Die Aussetzung der Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff senden Schockwellen durch die Politik. Denn aus der Hiobsbotschaft ergeben sich äußerst bange Fragen: Wie geht es nun mit den Impfungen weiter? Was bedeutet das für den Kampf gegen die dritte Corona-Welle? Stephan Pilisinger ist Allgemeinarzt und Politiker, in Fragen der Pandemie suchen hochrangige Unionspolitiker den Rat des CSU-Bundestagsabgeordneten. Im Gespräch mit unserer Redaktion zeigt sich Pilsinger entstetzt über die Entwicklung: „Bei einer langfristigen Aussetzung der Impfungen von Astrazeneca ist das Wettrennen gegen die Dritte Welle nicht mehr zu gewinnen.“ Im Hinblick auf die Ausbreitung gefährlicher Corona-Varianten sei die Lage nun ausgesprochen ernst. Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen hält Pilsinger jedenfalls für falsch: „Wir werden an Ostern höhere Infektionswerte sehen, als an Weihnachten.“
Am Montag hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mitgeteilt, dass keine Corona-Schutzimpfungen mit dem Präparat mehr stattfinden, bis Klarheit über mögliche schwere Nebenwirkungen besteht. Das Paul-Ehrlich-Institut führt nun entspechende Untersuchungen durch. Zuvor hatten mehrere europäische Länder die Immunisierung mit dem Astrazeneca-Wirkstoff gestoppt. Grund sind Berichte über Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit einer Impfung.
Astrazeneca-Impfstopp: Regierung verschiebt Impfgipfel
Als erste Reaktion hat die die Bundesregierung bereits den für diesen Mittwoch geplanten Impfgipfel von Bund und Ländern verschoben.
Gesundheitsexperte Pilisinger ist überzeugt, dass es jetzt vor allem ums Tempo geht: „Es bedarf einer schnellen Überprüfung, ob der Impfstoff von Astrazeneca wirklich gefährliche Nebenwirkungen hat.“ Allerdings dürfe Schnelligkeit nicht auf Kosten von Gründlichkeit gehen. „Wenn das dafür zuständige Paul-Ehrlich-Institut hier Bedenken hat, ist es richtig, eine genaue Überprüfung durchzuführen.“
Astrazeneca-Stopp: Dämpfer für die Impfungen in Hausarztpraxen
Die Aussetzung des Astra-Zeneca-Impfstoffs führt nicht nur zu weiteren Engpässen bei Personen, die noch keine Impfung erhalten haben, sondern auch zu einer weiteren brisanten Frage: Was passiert jetzt eigentlich mit den Menschen, die bereits eine erste Dosis Astra-Zeneca-Impfstoff erhalten haben? Denn erst nach einer meist drei Wochen nach der ersten Dosis verabreichten zweiten Dosis gilt ein sicherer Impfschutz als erreicht. Auch darüber macht sich Pilsinger intensiv Gedanken: „Falls die Impfung von Astrazeneca aus Sicherheitsgründen längerfristig ausfällt, sollten diejenigen, die bereits eine erste Impfung damit bekommen haben, eine zweite Impfung von einem anderen Hersteller wie Biontech oder Moderna erhalten, um einen langfristigen Schutz sicherzustellen.“
Sicher ist für den Arzt zudem, dass die Hoffnungen, dass Impfungen in Hausarztpraxen nun für schnelle Erfolge sorgen werden, einen heftigen Dämpfer erhalten haben. Denn aufgrund seiner Eigenschaften sei gerade der Astrazeneca-Impfstoff, der anders als etwa der Biontech-Wirkstoff keiner speziellen Kühlung bedarf, besonders geeignet für die Verabreichung bei den Hausärzten. Er lasse sich etwa auch gut während Hausbesuchen einsetzen. Aus eigener Erfahrung wisse er, sagt Pilisnger, dass zahlreiche im Rahmen von Pilotprojekten vereinbarte Impfungen durch Hausärzte bereits wieder abgesagt werden mussten.
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