werden, warnte Verkehrsminister  Peter Ramsauer in einem Interview. Schon der vorläufige  Rettungsschirm EFSF sei für die Abgeordneten "schwer zu verdauen",  stimmte der CSU-Vize in den lauter werdenden Euro-kritischen Chor  bei den Christsozialen ein.

    Und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer betonte am Mittwoch nach einer Kabinettssitzung: "Wir wollen eine starke Stimme in Berlin erheben - trotz aller Mahnungen, dass wir nichts sagen sollen. Wir sind in Bayern sehr standfest mit unseren Positionen." dpa/afp

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