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Corona-Krise: Die Euro-Finanzminister tagen - aber nicht über Corona-Bonds

Corona-Krise

Die Euro-Finanzminister tagen - aber nicht über Corona-Bonds

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    Wie solidarisch ist Europa in der Krise? Corona-Bonds soll es zumindest vorerst nicht geben.
    Wie solidarisch ist Europa in der Krise? Corona-Bonds soll es zumindest vorerst nicht geben. Foto: Julien Warnand, dpa

    Euro- oder Corona-Bonds – das Wort ist tabu, wenn die Finanzminister der Währungsunion am heutigen Dienstag per Video zusammenkommen. Sechs Stunden hatten die Staats- und Regierungschefs in der Vorwoche versucht, sich auf Wirtschaftshilfen für die Zeit nach der Krise zu verständigen. Sie zerstritten sich über Eurobonds und schoben den Auftrag ihren Kassenwarten zu. Und die rangeln seither hinter den Kulissen, welche Instrumente genügend Schub bringen könnten, um die angeschlagenen Unternehmen in der Nach-Coronavirus-Ära wieder in Gang zu bringen.

    EZB: Ökonomischer Schaden könnte sich auf 1,2 bis 1,5 Billionen Euro belaufen

    Nach vorläufigen Berechnungen der Europäischen Zentralbank (EZB) dürfte sich der ökonomische Gesamtschaden der Pandemie auf 1,2 bis 1,5 Billionen Euro belaufen. "Wir brauchen ein klares Zeichen europäischer Solidarität in der Corona-Pandemie. Deutschland ist dazu bereit", hatten Bundesaußenminister Heiko Maas und sein Kollege aus dem Finanzministerium, Olaf Scholz (beide SPD), in einem gemeinsamen Beitrag für fünf große Zeitungen in der EU festgestellt. Nur ein Stichwort fehlte: die Bonds.

    Dabei hatte Eurogruppen-Chef Mario Centeno, im Hauptberuf portugiesischer Finanzminister, seine Kollegen noch ausdrücklich ermahnt: "Wir müssen diese neuen Schulden managen können." Deutschland, die Niederlande, Finnland sowie Österreich wehren sich aber strikt gegen die Einführung derartiger Papiere, weil dies die damit verbundene gemeinsame Haftung für die Schulden aller nach sich zieht.

    Am Wochenende steckte allerdings auch einer der wichtigsten Befürworter solcher Anleihen, der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte, zurück und ging auf die Partner und die EU-Kommission zu. Bei Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bedankte er sich für deren Vorschläge zu einem europäischen Kurzarbeitergeld und schloss sich einer Initiative des französischen Finanzministers Bruno Le Maire an. Der hatte, nachdem er zunächst für Corona-Bonds eingetreten war, eine Variante vorgelegt: Anstelle der umstrittenen Papiere könne er sich auch einen auf gemeinsamen Anleihen basierenden "Wiederaufbau-Fonds" vorstellen. Conte stimmte zu. Ein Durchbruch für die Sitzung am Dienstag?

    Ziehen Italien und Spanien ohne Corona-Bonds mit?

    Danach sieht es in der Tat aus, zumal die Unterhändler der Mitgliedstaaten einige andere Stolpersteine aus dem Weg geräumt hatten. Was nun auf dem Tisch liegt und offenbar mehrheitsfähig ist, kommt einem Puzzle aus mehreren verschiedenen Instrumenten gleich. Demnach könnte der Europäische Rettungsfonds ESM bis zu 240 seiner insgesamt verfügbaren 420 Milliarden Euro zur Verfügung stellen.

    Damit vor allem Länder wie Italien und Spanien diesen Weg akzeptierten, war eine Änderung der bisherigen Auflagen notwendig. Denn die Finanzhilfen des ESM sind eigentlich an Reformen gebunden. In den Vorverhandlungen verständigten sich die Mitgliedstaaten darauf, diese Bedingung zu kippen und nur zu verlangen, dass die Kredite ausschließlich gegen die Pandemie eingesetzt werden. Dazu käme dann noch ein Förderprogramm der Europäischen Investitionsbank (EIB) in Luxemburg, der Hausbank der EU. Sie könnte mit Krediten in Höhe von rund 200 Milliarden Euro kleinen und mittleren Unternehmen unter die Arme greifen. Weitere 100 Milliarden stammen von der Europäischen Kommission, um Kurzarbeit zu finanzieren. Und außerdem drängen die Niederlande auf einen Gesundheitsfonds, aus dem die Zusatzkosten für medizinische Hilfen bezahlt werden sollen. Er würde mit bis zu 20 Milliarden gefüllt werden. Das macht unterm Strich eine gute halbe Billion Euro, zu der das Unterstützungsprogramm der EZB (rund 750 Milliarden Euro) noch hinzukäme. Die Bonds, so heißt es aus der österreichischen Regierung, würden nicht gebraucht.

    Wiens Finanzminister Gernot Blümel hat allerdings auch für den Fall einen Vorschlag, falls jemand auf die Idee kommen würde, die Bonds eben doch aus politischen Gründen und wegen der Signalwirkung für die europäische Solidarität zu fordern: "Wir können gern Anleihen der EIB als Corona-Bonds bezeichnen oder auch die Anleihen des ESM", sagte er. "Das ist eine reine Frage der Etikettierung." Entscheidend sei, dass kein Land Gefahr laufe, für die Schulden aller haften zu müssen.

    CDU-Wirtschaftsrat spricht sich klar gegen Corona-Bonds aus

    Was auch im Sinne des einflussreichen CDU-Wirtschaftsrates ist. Nach der Bundesregierung hat der sich gegen die Einführung der umstrittenen Corona-Bonds zur finanziellen Unterstützung klammer EU-Staaten ausgesprochen. "Auch wenn sie Solidarität ausdrücken sollen, bleiben Corona-Bonds oder eine europäische Arbeitslosenversicherung vollkommen ungeeignete Instrumente, um zur wirtschafts- und finanzpolitischen Stabilität beizutragen", heißt es in einem Positionspapier, das unserer Redaktion vorliegt. Der Wirtschaftsrat schlägt stattdessen auch vor, notleidende EU-Staaten über den Rettungsschirm ESM sowie die Europäische Investitionsbank (EIB) mit frischem Geld zu versorgen.

    Der von Präsidentin Astrid Hamker und den Vizepräsidenten Hans Helmut Schetter und Friedrich Merz geleitete Wirtschaftsrat bewegt sich damit auf Linie zahlreicher Unionspolitiker, die ebenfalls gegen Corona-Bonds (Eurobonds) sind. Hintergrund ist die Befürchtung, dass Deutschland für die Schulden von Ländern wie Italien oder Griechenland in Gemeinschaftshaftung genommen wird. Auch die Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel ist gegen diese Form von Anleihen, bei denen die EU-Staaten gemeinsam Schulden machen, das Geld unter sich aufteilen und dafür gemeinsam geradestehen.

    Europäischer Zusammenhalt ist wichtig

    Europäischer Zusammenhalt sei in dieser Krise "von herausragender Bedeutung", räumt der Wirtschaftsrat ein. Es sei aber niemandem geholfen, "wenn die Corona-Krise dazu missbraucht würde, um nun ein System der Gemeinschaftshaftung zu etablieren, auf das bereits in der letzten Eurokrise von vielen hingearbeitet wurde", heißt es weiter.

    Durch Eurobonds kämen hohe Milliardenkosten auf den deutschen Steuerzahler zu. "Aber vor allem würde die wichtige Einheit von Handlung und Haftung gesprengt."

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