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ESM und Fiskalpakt: Fällt das Verfassungsgericht seine Entscheidung erst im Herbst?

ESM und Fiskalpakt

Fällt das Verfassungsgericht seine Entscheidung erst im Herbst?

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    Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle hat eine sachliche Debatte bei der Euro-Rettung angemahnt. Foto: Uli Deck dpa
    Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle hat eine sachliche Debatte bei der Euro-Rettung angemahnt. Foto: Uli Deck dpa

    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Eilverfahren zur Euro-Rettung wird sich möglicherweise bis in den Herbst verzögern. Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle deutete am Dienstag in der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe an, dass sich das Gericht mit seinem Spruch zu den Eilanträgen gegen den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt mehr Zeit als die üblichen drei Wochen lassen könnte.

    Drei Monate für erste Prüfung geplant

    Dagegen drängte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Eile und warnte vor negativen Folgen weiterer Verzögerungen. Eine schnelle Entscheidung im Eilverfahren, die dann vor allem formal begründet werde, könne ein falsches Signal aussenden, sagte Voßkuhle.

    „Wir sehen doch alle die Schlagzeilen: Euro-Rettung durch Deutschland gestoppt.“ Sinnvoll sei deshalb, sich etwas mehr Zeit zu lassen und eine erste inhaltliche Prüfung vorzunehmen. Als Zeitrahmen wurden drei Monate genannt. Dann wäre eine „sehr sorgfältige summarische Prüfung“ der Maßnahmen möglich und nicht nur – wie sonst in Eilverfahren – eine Folgenabwägung.

    Wolfgang Schäuble warnt vor Verzögerungen

    Rettungsschirme, EFSF und ESM

    Griechenland-Pleite, Rettungsschirme, Eurobonds, EFSF, ESM: Beim Thema Euro-Krisen schwirren etliche Fachbegriffe herum. Lesen Sie hier in Kurzform, was Sie zum Thema Rettungsschirme wissen müssen.

    EFSF steht für Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (European Financial Stability Facility) und ist eine Aktiengesellschaft, die notleidenden Euro-Staaten helfen soll. Sollte ein EU-Land in Not geraten, kann die im Juni 2010 gegründete EFSF Anleihen bis zu 440 Milliarden Euro ausgeben. Dafür haften die Euro-Länder.

    Kritik am EFSF: Im Vertrag von Maastricht wurde eine so genannte Nichtbeistands-Klausel (No-bailout-Klausel) vereinbart, die die Haftung der Union oder einzelner Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten untersagt. Auf Druck des Nicht-Eurolandes Großbritannien wurde durchgesetzt, dass bei Krediten für Staaten, die Mitglieder der Eurozone sind, nur die übrigen Eurostaaten haften.

    Der EFSF soll bis Juni 2013 aktiv bleiben und dann abgelöst werden, nämlich vom ESM.

    ESM steht für Europäischer Stabilitäts-Mechanismus und ist der permanente Euro-Rettungsschirm. Seine wichtigsten Instrumente sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete EU-Staaten. Jedes Land, das Hilfe aus dem ESM erhält, muss im Gegenzug bestimmte wirtschaftliche Konsequenzen ziehen.

    Kritiker sagen, dass Rettungsschirme und Bürgschaften es Ländern erleichtern, Schulden zu machen. Wenn es wirklich eng wird, treten schließlich die anderen EU-Länder ein und helfen.

    Eurobonds: Darunter versteht man eine EU-Staatsanleihe. Das bedeutet, die Länder der EU würden gemeinsam Schulden aufnehmen - und auch gemeinsam für sie haften. Hinter der Idee steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von den Finanzmärkten und den Ratingagenturen höher eingeschätzt wird als die seiner einzelnen Mitgliedstaaten.

    Die Befürworter dagegen erklären, dass notleidenden EU-Staaten geholfen werden muss. sie warnen vor einem Domino-Effekt. Heißt: Wenn ein Land tatsächlich pleite geht, reißt es andere Länder mit sich.

    Schäuble warnte davor, den ESM zu stoppen oder seine bereits für den 1. Juli geplante Einführung weiter zu verzögern. Dadurch könnten „die derzeitigen Krisensymptome deutlich verstärkt“ werden, sagte er. Bundesbankpräsident Jens Weidmann hält derartige Aussagen für „höchst spekulativ“. Die Finanzmärkte hätten ein verspätetes Inkrafttreten des ESM bereits „teilweise eingepreist“. Andererseits biete „auch eine rasche Ratifizierung keine Gewähr, dass sich die Krise nicht mehr zuspitzt“, sagte er.

    Die Kläger sehen mit dem ESM unkalkulierbare Risiken auf Deutschland zukommen. So argumentierte der Prozessvertreter des CSU-Bundestagsabgeordneten Peter Gauweiler, das Gesetzespaket öffne „das Tor zu einer Haftungs- und Transferunion“. Die damit verbundenen Belastungen seien kaum abzuschätzen. Damit werde das Haushaltsrecht der Parlamentarier ausgehöhlt. Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Gregor Gysi, sieht die „rote Haltelinie des Grundgesetzes“ erreicht. Jetzt müsse ein neues Grundgesetz her.

    Spanien erhält mehr Zeit für Haushaltssanierung

    In der Nacht zum Dienstag beschlossen die Finanzminister der Euro-Länder, den spanischen Krisenbanken noch in diesem Monat 30 Milliarden Euro als erste Finanzspritze zur Verfügung zu stellen. Zugleich kamen sie überein, Spanien im laufenden Defizitverfahren ein Jahr länger – also bis 2014 – Zeit zu geben, seine Neuverschuldung unter die Drei-Prozent-Marke zu drücken. Im Rahmen eines größeren Personalpakets beschlossen die Kassenhüter auch, dass der deutsche Finanzfachmann Klaus Regling den neuen Rettungsschirm ESM leiten soll. Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker bleibt vorläufig noch im Amt. dpa, afp

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