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EU-Gipfel: EU macht Steuerflucht zur Chefsache

EU-Gipfel

EU macht Steuerflucht zur Chefsache

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    Die EU will vereint gegen Steuerflucht vorgehen. Wie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy ankündigte, soll beim nächsten Gipfeltreffen über das Reizthema gesprochen werden.
    Die EU will vereint gegen Steuerflucht vorgehen. Wie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy ankündigte, soll beim nächsten Gipfeltreffen über das Reizthema gesprochen werden. Foto: Laszlo Beliczay/Archiv (dpa)

    Steuerhinterziehung, Steuerflucht und Steueroasen

    Bei Steuerhinterziehung drohen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen können es sogar bis zu zehn Jahre sein. Laut Bundessteuerberaterkammer verjährt Steuerhinterziehung in schweren Fällen erst nach zehn Jahren.

    Bei Selbstanzeige bleiben nach dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz von 2011 nur noch Hinterziehungsbeträge bis 50.000 Euro pro Vorgang straffrei.

    Bis 100.000 Euro kann von einer Strafe dann abgesehen werden, wenn der Betroffene neben den Verzugszinsen von 0,5 Prozent pro Monat einen Zuschlag von fünf Prozent auf die hinterzogenen Steuern zahlt.

    Wer sich wegen Steuerhinterziehung selbst anzeigt, bleibt aber nur dann straffrei, wenn die Behörden von dem Fall bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts wussten - und es sich um maximal 100 000 Euro handelt.

    Sind die Ermittlungen bereits im Gang, ist der Zug für den Steuersünder abgefahren. Bis dahin räumt das Gesetz die Möglichkeit ein, dem Finanzamt die nicht-erklärten Einkünfte nachzumelden. Dann aber vollständig.

    Als Steueroasen werden Länder bezeichnet, die keine oder nur sehr niedrige Steuern auf Einkommen oder Vermögen erheben - und Anlegern Anonymität und Diskretion versprechen.

    Besonders für Anleger, die in ihrem Heimatland höhere Steuersätze zahlen müssten, sind Steueroasen attraktiv. Die Staaten sind oft klein und wohlhabend, werden meist von stabilen Regierungen geführt und bemühen sich häufig um Investitionen aus dem Ausland.

    Vielfach geht es um autonome Inselstaaten, weshalb häufig von "Offshore" die Rede ist. Oft genannt werden die Britischen Jungferninseln die Kaimaninseln, die Cookinseln und Samoa, die Seychellen sowie Hongkong, Singapur und Panama.

    Unternehmen gründen oder kaufen für ihre Auslandsgeschäfte beispielsweise Tochterunternehmen, deren Gewinne im Niedrigsteuerland gehalten und wieder investiert werden. Oft erschweren komplexe Unternehmensgliederungen den Behörden die Ermittlungen.

    Nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft (DStG) umfasst das weltweite Hinterziehungsvolumen allein für deutsche Steuerhinterzieher rund 400 Milliarden Euro. Hiervon dürften laut DStG allein 150 Milliarden Euro auf die Schweiz entfallen.

    Nicht alle Methoden, die deutschen Steuerbehörden zu umgehen, sind illegal. Wer etwa seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt, kann privates Einkommen in ein ausländisches Niedrigsteuerland verlagern, ohne sich strafbar zu machen.

    Auch International tätige Konzerne können ihre Gewinne legal auf die Tochterunternehmen verteilen, so dass ein möglichst geringes Steueraufkommen anfällt.

    Strafbar macht sich aber, wer dem Finanzamt seine Geldanlagen in Überseegebieten verschweigt, seinen Wohnsitz aber in Deutschland hat und dort auch sein Einkommen versteuern müsste.

    Die Europäische Union macht den Kampf gegen die grenzüberschreitende Steuerflucht zur Chefsache. Die europäischen Staatenlenker werden bei ihrem nächsten Gipfeltreffen am 22. Mai über das Reizthema sprechen, kündigte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Freitag an. Jährlich verliere die EU etwa eine Billion Euro an Steuereinnahmen durch Steuervermeidung und

    Finanzminister beraten über Konsequenzen der Steuerflucht

    Das von vielen erhoffte Ende des Bankgeheimnisses beschäftigte auch die europäischen Finanzminister in Dublin. Luxemburg mit seinem bedeutenden Finanzplatz hatte vor einigen Tagen angekündigt, das Steuergeheimnis für Anleger aus anderen EU-Staaten aufzuweichen. Auch Österreich hatte sich kompromissbereit gezeigt. Beide Länder nehmen im Rahmen der EU-Zinssteuerrichtlinie nicht am sonst üblichen Informationsaustausch über Zinseinkünfte teil.

    In Dublin bekam der Vorstoß Deutschlands und vier weiterer EU-Länder, den automatischen Informationsaustausch der seit 2005 geltenden EU-Zinsrichtlinie hinaus zu erweitern, zusätzlichen Rückenwind. Neben Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien zieht nun auch Polen mit. Die Gruppe will ein Pilotprojekt auf die Beine stellen.

    Kehrtwende beim Steuergeheimnis?

    "Es ist wichtig, dass die EU die Führung bei diesem Thema übernimmt", sagte der französische Finanzminister Pierre Moscovici. Sein deutscher Amtskollege Wolfgang Schäuble äußerte sich angesichts der breiten öffentlichen Diskussion "optimistisch, dass wir bald zu Ergebnissen kommen". Nach Vorstellung der mittlerweile von sechs Ländern unterstützten Initiative solle die Zinssteuerrichtlinie künftig alle Kapitaleinkünfte umfassen, sagte Schäuble. Bisher sind nur Zinszahlungen betroffen, aber zum Beispiel keine Dividendeneinkünfte. Die EU-Kommission solle den Auftrag erhalten, entsprechende Regeln mit Drittstaaten auszuhandeln.

    Luxemburg kritisierte den Vorstoß. Es solle eher in der Runde aller 27 Staaten debattiert werden, sagte Finanzminister Luc Frieden. "Es ist nicht gut, wenn einige sich aus manchmal innenpolitischen Gründen den Anschein geben, dass sie schneller sind als andere." Luxemburg werde sich dem Vorstoß aber nicht widersetzen, unterstrich Frieden.

    Luxemburg lenkt in EU-Pläne ein

    Er forderte nach der spektakulären Kehrtwende zum Steuergeheimnis in seinem Land auch auf weltweiter Ebene Bewegung. "Ich finde es überraschend, dass die G20 es bisher nicht geschafft haben zu beschließen, dass der automatische Informationsaustausch der internationale Standard ist." In der

    Ab 1. Januar 2015 wird das Land die Steuerbehörden der anderen EU-Länder automatisch über Zinszahlungen informieren, die an Personen in diesen Staaten gezahlt werden. "Wir wollen damit das Wachstum unseres Finanzsektors absichern", sagte der Ressortchef. "Ich sehe jeden Tag neue Kunden hinzukommen."

    Bisher hatten das Großherzogtum und Österreich die Neufassung der EU-Zinssteuerrichtlinie blockiert. Mit Blick auf anstehende EU-Verhandlungen mit Drittländern wie der Schweiz und den automatischen Informationsaustausch sagte Frieden: "Wenn das der internationale Standard ist, dann sollte er überall angewandt werden." dpa/AZ

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