Das Robert Koch-Institut (RKI) warnt vor der Ausbreitung der gefährlichen Delta-Variante des Coronavirus. RKI-Präsident Lothar Wieler sagte am Freitag in Berlin, es sei nicht die Frage ob, Delta die führende Variante werde, sondern wann. Bislang mache die ansteckendere Virusmutante rund sechs Prozent der Corona-Infektionen aus. Allein durch ihr höheres Infektionspotenzial werde sie spätestens im Herbst dominieren.
Delta-Variante: In Großbritannien stieg die Corona-Inzidenz von 20 auf 70
Die Ausbreitung erfolge schnell und könne die bisherigen Erfolge im Kampf gegen Corona wieder infrage stellen, denn der Impfschutz könne bei den Varianten geringer ausfallen. Es sei deshalb wichtig, vorsichtig zu bleiben. Auf Mund-Nasenschutz-Masken könne zwar im Freien verzichtet werden, wenn auf ausreichend Abstand geachtet werde. In Innenräumen und in Bussen und Bahnen blieben die Masken aber weiter nötig. Ohne Vorsicht könne das Virus sehr gefährlich für Ungeimpfte und erst einmal Geimpfte werden.
Auch mit einem Anstieg der jüngeren Covid-19-Patienten sei zu rechnen, da die Älteren ja immer besser durch Impfungen geschützt seien. Wieler verwies auf das Beispiel Großbritannien, wo die 7-Tage-Inzidenz innerhalb weniger Wochen durch die Ausbreitung der hochansteckenden Delta-Variante von 20 auf 70 gestiegen war. Dabei konnte das Vereinigte Königreich durchaus gute Impffortschritte vorweisen. Geplante Lockerungsschritte wurden durch die Rückschläge aufgeschoben.
Curevac-Rückschlag vermindert das Impftempo nicht
In Deutschland sinkt die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche weiter. Aktuell beträgt der Wert 10,3. Zugleich hat inzwischen mehr als die Hälfte der Bundesbürger mindestens eine Corona-Impfung erhalten – das sind 41,5 Millionen Menschen. Laut Lothar Wieler bedeutet das aber auch, dass fast die Hälfte der Bevölkerung noch nicht ausreichend durch Impfungen geschützt ist.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warnt trotz der rückläufigen Corona-Zahlen, jetzt die Vorsicht über Bord zu werfen. „Es kann ein guter Sommer werden, es gibt Anlass zur Zuversicht, vor allem, wenn alle dabei vorsichtig bleiben“, sagte er. „Impfen, Vorsicht und Testen“ seien der Schlüssel, gerade in der anstehenden Hauptreisezeit. Was die Regeln rund um den kürzlich eingeführten europäischen Impfnachweis betrifft, gebe es noch keine EU-weite Einigung, bedauerte Spahn. Offen sei etwa, welche Impfstoffe als gleichwertig anzusehen seien. Deutschland werde nötigenfalls eigene Regeln erlassen, kündigte er an.
Der Rückschlag um den lange angekündigten Impfstoff der Firma Curevac vermindert laut Spahn das Tempo der deutschen Impfkampagne nicht. Das Tübinger Unternehmen hat mitgeteilt, dass ihr Vakzin eine Wirksamkeit von nur 47 Prozent erreicht, deutlich weniger als bei den bisher zugelassenen Impfstoffen. „Allein Biontech und Moderna reichen, um bis Ende Juli allen Erwachsenen eine Erstimpfung anzubieten, hinzu kommen noch die Präparate von Astrazeneca und Johnson & Johnson“, sagte Spahn. Das Bundesgesundheitsministerium habe auf mehrere Pferde gesetzt und Impfstoff „überbestellt“. Noch in der Entwicklung befindliche Impfstoffe wie der von Curevac hätten das Potenzial, später bei Varianten wirksamer zu sein.