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EU: Ungarn positioniert sich gegen die EU

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Ungarn positioniert sich gegen die EU

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    Nicht alle Ungarn sind mit der Europäischen Union zufrieden, wie in Budapest zu sehen.
    Nicht alle Ungarn sind mit der Europäischen Union zufrieden, wie in Budapest zu sehen. Foto: Szilard Koszticak dpa

    Schluss mit lustig: Nach wochenlangen Auseinandersetzungen um den umstrittenen Kurs der ungarischen Regierung macht die EU-Kommission ernst. Die rechtskonservative ungarische Regierung unter Premier Viktor Orban steht international in der Kritik, unter anderem wegen Beschränkungen der Medienfreiheit.

    Zentralbank-Gesetz verärgert EU-Behörde

    Die Brüsseler Behörde will an diesem Dienstag  drei Verfahren wegen Verletzung der EU-Verträge gegen das Land eröffnen. Dabei geht es um Zweifel an der Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank und der Justiz sowie um Fragen des Datenschutzes.

    Besonders das neue Gesetz zur Zentralbank verärgert die EU-Behörde. Das schwer verschuldete Ungarn hofft auf Hilfskredite von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF). Um Druck auf das Land auszuüben, will Brüssel den Geldhahn zudrehen: Erst wenn die ungarische Regierung das Gesetz überarbeite oder eine Änderung zusage, würden die formellen Gespräche über internationale Finanzhilfen für Budapest wieder aufgenommen, bekräftigte die

    Ungarn hat Recht auf Stellungnahme

    Bei einem Vertragsverletzungsverfahren fordert die EU-Kommission das betroffene Land zunächst zu einer Stellungnahme auf. Die Antwortfrist für Ungarn zum Thema Zentralbank werde weniger als einen Monat betragen, hieß es aus der EU-Kommission. Falls die Regierung in Budapest nicht einlenkt, droht ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und möglicherweise eine Geldstrafe.

    In letzter Konsequenz droht dem Land ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof und möglicherweise eine Geldstrafe.

    Ministerpräsident Viktor Orban lässt sich nicht beeindrucken

    Den ungarische Ministerpräsidenten Viktor Orban scheint all das nicht zu beeindrucken. Er ist es nicht gewohnt, klein beizugeben. Als die EU-Kommission in der vergangenen Woche seinem Land wegen des möglichen Verstoßes gegen das EU-Recht mehrere Vertragsverletzungsverfahren androhte, zuckte er mit den Schultern. Er habe bislang nur "politische Meinungen" und keine "Argumente" gehört, erklärte er den Journalisten. In einem Interview am Freitag machte der rechts-konservative Regierungschef darüber hinaus auch deutlich, dass er etliche Kritikpunkte der Kommission nicht teilt. In der am heißesten umstrittenen Frage des Notenbankgesetzes würden die Positionen in einzelnen Punkten "weit auseinanderliegen".

    Orban führt seit seinem Amtsantritt 2010 einen "wirtschaftlichen Unabhängigkeitskampf" gegen das angeblich ausbeuterische Ausland. Jede Konzession in etwaigen Verhandlungen fügt der Glaubwürdigkeit seiner populistischen Politik eine Delle zu. Die Hälfte seiner Wähler von 2010 hat sich nach Meinungsumfragen schon von ihm abgewandt. Zwar sind sie noch nicht der parlamentarischen Opposition zugelaufen. Doch neue soziale und andere Protestbewegungen brachten in den vergangenen Monaten beträchtliche Menschenmengen auf die Straße.

    Ungarische Medien heizen Stimmung die EU und das Ausland an

    Gleichzeitig scheint Orban auch einen "Plan B" für den Fall des Scheiterns der IWF-EU-Verhandlungen vorzubereiten. Dieser dürfte vorsehen, dass die Regierung auf die stattlichen Devisenreserven der Nationalbank zugreift. Langfristig würde dies aber das Vertrauen der Investoren vollends zerstören und das Verhältnis zu den westlichen Partnern in eine Eiszeit führen. Jedenfalls heizen die Orban-nahen Medien jetzt schon die Stimmung gegen die EU und gegen die ausländische Presse an.

    So titelte jüngst die Tageszeitung "Magyar Nemzet" in dicken Schlagzeilen: EU-Kommission verlangt Legalisierung der Schwulen-Ehe und Einstellung der Ermittlungen gegen Ferenc Gyurcsany als Vorbedingung für Kreditverhandlungen. Der ehemalige sozialistische Ministerpräsident wird des Machtmissbrauchs verdächtigt. Die Behauptung des Blattes war natürlich völlig aus der Luft gegriffen. dpa

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