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EU-Kommission: Ursula von der Leyen hat nur einen einzigen Versuch

EU-Kommission

Ursula von der Leyen hat nur einen einzigen Versuch

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    Küsschen links, Küsschen rechts für Ursula von der Leyen: Jean-Claude Juncker begrüßt seine mögliche Nachfolgerin an der Spitze der EU-Kommission am Donnerstag betont freundschaftlich.
    Küsschen links, Küsschen rechts für Ursula von der Leyen: Jean-Claude Juncker begrüßt seine mögliche Nachfolgerin an der Spitze der EU-Kommission am Donnerstag betont freundschaftlich.

    Elf Tage bleiben Ursula von der Leyen, um das Europäische Parlament davon zu überzeugen, dass es doch keine so schlechte Idee ist, sie zur EU-Kommissionschefin zu machen. Am Donnerstag schaut die CDU-Politikerin schon mal bei ihrem potenziellen Vorgänger in Brüssel vorbei. Als Antrittsbesuch kann man dieses Treffen mit Jean-Claude Juncker, der seinen Gast in gewohnter Herzlichkeit mit Küsschen begrüßt, eigentlich nicht bezeichnen. Denn noch ist ja nicht sicher, dass die Deutsche seinen Posten tatsächlich übernimmt. Mindestens 376 der 751 Stimmen im Parlament braucht von der Leyen am 16. Juli – und sie hat nur einen einzigen Versuch.

    Offiziell hält sich die Kandidatin für den mächtigsten Job in Europa noch zurück. Doch immerhin hat sie seit Mittwoch ein eigenes Twitter-Profil. „Hallo

    Ursula von der Leyen als Kommissionschefin? Parlament ist empört

    Das Parlament ist empört darüber, weil die Staats- und Regierungschefs einfach ihr eigenes Ding gemacht haben – und sich auf keinen der Spitzenkandidaten aus dem Wahlkampf einigen konnten oder wollten. Zum Leidwesen von Manfred Weber, der sich als Chef der größten Fraktion schon am Ziel wähnte und dann kühl abserviert wurde.

    Dementsprechend frustriert äußert sich der CSU-Politiker in seinem ersten Interview danach. „Es gab mächtige Kräfte, die das Wahlergebnis nicht akzeptieren wollten. Es gab Hinterzimmer-Gespräche und Nachtsitzungen, bei denen sich die Achse Macron und Orbán durchgesetzt und das Spitzenkandidatenprinzip demontiert hat. So wie das gelaufen ist, kann ich sagen: Das ist nicht das Europa, das ich mir vorstelle“, sagt der Niederbayer der Bild.

    Vor allem die Rolle des französischen Präsidenten, der Weber von Anfang an ablehnte und am Ende sogar mit Ungarns Premier Viktor Orbán gemeinsame Sache machte, um ihn zu verhindern, ärgert den CSU-Mann: „Macron hat gesagt: Wählt mein Europa, nicht das von Orbán. Und plötzlich arbeiten sie zusammen und beschädigen das demokratische Europa. Jetzt stehen wir vor einem Scherbenhaufen.“

    Weber bemüht sich trotz allem um Haltung – und nimmt die Kanzlerin ausdrücklich aus der Schusslinie. „Merkel muss Kompromisse schließen und handlungsfähig sein, dafür habe ich volles Verständnis. Und dass sie eine deutsche Kommissionspräsidentin am Ende unterstützt, ist doch auch völlig logisch und richtig“, sagt der 46-Jährige, der trotz allem in Brüssel bleiben will. Sogar für von der Leyen findet er lobende Worte, allerdings habe sie einen „steinigen Weg vor sich“.

    Von der Leyen muss sich den Fraktionen stellen

    Dieser Weg soll die Noch-Bundesverteidigungsministerin an die Spitze der EU führen. Und die Fraktionen im Parlament machen schon mal klar, an welche Bedingungen ihre Unterstützung für die Deutsche geknüpft ist. Ausgerechnet die Frau, die für das Ende des Spitzenkandidaten-Modells steht, soll eben diese Form der Direktwahl für die Zukunft vertraglich festschreiben. Kurz gesagt: Von der Leyen soll dafür sorgen, dass es keinen Fall von der Leyen mehr geben kann und die Staats- und Regierungschefs nicht mehr am Parlament vorbei einen Kommissionschef aushandeln.

    „Die Verfahren der Ernennungen müssen demokratisiert werden“, sagt der Chef der neuen liberalen Fraktion renewEU, Dacian Ciolos. Außerdem wollen die Volksvertreter hören, wie von der Leyen den „Wandel“ in wichtigen Politikfeldern sicherstellen kann, fordert die Chefin der sozialdemokratischen Fraktion, Iratxe García Pérez. Das betreffe nicht nur den Klimawandel und das soziale Gesicht der Gemeinschaft, sondern auch „Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“. Die Sozialdemokraten haben nicht verwunden, dass ausgerechnet die vier Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, denen Defizite gegen die Grundwerte der EU vorgeworfen werden, ihren Spitzenkandidaten Frans Timmermans verhindert haben.

    In den kommenden Tagen will sich von der Leyen den Fraktionen auch persönlich stellen. Das Abgeordnetenhaus hat mit der Bewerberin aus Deutschland zwar noch längst keinen Frieden geschlossen, aber die konstruktiven Töne sind unüberhörbar. „Niemand weiß, wofür sie europolitisch steht“, sagt der Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven Giegold einigermaßen diplomatisch.

    Auch Ratspräsident Donald Tusk bemüht sich, die Emotionen herunterzukühlen. „Einige sagen, das Parlament repräsentiert die europäische Demokratie“, sagt der Pole, „weil seine Mitglieder direkt gewählt sind. Für andere ist dies der Europäische Rat, weil die Staats- und Regierungschefs demokratisch gewählt wurden.“ Den Streit darüber bezeichnet er als sinnlos. „Wir müssen uns gegenseitig respektierten, weil beide Institutionen demokratisch sind.“

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