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Kommentar: Es liegt nicht nur an Nüßlein: Warum die Union an Boden verliert

Kommentar

Es liegt nicht nur an Nüßlein: Warum die Union an Boden verliert

Rudi Wais
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    Es liegt nicht nur an Nüßlein: Warum die Union an Boden verliert
    Es liegt nicht nur an Nüßlein: Warum die Union an Boden verliert Foto: Stefan Puchner, dpa

    Im Herbst war die Welt in der Union noch in Ordnung. Obwohl sie für die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nur Spitzenkandidaten von eher mäßiger Faszination gefunden hatte, lag die CDU in beiden Bundesländern vor den Parteien der amtierenden Ministerpräsidenten. Jens Spahn war noch ein leidlich populärer Gesundheitsminister und Georg Nüßlein ein wenig bekannter, aber durchaus einflussreicher Abgeordneter der CSU. Das Superwahljahr 2021, so schien es, konnte kommen – mit welchem Kanzlerkandidaten auch immer.

    Georg Nüßlein ist wegen der Masken-Affäre aus der CSU ausgetreten.
    Georg Nüßlein ist wegen der Masken-Affäre aus der CSU ausgetreten. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Georg Nüßlein ist nicht der einzige, der aus der Not Profit geschlagen hat

    Wenige Monate später liegen in der Union die Nerven blank. Zwei Mitglieder der Bundestagsfraktion, die aus der Not anderer lukrative Geschäfte für sich selbst gemacht haben, ein womöglich bestechlicher Abgeordneter, der Geld aus einem autoritär regierten Staat in Vorderasien genommen haben soll, und dazu noch ein Gesundheitsminister, dem die Probleme über den Kopf zu wachsen scheinen: Auch wenn die einzelnen Fälle streng genommen nichts miteinander zu tun haben, so verdichten sie sich in der Summe und der kurzen Zeit doch zu einem verheerenden Bild. CDU und CSU ist die staatstragende Selbstverständlichkeit abhandengekommen, mit der sie bisher regiert haben. Hier die "Schmutzeleien" einzelner, um mit Horst Seehofer zu sprechen, dort der zunehmende Verdruss über das Krisenmanagement ihrer Minister Spahn und Altmaier: Für einen Wahlkampf, in dem die Union nicht einmal mehr auf den Amtsbonus von Angela Merkel bauen kann, sind das denkbar schlechte Voraussetzungen.

    CDU und CSU haben schon zu viel Angriffsfläche geboten

    Das erklärt auch die neue Schärfe, mit der die Partei- und Fraktionsoberen gegen die Masken-Raffkes in den eigenen Reihen vorgegangen sind. Entgegen ihrer üblichen Taktik, Skandale in bajuwarischer Bierruhe auszusitzen wie zuletzt das Mautdebakel um Verkehrsminister Andreas Scheuer, agiert die offizielle Union diesmal ungewohnt forsch. Keine Spur mehr von der alten Wagenburgmentalität, kaum ein Parteigrande, der Georg Nüßlein und Nikolas Löbel nicht schon zum sofortigen Verzicht auf ihre Mandate aufgefordert hätte, und weit und breit niemand, der Nüßlein oder den Aserbaidschan-Freund Axel Fischer mit dem Hinweis auf die geltende Unschuldsvermutung verteidigt: Markus Söder und Armin Laschet spüren, dass die jüngste Kumulation von Problemen zu einer schweren Hypothek für den Bundestagswahlkampf werden kann. Dass Löbel das Parlament nun doch mit sofortiger Wirkung verlässt und Nüßlein aus der CSU ausgetreten ist, ändert daran nichts; die Union hat schon zu viel Angriffsfläche geboten.

    Söder oder Laschet? Das ist im Moment nicht das größte Problem

    Entsprechend schlecht sind die Voraussetzungen für die Wahlen am Sonntag, vor denen die CDU in beiden Ländern deutlich an Boden verloren hat. Auch in den bundesweiten Umfragen büßen die C-Parteien Prozentpunkt um Prozentpunkt ein – ein Trend, der schon vor der Maskenaffäre begonnen hat und der vor allem dem neuen Parteichef Laschet zu denken geben muss. Während die SPD in Gestalt ihres Finanzministers in der Krise mit den Hilfsmilliarden nur so um sich wirft und immer neue soziale Wohltaten verspricht, stehen die CDU-Minister Spahn und Altmaier für alles, was schief läuft: Engpässe beim Testen und Impfen, eine lähmende Bürokratie und immer neue Verzögerungen beim Auszahlen von Geldern. Bis zu dem Eindruck, da habe eine Partei bzw. die von ihr geführte Regierung die Lage nicht mehr im Griff, ist es da nur noch ein kleiner Schritt.

    Wer die Union als Kanzlerkandidat in die nächste Bundestagswahl führt, spielt vor diesem Hintergrund schon fast keine Rolle mehr. Im Moment haben CDU und CSU andere Sorgen.

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