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Datenklau: Hacker gesteht Angriff: Er wollte Politiker "bloßstellen"

Datenklau

Hacker gesteht Angriff: Er wollte Politiker "bloßstellen"

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    Ein 20-Jähriger hat gestanden, die Daten von Politikern und Prominenten gestohlen zu haben.
    Ein 20-Jähriger hat gestanden, die Daten von Politikern und Prominenten gestohlen zu haben. Foto: Silas Stein, dpa (Symbolbild)

    Am Anfang ist alles noch ein großer Spaß – zumindest aus Sicht des Täters. Zu Hause bei den Eltern in der hessischen Provinz sammelt der Schüler Daten von Künstlern, Politikern und Youtube-Stars, die in seiner Generation fast jeder kennt. Er habe all diese Menschen "bloßstellen" wollen, sagt der 20-Jährige hinterher bei der Vernehmung. Da klingen Allmachtsfantasien durch.

    Aktiv werden die Behörden erst am Donnerstag vergangener Woche um 22.40 Uhr, als Mitarbeiter aus dem Büro von SPD-Chefin Andrea Nahles im Lagezentrum des Bundeskriminalamtes anrufen. Dutzende von Beamten werden zusammengerufen. Der Provinz-Nerd bekommt langsam kalte Füße. Er löscht Daten – versucht, Beweise zu vernichten. Nun hat er ein Geständnis abgelegt. Er war am Sonntagabend vorläufig festgenommen worden, wurde nach einem Geständnis am Montagabend aber auf freien Fuß gesetzt. Es bestehe keine Fluchtgefahr und er habe "über seine Taten hinaus" Hilfe bei der Aufklärung geleistet, hieß es von den Behörden.

    Datenklau: Hacker legte Geständnis ab

    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) dürfe erleichtert sein. Nach der Festnahme des Tatverdächtigen im Falle des umfangreichen Datenklaus hat er die Arbeit der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder gewürdigt und weitere Verbesserungen beim Schutz der Bürger im Bereich der Cybersicherheit in Aussicht gestellt. „Wir machen in so wichtigen Angelegenheiten also unsere Arbeit“, sagte er bei einem gemeinsamen Auftritt mit den Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Holger Münch und Arne Schönbohm, in Berlin.

    „Der Schutz der Bürger funktioniert mit hoher Qualität rund um die Uhr.“ Gleichwohl könne die Politik keine absolute Sicherheit versprechen, er gebe aber die Zusicherung, dass die Regierung das „Menschenmögliche“ tun werde, um die Bürger zu schützen.

    Wie Seehofer, Münch und Schönbohm ausführlich darlegten, haben sowohl Hinweise der Sicherheitsbehörden der Länder als auch Zeugenaussagen sowie Spuren im Internet zu dem jungen Mann geführt, der noch bei seinen Eltern wohnt und seinen Computer zerstört hatte. Mit den Beweisen konfrontiert, habe er ein umfassendes Geständnis abgelegt. Da keine Verdunkelungsgefahr mehr bestehe, wurde er auf freien Fuß gesetzt. Der junge Mann habe Reue gezeigt. Die Löschung der Daten sei im Gange.

    Hacker hatte wohl kein politisches Motiv

    Als Grund für seinen Angriff auf die privaten Accounts habe er angegeben, sich über die Äußerungen der Politiker „geärgert“ zu haben, sagte Münch. Es gebe nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand „kein dominantes politisches Motiv“, zudem liegen keine Hinweise darauf vor, „dass er in irgendeiner Form mit politisch motivierter Kriminalität vorher zu tun hatte“. BSI-Präsident Schönbohm sagte, es gebe keine Indizien, dass der 20-Jährige staatliche Unterstützung bei seinen Aktionen gehabt habe.

    Bei den meisten Opfern wurden nur Telefon- oder Handynummer, Postanschrift und E-Mail-Adresse veröffentlicht, nur in etwa 50 Fällen seien größere Datenpakete wie Privatdaten, Fotos, Dokumente oder Korrespondenz ins Internet gestellt worden. „Der Täter hat es uns nicht so schwer gemacht“, sagte Münch, seine Behörde könne mehr, als in diesem Fall notwendig gewesen sei.

    Nach den Worten Seehofers ist der Vorfall zwar für die Betroffenen „schmerzhaft“, aber er ändere nichts an der allgemeinen Sicherheitslage Deutschlands, Regierungsstellen oder andere Einrichtungen des Bundes seien nicht betroffen gewesen. Gleichwohl sei das Ganze ein „ernsthafter Warnschuss“, um genau nachzusehen, an welchen Stellen die Sicherheitsarchitektur verbessert werden müsse. Seehofer kündigte an, noch im ersten Halbjahr ein „IT-Sicherheitsgesetz 2.0“ ins Bundeskabinett einzubringen. Geplant seien auch Verbesserungen beim Verbraucherschutz, der Teil des Aufgabengebietes des BSI werden solle.

    Er sei in Kontakt mit Justizministerin Katarina Barley von der SPD, sagte Seehofer. Geplant sei unter anderem die Einführung eines einheitlichen IT-Sicherheitskennzeichens, das dem Käufer signalisieren solle, dass das entsprechende Gerät sicher ist. Außerdem sollen Geräte wie Router zertifiziert werden. Die Rolle des Bundesamtes für Sicherheit in der Sicherheitstechnik solle gestärkt werden, damit es als Frühwarnsystem fungieren und mögliche Datendiebstähle rasch erkennen könne.

    Cybersicherheit: Neue Stellen in den Behörden

    Bereits beschlossen sei die Schaffung von 350 zusätzlichen Planstellen beim BSI sowie von 1800 neuen Stellen beim BKA, darunter 160 Stellen für den Ausbau der Cybersicherheit. In der Wiesbadener Behörde werde dafür eine neue Abteilung gegründet. Dieser Stellenaufwuchs sei „beachtlich“, so Seehofer. Das alles belege, dass die Bundesregierung das Thema Cybersicherheit nicht erst neu entdecke, sondern es schon seit längerem ernst nehme. An die Verbraucher appellierte Seehofer, die Warnungen ernst zu nehmen. „Sorglosigkeit wäre vollständig fehl am Platze.“ (mit dpa)

    Lesen Sie auch unseren Kommentar: Cyber-Attacke: Kein Grund zur Entwarnung .

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