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Coronavirus: Krisenmodus: Wie gut ist Deutschland gegen das Coronavirus gerüstet?

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Krisenmodus: Wie gut ist Deutschland gegen das Coronavirus gerüstet?

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    Zum Schutz vor Coronavirus wie auch anderen Viren empfehlen Experten gewöhnliche Hygienemaßnahmen: regelmäßiges Händewaschen, Desinfektionsmittel und Abstand zu Erkrankten.
    Zum Schutz vor Coronavirus wie auch anderen Viren empfehlen Experten gewöhnliche Hygienemaßnahmen: regelmäßiges Händewaschen, Desinfektionsmittel und Abstand zu Erkrankten. Foto: Christian Charisius, dpa

    Hunderte in Quarantäne, Überstunden in Gesundheitsämtern, Sorge um Kapazitäten der Kliniken: Immer mehr Bürger fragen sich mit wachsender Sorge, was die Ausbreitung des Coronavirus für sie bedeutet. Gesundheitsminister Jens Spahn sieht Deutschland „am Beginn einer Corona-Epidemie“. Wie gut sind das Land und sein Gesundheitssystem gerüstet?

    Gesundheitsämter sind im Kampf gegen den Coronavirus entscheidend

    Zusammen mit Bundesinnenminister Horst Seehofer hat Gesundheitsminister Spahn einen Krisenstab eingerichtet. Darin beraten Fachleute der Ministerien, Polizisten oder auch Mitarbeiter der Deutschen Bahn über den Kampf gegen das Virus. Ziel ist es, „die Infektionsketten in Deutschland zu unterbinden und zweitens die Infektionsketten nach Deutschland in den Griff zu bekommen“, wie Seehofer sagt. Die bisherige Bilanz: Die Lage ist ernst, aber unter Kontrolle. Auch, weil die Zusammenarbeit zwischen den Akteuren funktioniert. Täglich gibt es Telefonkonferenzen – national und international. Pandemiepläne in Bund und Ländern werden aktualisiert. Das Robert-Koch-Institut (RKI) bewertet die Situation in zwei Schichten in einem Lagezentrum.

    Spahn betont: Deutschland verfüge über eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Bis jetzt sei es gelungen, jeden Fall schnell zu erkennen. Es gehe nun darum, „das Ausbruchsgeschehen zu verlangsamen und einzudämmen“. Für Reisende bedeutet das unter anderem, dass sie bei der Ankunft in Deutschland darum gebeten werden, sogenannte Aussteigerkarten auszufüllen. Mit deren Hilfe lassen sich im Falle einer Erkrankung der Reiseverlauf und mögliche Ansteckungspunkte nachvollziehen. Vor Arztbesuchen sei es wichtig, in den Praxen anzurufen. Ältere Menschen, die wegen ihres schwächeren Immunsystems und Vorerkrankungen häufig anfälliger für das Virus sind, sollten möglichst zu Hause bleiben.

    Coronavirus in Deutschland: Minister Spahn warnt vor Panikmache

    Spahn warnt trotz aller Sorge vor Panikmache. Bislang hätten 80 Prozent der Infizierten nur sehr milde Verläufe oder gar keine Symptomatik, sagt er. Ratsuchende können sich unter anderem beim Robert-Koch-Institut informieren. Die Internetseite werde ständig aktualisiert, sagte RKI-Chef Lothar Wieler und ergänzte: „Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass sich das Virus weiter ausbreitet.“ Jetzt müsse Zeit gewonnen werden, um herauszufinden, wie Patienten besser behandelt werden könnten. Bisher gibt es noch kein Medikament, das Covid-19 zuverlässig in Schach halte. Auch mit einem Impfstoff sei 2020 nicht zu rechnen, da das Virus neu sei.

    Wer Sorge hat, sich zu infizieren, sollte wissen: Auf Oberflächen, so RKI-Vize Lars Schaade, ist das Virus bei Raumtemperatur rund vier Tage haltbar. Da es aber per Tröpfcheninfektion übertragen werde, sei es nicht nötig, Oberflächen zu desinfizieren. Wer mit Oberflächen in Kontakt kommt, an denen das Virus haften könnte, kann durch gründliches Händewaschen einer Infektion vorbeugen.

    Sollte sich das Virus dennoch ausbreiten, sei Deutschland gut aufgestellt, wie Spahn betont. Für solche Fälle gebe es 28.000 Betten auf den Intensivstationen. „In allen Kliniken gibt es sogenannte Ausbruchsmanagementpläne“, sagt auch die Vorsitzende des Ärzteverbands Marburger Bund, Susanne Johna, zugleich Pandemiebeauftragte der Bundesärztekammer. Die Abläufe bei Epidemien müssten nicht neu geregelt werden. Die Patienten würden dann so durch die Klinik geleitet, dass sie niemanden anstecken – und kämen in Einzelzimmer.

    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Innenminster Horst Seehofer bei der Pressekonferenz zur Ausbreitung des Coronavirus und zur Einrichtung eines gemeinsamen Krisenstabs.
    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Innenminster Horst Seehofer bei der Pressekonferenz zur Ausbreitung des Coronavirus und zur Einrichtung eines gemeinsamen Krisenstabs. Foto: Wolfgang Kumm, dpa

    Coronavirus: Hunderte Menschen in NRW stehen unter Quarantäne

    Der Regensburger Infektiologe Bernd Salzberger meint: „Wir haben in Deutschland international die höchste Dichte an Krankenhausbetten, das hilft natürlich in einem Notfall.“ Engpässe aber kann es in verschiedener Form geben. Als Beispiel sagt ein DKG-Sprecher: „Wenn es keine Mund-Nasen-Vorrichtungen mehr gibt, kann ein Krankenhaus keine Eingriffe mehr durchführen.“ Auch Personalengpässe seien denkbar – vor allem wenn sich Pfleger und Ärzte selbst infizieren oder als Kontaktperson unter Quarantäne gestellt werden. Mögliche Schwachstellen sehen Experten auch bei den Arztpraxen. Professor Dieter Häussinger von der Uniklinik Düsseldorf – ein gebürtiger Nördlinger – rechnet mit einem Anstieg der Fallzahlen in Deutschland. Dann würden Patienten mit geringen oder gar keinen Symptomen nicht mehr stationär, sondern in Heimquarantäne behandelt werden müssen.

    Bundesweite Krisen wie die Ausbreitung des Coronavirus ziehen zudem regelmäßig eine Debatte über die Kompetenzen von Bund und Ländern nach sich. So kann die Bundesregierung die Staatskanzleien oft nur darum bitten, sie aber nicht anweisen, bestimmte Maßnahmen zu ergreifen, beispielsweise Großveranstaltungen zu verbieten. Zuständig sind zunächst die Behörden der Länder einschließlich der Gesundheitsämter, wie der Bayreuther Staatsrechtler Stephan Rixen erläutert. „Als Folge des Föderalismus hat der Bund in erster Linie nur koordinierende, keine operativen Aufgaben und Befugnisse.“ Den Behörden stehen dann verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, bei denen es mal darum geht, das Auftreten einer Krankheit zu verhindern, mal darum, eine Ausbreitung zu bekämpfen.

    Coronavirus: Die Schwierigkeiten wachsen mit der Zahl der Fälle

    Dann dürften umfangreiche Kontrollmaßnahmen auch auf Grundstücken oder in Verkehrsmitteln aller Art – Flugzeugen, Bussen, Bahnen – vorgenommen werden, erklärt Rixen. Veranstaltungen oder Ansammlungen dürften verboten werden. Personen könne vorgeschrieben werden, einen Ort nicht zu verlassen. Per Verordnung könne etwa geregelt werden, dass Bahnreisende nach Passieren der Grenze kontrolliert werden und bis zur Klärung eines Krankheitsverdachts nicht weiterreisen dürfen. „Immer gilt das Verhältnismäßigkeits-Prinzip“, betont Rixen. „Die Maßnahmen dürfen nicht ins Blaue hinein getroffen werden, sie müssen personell, räumlich und zeitlich bestimmt und begrenzt sein.“

    Bislang liegt nur die Absage von Massenveranstaltungen im Bereich des Möglichen. So soll der Krisenstab prüfen, ob die Ausbreitung des Virus Auswirkungen auf die am Mittwoch in Berlin beginnenden Tourismusmesse ITB haben könnte. Aber auch Seehofer spricht sich gegen jede Form von Panikmache aus.

    Staatliche Maßnahmen müssten stets unter dem Aspekt abgewogen werden, „ob uns das beim Schutz der Bevölkerung weiterbringt“, sagt der Innenminister. Dabei müssten Veranstaltungen mit internationalen Gästen aus Krisengebieten anders beurteilt werden als ein Spiel des FC Ingolstadt. Tests bei allen Menschen halte er „objektiv nicht für möglich“, sagt Seehofer.

    Wirtschaftsminister Peter Altmaier kündigte eine „Corona-Hotline“ für Unternehmen an. Sie können Hilfe bei Lieferengpässen und Umsatzrückgängen erfragen.

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