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Corona-Pandemie: Merkel spricht sich gegen eine Impfpflicht aus

Corona-Pandemie

Merkel spricht sich gegen eine Impfpflicht aus

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    RKI-Präsident Lothar Wieler, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor dem Eingang zum Robert Koch-Institut.
    RKI-Präsident Lothar Wieler, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor dem Eingang zum Robert Koch-Institut. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Bundeskanzlerin Angela Merkel hat eindringlich an die Deutschen appelliert, sich gegen Corona impfen zu lassen, falls sie das nicht bereits getan haben. "Je mehr geimpft sind, umso freier können wir wieder leben", sagte die CDU-Politikerin am Dienstag nach Gesprächen im Robert Koch-Institut (RKI). Eine Impfpflicht, wie sie etwa Frankreich für bestimmte Berufsgruppen eingeführt hat, sei in der Bundesrepublik dagegen nicht geplant. Die Regierung setze auf Überzeugungsarbeit. Merkels Bitte an die Bürger: "Sprechen sie miteinander, in der Familie, am Arbeitsplatz im Fußballverein. Werben Sie für das Impfen."

    Das RKI, so Merkel, habe sich in der Pandemie als großer Segen erwiesen, nicht nur in Deutschland, sondern in der ganzen Welt. Verantwortliche aus vielen Länder hätten sich bei dem Institut, das dem Bundesgesundheitsministerium untersteht, Rat geholt. "Was von hier kommt, muss den Prüfungen standhalten", sagte Merkel, die Physikerin. Der Austausch mit den Experten des Instituts habe bestätigt, dass die Pandemie noch keineswegs vorbei sei. Die Fallzahlen seien zwar noch niedrig, doch bereits seit Tagen wieder steigend.

    Impfen wirkt: Merkel sieht veränderte Lage trotz steigender Infektionszahlen

    Ein Infizierter stecke durchschnittlich mehr als einen Mitmenschen an. Zudem sei die Wahrscheinlichkeit neuer Mutationen weiter gegeben. Dennoch sprach Merkel von einer "veränderten Lage". Weil das Impfen wirke, sei die Zahl der Fälle nicht mehr so stark verbunden mit der Zahl schwerwiegender Krankheitsverläufe und der Belegung der Intensivbetten. "Die Inzidenz bleibt wichtig", sagte Merkel, doch deren Aussagekraft schwäche sich ab.

    Aus den Gesprächen mit den RKI-Experten habe sie folgen Zahlen mitgenommen, so die Kanzlerin. Zur Bewältigung der Pandemie ohne die Gefahr überlasteter Intensivstationen sei eine Impfquote von mindestens 85 Prozent der Zwölf- bis 59-Jährigen nötig. Bei den Über-60-Jährigen müssten sogar rund 90 Prozent geimpft sein. "Von diesen Impfquoten sind wir noch weit entfernt", klagte die Kanzlerin. Deshalb sei es weiter wichtig, auf Hygiene zu achten, in bestimmten Situationen Masken zu tragen, Abstand zu halten und Räume zu lüften. Für die Ausstattung der Schulen etwa mit Luftfiltern solle es in den kommenden Wochen weitere Förderangebote geben, kündigte sie an.

    Insgesamt sieht Merkel durch die Fortschritte beim Impfen jetzt die "Möglichkeit, auch höhere Inzidenzen zu bewältigen". Die zentrale Frage bleibe aber, wie viel Menschen geimpft seien. "Wir sind aufeinander angewiesen. Niemand ist für sich allein geschützt", sagte sie. Manche Menschen meinten, auf eine Impfung verzichten zu können, weil ihre eigene Gesundheit robust sei. Andere seien unsicher, was mögliche Nebenwirkungen betreffe. An ihre Adresse sagte die Kanzlerin: "Eine Impfung schützt nicht nur Sie selbst, sondern auch andere, die Ihnen nahestehen."

    Die Bundesregierung will keine Corona-Impfpflicht einführen

    Die Absicht, den Weg einer Impfpflicht zu gehen, habe die Bundesregierung nicht. "Wir sind in der Phase, in der wir werben. Ich denke, da wird es noch viele geben, die sich impfen lassen. Und ich glaube nicht, dass wir durch eine Impfpflicht Vertrauen gewinnen."

    Angela Merkel und Jens Spahn beim Vortrag von RKI-Präsident Lothar Wieler.
    Angela Merkel und Jens Spahn beim Vortrag von RKI-Präsident Lothar Wieler. Foto: Michael Kappeler/dpa-pool/dpa

    Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte: "Wir haben es selbst in der Hand, den entscheidenden Unterschied zu machen. Das Impftempo lässt nach, jetzt geht es darum, es hoch zu halten." Jeder entscheide mit, wie sehr Ärzte und Krankenschwester im Herbst belastet seien. Ausreden gebe es nicht mehr, sowohl Impfstoff als auch Termine seien ausreichend vorhanden. Bis zum Ende des Sommers könne jedem Bürger sogar eine Zweitimpfung angeboten werden. Nach dem Motto "Gelegenheit macht Impfung" gelte es nun, diejenigen zu erreichen, die sich nicht selbst aktiv um Impftermine bemühten.

    Eine Impfpflicht sei auch aus wissenschaftlicher Sicht nicht notwendig, sagte RKI-Chef Lothar Wieler: "Wir haben in Deutschland nach unseren Erkenntnissen eine sehr hohe Impfbereitschaft von rund 80 Prozent." Nur ein kleiner einstelliger Prozentanteil der Bevölkerung wolle sich nicht impfen lassen. Nötig sei deshalb ein "aufsuchendes Impfangebot", etwa in Einkaufszentren, auf Marktplätzen und in Stadtteilzentren.

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