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Corona-Impfung: Bundesregierung will prüfen, ob Impf-Drängler bestraft werden können

Corona-Impfung

Bundesregierung will prüfen, ob Impf-Drängler bestraft werden können

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    „Es ist im Zweifel nicht ein besonders gutes Beispiel von Solidarität“, sagte Jens Spahn über die Impfstoff-Drängler.
    „Es ist im Zweifel nicht ein besonders gutes Beispiel von Solidarität“, sagte Jens Spahn über die Impfstoff-Drängler. Foto: Soeren Stache, dpa

    Während Millionen Deutsche noch Wochen oder Monate auf eine Corona-Impfung warten müssen, haben einige Einflussreiche die Abkürzung genommen. Der Augsburger Bischof, Landräte, Bürgermeister, hohe Beamte und die Ehepartner von Altenheimleitern sind schon gegen das Virus geschützt, obwohl sie nicht hochbetagt oder schwer krank sind.

    In ganz Deutschland ist die Empörung darüber groß. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will jetzt prüfen lassen, ob das Vordrängeln beim Impfen bestraft werden soll.  „Es ist im Zweifel nicht ein besonders gutes Beispiel von Solidarität“, sagte der CDU-Minister am Freitag in Berlin.

    In der Impfverordnung des Bundes sind Strafen für Vordrängeln nicht vorgesehen

    Mögliche Strafen könnten bei der  Beratung über die Verlängerung der Corona-Sonderregeln beschlossen werden, über die der Bundestag am Freitag das erste Mal debattiert hat.  Spahn will auch noch einmal mit den Bundesländern über die delikate Problematik sprechen. Diesen obliegt laut seinem Ministerium auch die Kontrolle darüber, ob die Impfreihenfolge eingehalten wird. Allerdings haben die Länder das Problem, dass in der Impfverordnung des Bundes nichts über Strafen bei Vordrängeln steht.

    In dieser Reihenfolge wird in Deutschland gegen Corona geimpft

    Die Reihenfolge der Impfungen ist in einer Verordnung des Gesundheitsministeriums festgelegt.

    Zunächst sollen Menschen an die Reihe kommen, die unter "höchste Priorität" eingestuft sind. Dazu gehören Bürgerinnen und Bürger, die älter als 80 Jahre sind, ...

    ...genauso wie Menschen, die in Pflegeheimen betreut werden oder dort arbeiten.

    Auch Pflegekräfte in ambulanten Diensten und Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen mit erhöhtem Expositionsrisiko gehören dazu. Darunter fallen: Mitarbeiter in Corona-Impfzentren, Notaufnahmen oder Intensivstationen.

    "Höchste Priorität" haben außerdem Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen, die Risikogruppen behandeln. Darunter ist zum Beispiel die Transplantationsmedizin gelistet.

    Als nächstes sollen Menschen geimpft werden, die unter "hohe Priorität" kategorisiert sind. In erster Linie sind das jene, die über 70 Jahre alt sind.

    Auch wer bestimmte Erkrankungen oder Behinderungen aufweist, fällt in diese Kategorie. Dazu gehören Trisomie 21 und Demenz. Auch wer eine Organtransplantation hatte, wird mit hoher Priorität geimpft.

    Es genügt außerdem, Kontaktperson von Menschen in Risikogruppen zu sein, um mit hoher Priorität geimpft zu werden werden. Dazu gehören enge Kontaktpersonen von Menschen über 80, von Schwangeren oder Bewohnern von Pflegeheimen. Auch Personen, die in Einrichtungen für Senioren oder für Menschen mit geistiger Behinderung leben, sollen mit hoher Priorität geimpft werden. Außerdem fallen Pflegerinnen und Pfleger, die Menschen mit Behinderung stationär oder ambulant betreuen, in diese Kategorie.

    Auch bestimmte Berufsgruppen sollen schnell an die Reihe kommen. Vor allem solche, die in der Öffentlichkeit aktiv sind und viel Kontakt zu Bürgern haben. Dazu gehören Polizisten und Ordnungskräfte, die auf Demonstrationen unterwegs sind, sowie Mitarbeiter in Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften oder Krankenhäusern.

    Als dritte Kategorie definiert das Gesundheitsministerium Menschen mit "erhöhter Priorität". Dazu gehört die Altersgruppe zwischen 60 und 70 Jahren.

    Außerdem sollen dann Menschen geimpft werden, die zwar in medizinischen Berufen arbeiten, aber einem niedrigerem Expositionsrisko ausgesetzt sind. Dazu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Laboren.

    Erhöhte Priorität haben auch Menschen mit folgenden Krankheiten: Adipositas, chronische Nierenerkrankung, chronische Lebererkrankung, Immundefizienz oder HIV-Infektion, Diabetes mellitus, diversen Herzerkrankungen, Schlaganfall, Krebs, COPD oder Asthma, Autoimmunerkrankungen und Rheuma.

    Auch bestimmte Berufsgruppen fallen in diese Kategorie. Darunter Lehrer und Erzieher, Polizisten, Regierungsmitarbeiter, Verwaltungsangestellte, Feuerwehrmänner und -frauen, Katastrophenschutz, THW oder Justiz.

    Erhöhte Priorität haben außerdem Menschen, die in kritischer Infrastruktur arbeiten. Dazu gehören Apotheken und Pharmawirtschaft, öffentliche Versorgung und Entsorgung, Ernährungswirtschaft, Transportwesen, Informationstechnik und Telekommunikation.

    Auch Personen mit prekären Arbeits- oder Lebensbedingungen werden mit erhöhter Priorität geimpft.

    Wer nicht in eine dieser drei Kategorien fällt, wird ohne Priorität geimpft. Also erst dann, wenn Menschen aus diesen Kategorien an der Reihe waren.

    Es ist zu spüren, dass der Minister bei dem Thema selbst mit sich ringt. „Manchmal denke ich mir, muss man jeden Lebensbereich durchverrechtlichen?“, fragte er rhetorisch. Denn tatsächlich kommt es häufiger dazu, dass in einem Impfzentrum am Ende eines Tages noch Serum aus angebrochenen Fäschchen übrig ist, weil beispielsweise nicht alle mit Termin erschienen sind. Wegen „der Knappheit ist fast alles besser, als wegwerfen“, sagte Spahn. Er hält es für richtig, wenn in diesem Fall Ärzte, Krankenschwestern, Pfleger, Polizisten und Feuerwehrleute das Corona-Gegenmittel erhalten, obwohl sie eigentlich noch warten müssten.  

    Mittlerweile sind laut dem Gesundheitsminister 80 Prozent der Senioren in Altenheimen gegen Corona geimpft

    Ab der kommenden Woche sollen steigende Lieferungen die Verfügbarkeit der Impfstoffe deutlich verbessern. Binnen sieben Tagen werden in den Bundesländern über zwei Millionen Impfdosen erwartet. Das ist ein deutlicher Schub. Seit Ende Dezember haben die Hersteller rund sechs Millionen Dosen geliefert. Mittlerweile sind laut dem Gesundheitsminister 80 Prozent der Senioren in Altenheimen gegen den Erreger geimpft. Der schleppende Start der Massenimpfungen hatte in der ganzen Republik für Verdruss gesorgt.  

    Der Präsident des Robert-Koch-Institutes (RKI), Lothar Wieler, warnte trotz der zurückgehenden Zahl von Neuansteckungen und dem zunehmendem Schutz durch die Immunisierung vor schnellen Lockerungen der Beschränkungen. Ihn sorgt, dass sich die ansteckenderen Mutationen des Virus schnell ausbreiten könnten, wie es in Großbritannien und Dänemark geschehen ist. „Wir gehen davon aus, dass diese Varianten zunehmen werden. Wir müssen die Ausbreitung der Varianten verhindern“, mahnte Wieler. Für ihn ist mittlerweile klar, dass das Virus auch an Schulen leichtes Spiel haben kann. „Es ist eine Abwägung. Wir müssen Schulen mit guten (Hygiene)-Konzepten öffnen“, sagte der RKI-Chef.

    Der Lockdown wird bis zum 7. März verlängert

    Am Mittwoch hatten Bund und Länder beschlossen, die Zwangspause für das öffentliche Leben  vorerst bis zum 7. März zu verlängern. Die Schüler kommen zum Teil schon eher zurück in die Klassenzimmer. Jedes Land trifft hier seine eigenen Entscheidungen. Eine Ausnahme vom Lockdown gilt für Friseure, die ab März wieder ihren Kunden die Haare schneiden dürfen. Der Besuch von Museen, Theatern und Kinos soll erst wieder ab einem Infektionsgeschehen von 35 Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche (Inzidenz) erlaubt werden.

    Spahn verteidigte den neuen Grenzwert. Bislang galt die Inzidenz von 50 als Richtschnur für die Seuchenpolitik. „Wenn die 50 überschritten ist, geht es schnell wieder hoch“, sagte Spahn. Er und Kanzlerin Angela Merkel wollen verhindern, dass sich wie im Herbst vergangenen Jahres eine neue Welle aufbaut, die einen dritten Lockdown erfordern würde.

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