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EU-Gipfel: Aufnahme von Flüchtlingen: Merkel bringt Osteuropa gegen sich auf

EU-Gipfel

Aufnahme von Flüchtlingen: Merkel bringt Osteuropa gegen sich auf

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    Kanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán (von links), dessen bulgarischem Amtskollegen Bojko Borisso sowie Litauens Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite (rechts).  
    Kanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel in Brüssel mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán (von links), dessen bulgarischem Amtskollegen Bojko Borisso sowie Litauens Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite (rechts).   Foto: Olivier Hoslet, dpa

    Die Bundeskanzlerin sorgte mit ihrer Kampfansage in Richtung Osten für Unruhe beim EU-Gipfel in Brüssel. Als größter Beitragszahler der Gemeinschaft knüpfte die deutsche Regierungschefin Bedingungen an die künftige Vergabe von Fördergeldern – und blieb damit am Freitag umstritten. Polen allerdings kuschte.

    Der Kommissionspräsident ahnte wohl schon, was Bundeskanzlerin Angela Merkel da angerichtet hatte. „Ich wünsche keine neue Spaltung, davon hatten wir genug in Europa“, sagte Jean-Claude Juncker am Freitag, als die 27 Staats- und Regierungschefs der EU (ohne Großbritannien) informell in Brüssel zusammenkamen. Der Auftritt der deutschen Regierungschefin vor dem Bundestag am Vortag sorgte für Zündstoff. Sie wolle die lukrativen Fördergelder für die Entwicklung der Infrastruktur künftig an die Bedingung knüpfen, dass die Empfängerländer rechtsstaatliche Grundsätze einhalten und Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen zeigen. Die Reaktionen waren gespalten: Während Dänemarks Premier Lars Lokke Rasmussen Merkel beipflichtete: „Für mich liegt es auf der Hand, dass man Bedingungen braucht“, warnte der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel: „Wer wird nachher bestraft? Nicht die Regierungen, aber die Bürger.“

    Flüchtlinge in der EU: Ist Polen zu einem Kompromiss bereit?

    Tiefe Verärgerung gab es dagegen bei den kritisierten Staaten im Osten. Ungarns Premier Viktor Orbán entschwand mit versteinerter Miene im Tagungsgebäude des Gipfels. Polens Europaminister Konrad Szymanski hatte bereits am Morgen geschäumt: „Wer immer ein solches Manöver plant, dem kann ich nur sagen: Das wäre ein Fehler.“ Aber dann zeigte sich plötzlich sein Chef, Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, überraschend zahm: „Polen ist zu einem Kompromiss bereit.“

    Es geht um etwa eine Billion Euro, die die Gemeinschaft in den Jahren 2021 bis 2027 ausgeben wird. Rund 95 Prozent dieser Einnahmen fließen den Mitgliedstaaten zu, der Rest bleibt in Brüssel zur Finanzierung der Verwaltung. „Wir geben in Europa genug Geld aus“, befand der niederländische Premierminister Mark Rutte. „Der Betrag muss nicht steigen.“ Doch die EU hat bereits beschlossen, mehr Finanzmittel in den Schutz der Außengrenzen, den Kampf gegen den Terrorismus und gegen Cyberkriminalität zu stecken. Außerdem sollen über das Erasmus-Programm deutlich mehr Studenten und Azubis zu Auslandsaufenthalten eingeladen werden.

    „Höhere Beiträge – ja. Aber dann müssen wir auch über bessere Ausgaben reden“, gab sich Luxemburgs Premier Bettel kompromissbereit. Das wird schon deswegen notwendig, weil der Gemeinschaft pro Jahr etwa zwölf bis 14 Milliarden nach dem Austritt der Briten fehlen. Der Haushaltskommissar will sparen, aber er muss die höheren Begehrlichkeiten eben auch bezahlen. „Wir wollen eine starke Europäische Union, aber auch eine, die sparsam mit dem Steuergeld ihrer Bürger umgeht, die versucht, schlanker zu werden, wo es möglich ist“, brachte es der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz auf den Punkt.

    Für die Parteien wichtig: Gibt es wieder Spitzenkandidaten bei Europawahl?

    Die Staats- und Regierungschefs wollen noch ein weiteres heißes Eisen rechtzeitig vor der Europawahl im Mai 2019 anfassen: Sollen die Parteienfamilien wieder mit Spitzenkandidaten ins Rennen um die Wählergunst gehen? Dass der Wahlsieger, wie vor vier Jahren der christdemokratische Spitzenkandidat Jean-Claude Juncker, automatisch auch neuer Chef der künftigen Kommission wird, widerstrebt vielen. Von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron heißt es, er lehne dies sogar strikt ab. Die Bundeskanzlerin gilt auch nicht als Freundin dieser Lösung, weil es ihr schwerfallen würde, auf europäischer Ebene einen Wunschkandidaten durchzusetzen und in Brüssel zu inthronisieren. Gerüchten zufolge sähe Merkel gerne ihren bisherigen Kanzleramtsminister und kommissarischen Finanzminister Peter Altmaier auf dem Stuhl des mächtigen Kommissionspräsidenten.

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