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CSU-Europapolitiker im Interview: Markus Ferber: "Der Finanzmarkt ist bis 2014 unter Kontrolle"

CSU-Europapolitiker im Interview

Markus Ferber: "Der Finanzmarkt ist bis 2014 unter Kontrolle"

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    Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments, will den Finanzmarkt bis 2014 wieder unter Kontrolle bringen.
    Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments, will den Finanzmarkt bis 2014 wieder unter Kontrolle bringen. Foto: Fred Schöllhorn

    Am Montag beraten die Finanzminister der Euro-Zone. Es geht um Griechenland und Italien, möglicherweise auch um ein Hilfsangebot an Spanien. Wo steht Europa im Kampf gegen die Krise? Markus Ferber, Vorsitzender der CSU-Abgeordneten im Europäischen Parlament und Berichterstatter des Plenums für die Finanzmarkt-Reform, über Bankenaufsicht, Börsen und die Chancen für eine Finanztransaktionssteuer.

    Am Anfang der Krise hat die Politik versprochen, die Herrschaft über die Finanzmärkte zurückzugewinnen. Wie weit sind wir?

    Markus Ferber: Wir stecken mitten in der Gesetzgebung zur Neuordnung der Finanzmärkte. Die riskanten Hedgefonds wurden bereits reguliert. Toxische Papiere mit ganz besonders hohem Risiko haben wir verboten. Insofern sind wir auf einem guten Weg, das Finanzsystem bis zum Ende dieser Legislaturperiode in Europa 2014 unter Kontrolle gebracht zu haben.

    In den vergangenen Jahren wurden europaweit 4,3 Billionen Euro aus Steuermitteln aufgebracht, um Banken zu stabilisieren. Können Sie den Bürgern zusichern, dass das nie wieder passiert?

    Ferber: In diesem Punkt laufen die Arbeiten noch. Die Eigenkapitalvorschriften für Banken befinden sich mitten in den Verhandlungen. Wenn wir die Gespräche abgeschlossen haben, sind die Geldinstitute in der Lage, ihre Risiken selber zu tragen. Damit wäre der Steuerzahler bei der Gesamthaftung aus dem Schneider. Ich unterstütze Vorschläge, den Investment-Bereich vom Kundengeschäft zu trennen. Aber da muss die Kommission erst einmal brauchbare Vorschläge präsentieren.

    Bisher will die Kommission eine Bankenunion. Jetzt hat eine hochrangige Arbeitsgruppe genau diese Trennung vorgeschlagen, die Sie ansprechen. Was ist realistisch?

    Ferber: Zunächst einmal muss es darum gehen, dass Banken ihr eigenes Risiko selber tragen können. Das ist unser Hauptaugenmerk. Dazu sind eben die strengeren Eigenkapitalvorschriften notwendig. Dann brauchen wir eine deutlich effizientere Aufsicht. Wir sehen ja gerade bei den spanischen Instituten, wie wichtig es ist, dass Kontrolleure verfolgen können, ob und welche Risiken sich bei einer Bank anhäufen. Mit diesem Weg kann verhindert werden, dass eine Bank nicht zum Infektionsherd für eine ganze Branche wird. Das bedeutet natürlich auch, dass die Aufsicht über die Banken in ganz Europa nach gleichen Regeln stattfindet.

    Können diese Aufpasser verhindern, dass Institute auf ausländischen Märkten unkalkulierbare Risiken eingehen?

    Ferber: Das ist möglich, wenn wir die Aufsicht mit den entsprechenden Kompetenzen ausstatten und sie sich auf die wirklich wichtigen, systemrelevanten, grenzüberschreitenden Häuser konzentriert. Wenn sich die Kontrolleure um alle 6000 Banken in der Euro-Zone kümmern sollen, verzetteln sie sich. Das geht auf Kosten der Qualität ihrer Aufsicht.

    Sie sind im Europäischen Parlament auch für die eigentlich riskanten Tätigkeiten der Finanzier-Akteure wie Hochfrequenzhandel und Investment zuständig. Kann man diese Bereiche wirklich in den Griff bekommen?

    Ferber: Es geht uns darum, dass alles, was an Bankengeschäften praktiziert wird, in einem regulierten Umfeld stattfindet. Deswegen darf es auch zum Beispiel keine Schattenbanken geben. Und deshalb muss auch alles, was an Börsen und Handelsplätzen passiert, unter Aufsicht und Kontrolle gestellt werden. Dann sind die Risiken beherrschbar.

    Rettungsschirme, EFSF und ESM

    Griechenland-Pleite, Rettungsschirme, Eurobonds, EFSF, ESM: Beim Thema Euro-Krisen schwirren etliche Fachbegriffe herum. Lesen Sie hier in Kurzform, was Sie zum Thema Rettungsschirme wissen müssen.

    EFSF steht für Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (European Financial Stability Facility) und ist eine Aktiengesellschaft, die notleidenden Euro-Staaten helfen soll. Sollte ein EU-Land in Not geraten, kann die im Juni 2010 gegründete EFSF Anleihen bis zu 440 Milliarden Euro ausgeben. Dafür haften die Euro-Länder.

    Kritik am EFSF: Im Vertrag von Maastricht wurde eine so genannte Nichtbeistands-Klausel (No-bailout-Klausel) vereinbart, die die Haftung der Union oder einzelner Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten untersagt. Auf Druck des Nicht-Eurolandes Großbritannien wurde durchgesetzt, dass bei Krediten für Staaten, die Mitglieder der Eurozone sind, nur die übrigen Eurostaaten haften.

    Der EFSF soll bis Juni 2013 aktiv bleiben und dann abgelöst werden, nämlich vom ESM.

    ESM steht für Europäischer Stabilitäts-Mechanismus und ist der permanente Euro-Rettungsschirm. Seine wichtigsten Instrumente sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete EU-Staaten. Jedes Land, das Hilfe aus dem ESM erhält, muss im Gegenzug bestimmte wirtschaftliche Konsequenzen ziehen.

    Kritiker sagen, dass Rettungsschirme und Bürgschaften es Ländern erleichtern, Schulden zu machen. Wenn es wirklich eng wird, treten schließlich die anderen EU-Länder ein und helfen.

    Eurobonds: Darunter versteht man eine EU-Staatsanleihe. Das bedeutet, die Länder der EU würden gemeinsam Schulden aufnehmen - und auch gemeinsam für sie haften. Hinter der Idee steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von den Finanzmärkten und den Ratingagenturen höher eingeschätzt wird als die seiner einzelnen Mitgliedstaaten.

    Die Befürworter dagegen erklären, dass notleidenden EU-Staaten geholfen werden muss. sie warnen vor einem Domino-Effekt. Heißt: Wenn ein Land tatsächlich pleite geht, reißt es andere Länder mit sich.

    Müsste die Branche nicht sehr viel mehr durch Selbstkontrolle leisten?

    Ferber: Die Vergangenheit hat uns überaus klar gezeigt, dass Selbstverpflichtungen eine Illusion sind. Von ihnen ist keine stabilisierende Wirkung zu erwarten. Wir brauchen gesetzliche Vorgaben und unabhängige Überprüfungen. Und außerdem gibt es immer außereuropäische Finanzplätze, auf denen die strengen europäischen Regeln nicht gelten.

    Die Aussichten für die Einführung einer Finanztransaktionsteuer sind nicht rosig. Inzwischen ist nicht einmal sicher, ob es genügend Euro-Länder gibt, die mitmachen. Ist das nicht ein Armutszeugnis?

    Ferber: Das ist ein ganz wunder Punkt. Der Streit um diese Abgabe zeigt nämlich, dass viele Mitgliedstaaten noch nicht verstanden haben, wie dringend eine engere Zusammenarbeit Europas auch im Finanzbereich wirklich ist. Dass Deutschland und Frankreich da voranmarschieren, um ein positives Signal für andere zu setzen, ist deshalb nur zu begrüßen.

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