Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Empörung über Gesundheitskompromiss wächst

Politik

Empörung über Gesundheitskompromiss wächst

    • |
    Empörung über Gesundheitskompromiss wächst
    Empörung über Gesundheitskompromiss wächst Foto: DPA

    Gewerkschaften, Krankenkassen und Verbraucherschützer zeigten sich enttäuscht bis empört. Die Koalition bemühte sich, Vorteile herauszustreichen - muss sich aber bereits Kritikern aus den eigenen Reihen stellen.

    Die SPD-Gesundheitsexpertin Elke Ferner sagte an die Adresse von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und CSU-Chef Horst Seehofer: "Zurücktreten müssen eigentlich alle." Rösler habe sein Versprechen gebrochen, es werde nicht teurer. Seehofer habe trotz anderslautenden Beteuerungen die Einführung der Kopfpauschale zugelassen. "Das ist keine Reform, das ist eine Kapitulation vor dem eigenen Chaos." Einen Sozialausgleich gebe es in Wahrheit nicht, "weil die unteren Einkommen mehr belastet werden als die oberen".

    Grünen-Chefin Claudia Roth sprach von einem "Anschlag auf den sozialen Rechtsstaat". Linken-Chef Klaus Ernst appellierte an SPD und Grüne: "Wir müssen jetzt geschlossen Widerstand leisten und ein Bündnis für soziale Gerechtigkeit im Gesundheitswesen organisieren." Der Regierende Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (

    Kritik kam auch vom CDU-Sozialflügel. "Das Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags muss wieder rückgängig gemacht werden", forderte der Bundesvize der CDU-Sozialausschüsse, Christian Bäumler. "Es geht nicht an, dass wir das Risiko der Kostensteigerung im Gesundheitswesen einseitig auf Arbeitnehmer und Rentner verschieben", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Bäumler warf der CDU vor, Politik für die liberale Klientel zu machen. Die geplante Reform gehe vor allem zulasten der Mittelschicht.

    Merkel verteidigte den Kompromiss. "Es hat noch keinen Tag gegeben, an dem eine Gesundheitsreform von allen Seiten bejubelt wurde", sagte sie im Sender N24. Wenn man "eines der besten Gesundheitssysteme der Welt" erhalten wolle, "werden wir mehr Geld ausgeben müssen". Rösler sprach von einem Einstieg in eine langfristige Reform. Die Lasten für das kommende Jahr seien gerecht verteilt, sagte er im Deutschlandfunk. In Zukunft komme es darauf an, das System selbst und die Ausgabenseite zu verbessern.

    Der CDU-Experte Jens Spahn verteidigte den Kompromiss als "Paradigmen-Wechsel". Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sagte dem "Hamburger Abendblatt", der Kompromiss trage wohl für diese Wahlperiode. CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich sagte der dpa, die CSU, die sich heftig gegen das von Rösler angestrebte Prämiensystem gewehrt hatte, sei nicht eingeknickt. Wie bisher könnten die Kassen individuelle Zusatzbeiträge festlegen.

    Das Notpaket sieht zur Deckung des Krankenkassendefizits von voraussichtlich elf Milliarden Euro im nächsten Jahr eine Erhöhung des Beitragssatzes von 14,9 auf 15,5 Prozent sowie künftige Zusatzbeiträge in unbegrenzter Höhe für die 50 Millionen zahlenden Kassen-Mitglieder vor. Diese sollen sozial ausgeglichen werden.

    Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte die Pläne als "Kampfansage an die Bürgerinnen und Bürger". Zu wenig Reformen warfen Verbraucherschützer und Kassen der Regierung vor. Für Ärzte und Krankenhäuser gebe es bisher nur Ankündigungen, sagte der Gesundheitsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Stefan Etgeton, der dpa. "Weniger Zusatzbeiträge 2011 wären durch ein engagierteres Sparpaket möglich gewesen", sagte der Sprecher des GKV- Spitzenverbands, Florian Lanz, der dpa.

    Die FDP-Expertin Ulrike Flach bezeichnete die Behauptung, es gebe keine Einsparungen als "böswillige Unterstellung". 2011 würden 3,5 Milliarden Euro, danach 4 Milliarden Euro eingespart. Spahn sagte: "Das abstrakte Fordern von Einsparungen ist immer einfach." So werde das zusätzliche Honorar der niedergelassenen Ärzte 2011 von erwarteten 2,4 Milliarden Euro auf maximal 1,2 Milliarden halbiert.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden