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EU-Parlament: Wie hart würde Orbán der Rauswurf aus der EVP wirklich treffen?

EU-Parlament

Wie hart würde Orbán der Rauswurf aus der EVP wirklich treffen?

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    Viktor Orbán war lange Zeit zumindest in der CSU wohlgelitten. Doch im Europawahlkampf könnte der Ungar zum Problem werden.
    Viktor Orbán war lange Zeit zumindest in der CSU wohlgelitten. Doch im Europawahlkampf könnte der Ungar zum Problem werden. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Ein Ausschluss seiner Regierungspartei Fidesz aus der konservativen EVP im Europaparlament würde – so wird in Brüssel spekuliert – Premier Orbán durchaus treffen. Schließlich sei damit ein Bedeutungsverlust verbunden, den sich der „Selbstdarsteller“ kaum leisten will. Orbán selbst bastelt derweil an einer Strategie. Innenpolitisch stellt er die Angriffe auf ihn und seine Partei als konzertierte Aktion der Linken dar, „nicht um uns, sondern um die EVP zu schwächen“, wie er in einem Zeitungsinterview sagte, in dem er die Betreiber eines Ausschlussverfahrens als „nützliche Idioten“ bezeichnete. Nach außen aber betont er, dass er ja nur einer von mehreren Kritikern Brüssels sei. Er wittert gar eine groß angelegte Sache: Man wolle zuerst die Fidesz in Ungarn, anschließend die regierende Österreichische Volkspartei (ÖVP) des Kanzlers Sebastian Kurz und dann noch weitere christdemokratische Parteien entfernen.

    Zufall, dass sich Manfred Weber gerade jetzt von Orbán distanziert?

    Schon in wenigen Tagen könnte die Europäische Volkspartei über den Ausschluss von Orbáns Fidesz abstimmen. Mindestens zwölf Mitgliedsparteien fordern das inzwischen. Wie sich CDU und CSU dazu stellen, ist noch unklar. Hinter den Kulissen wird heftig gerungen. Auf der einen Seite stehen jene, die langsam die Geduld mit dem Ungarn verlieren, der sich seit Jahren mit immer neuen Provokationen gegen die europäischen Partner zu profilieren versucht. Auch der CSU-Politiker Manfred Weber, Spitzenkandidat der EVP für die Europawahl im Mai, geht immer weiter auf Distanz. Auf der anderen Seite stehen die Orbán-Anhänger, die dem ungarischen Premier dankbar für seine harte Flüchtlingspolitik sind, in deren Folge die Balkan-Route geschlossen wurde.

    Dass sich die Konservativen – und vor allem Weber – gerade jetzt von Orbán lossagen könnten, halten manche in der Union auch für plumpes Kalkül. Noch vor gut einem Jahr ließ sich die CSU-Spitze bei einer Klausurtagung im Kloster Seeon Seite an Seite mit dem Ungarn fotografieren. Woher also der Sinneswandel? Dass ausgerechnet die Plakataktion, die EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker diskreditieren sollte, den Ausschlag gegeben haben soll, hält ein Insider für durchsichtig. „Die derzeitige Stimmung spricht für den Rauswurf, es hätte in den vergangenen Jahren aber viele und schlüssigere Gründe gegeben, sich von Orbán zu distanzieren, aber da stand eben keine Wahl vor der Tür“, sagt er. Es sei ein Fehler der CSU gewesen, ihn überhaupt so lange zu hofieren. Nichtsdestotrotz gebe es noch immer große Befürworter des ungarischen Regierungschefs in der Union. Gerade die CSU stehe vor einer „großen Herausforderung“.

    Die ungarische Regierungspartei müsste sich eine neue Fraktion suchen

    Noch darf Orbán also hoffen. Sollte die EVP der Fidesz tatsächlich den Stuhl vor die Türe stellen, bliebe der Premier künftig beim Treffen der konservativen Staats- und Regierungschef vor den EU-Gipfeln außen vor. Neun der 28 europäischen Staatenlenker gehören derzeit den Christdemokraten an. Deutlich gravierender würde sich ein Rauswurf im Europäischen Parlament auswirken. Von den derzeit 217 Abgeordneten der EVP stellt die Fidesz elf. Sie müssten sich, um nicht völlig in der Bedeutungslosigkeit unterzugehen, eine neue Fraktion suchen. Das könnte, legt man das derzeitige Bild der Abgeordnetenkammer zugrunde, dann wohl nur die EKR sein, die Europäischen Konservativen und Reformer. Sie hat derzeit 75 Mitglieder und gilt vor allem als Auffangbecken der britischen Konservativen. Doch die sind nach einem Austritt des Vereinigten Königreiches aus der EU bekanntlich raus. Die ECR verkäme damit zur Splitterfraktion – zusammen mit Orbáns Fidesz-Vertretern?

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