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CDU/CSU: Die Union ist auf der Suche nach einem neuen Taktgeber

CDU/CSU

Die Union ist auf der Suche nach einem neuen Taktgeber

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    Erhielt auf dem Deutschlandtag der Jungen Union nicht nur von JU-Chef Tilam Kuban (links) Beifall: Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus könnte CDU-Chef werden. Das gilt aber auch noch für einige andere.
    Erhielt auf dem Deutschlandtag der Jungen Union nicht nur von JU-Chef Tilam Kuban (links) Beifall: Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus könnte CDU-Chef werden. Das gilt aber auch noch für einige andere. Foto: Bernd Thissen, dpa

    Parteitage sind heutzutage ganz andere Veranstaltungen als vor zehn oder 15 Jahren. Wo früher auf der Bühne eine Plakatwand stand, sind nun riesige Displays installiert. Gäste tauchen nicht einfach so auf dem Podium auf, sondern werden zu den Klängen donnernder Musik durch den Saal geleitet. So wie beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster, der am Sonntag zu Ende ging. Das Problem: Die Musik suggeriert, dass alles im Gleichklang ist. Sie übertönt die Dissonanzen an der Basis. Beim JU-

    Die Rolle des Anheizers bei diesem Deutschlandtag, der den Neuanfang in der Union markieren sollte, wurde Friedrich Merz zuteil. Die JU-Mitglieder zählten früher mehrheitlich zu seinen Unterstützern, als er CDU-Chef werden wollte. In Münster wurde deutlich, dass sie, die zwischen 14 und 35 Jahre alt sind, unter einem Neuanfang nun doch wohl etwas anders verstehen, als von einem bald 66-Jährigen in die Zukunft geführt zu werden. Der Empfang war warm, aber wenig heißblütig.

    Die Junge Union ist eine Macht

    Die Junge Union ist mit rund 100.000 Mitgliedern eine Größe im Unions-Gefüge. Viele von ihnen verdienen ihr Geld später in der Politik. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak beispielsweise war mal JU-Chef, sein Nachfolger Tilman Kuban zog gerade in den Bundestag ein. Mehrfach forderte der Nachwuchs in den vergangenen Jahren einen Mitgliederentscheid bei wichtigen Fragen. Die Chancen stehen gut, dass sie ihn diesmal durchbekommen. Auch die Idee, einen „Unionsrat“ einzurichten, um die Arbeit von CDU und CSU besser zu koordinieren, fand in Münster viel Anklang. Bei der Kandidatensuche werden die Jungen ein Wort mitzureden haben.

    Gesundheitsminister Jens Spahn.
    Gesundheitsminister Jens Spahn. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Also auch bei der Personalie Jens Spahn. „Es war ein beschissenes Wahlergebnis und die Lage ist es auch“, sagte der 41-jährige Gesundheitsminister und musste sich nicht den Vorwurf mangelnder Authentizität gefallen lassen, wie es über manch Älteren getuschelt wurde. Spahn gab Einblicke in sein Privatleben und die Belastungen etwa durch homophobe Beleidigungen. Eine ungewohnte Offenheit, mit der er sein übliches Redespektrum aus Kampf und Angriff erweiterte. Der CDU-Vizevorsitzende zeigte deutlich seinen Willen, die Partei künftig als Vorsitzender anzuführen.

    Gute Chancen für Linnemann

    Auf dem Deutschlandtag wurde indes deutlich, dass sie dies auch Carsten Linnemann zutrauen. Der 44-Jährige ist Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) und Unions-Fraktionsvize. Linnemann bekam für eine kämpferische Rede sicherlich nicht weniger Applaus als Spahn. Der Paderborner allerdings lässt zum Bedauern vieler den unbedingten Drang zur Eroberung der Parteispitze, im Gegensatz zum Gesundheitsminister, noch nicht erkennen.

    Der vierte Nordrhein-Westfale im Bunde derer, die sich den CDU-Vorsitz zutrauen, hatte beim Deutschlandtag keine Redezeit bekommen. Norbert Röttgen nutzte die Zeit, um vor der Bühne auf sich aufmerksam zu machen, und musste sich dafür nicht sonderlich anstrengen. Der Außenpolitiker kann auf eine große Fangemeinde bauen. Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus hingegen dürfte sich fragen, ob er mit dem Deutschlandtag Unterstützer verloren hat. Der 53-Jährige aus Ostwestfalen-Lippe machte seine Sache auf dem Podium zunächst ordentlich. Die Stimmung kippte aber, als er einen kritischen Fragesteller unwirsch mit der Bemerkung zurückwies, dieser höre sich an wie ein typischer Spiegel-Journalist.

    Markus Söder hatte seinen Auftritt beim Deutschlandtag der Jungen Union abgesagt und wurde dafür als charakterlos hingestellt.
    Markus Söder hatte seinen Auftritt beim Deutschlandtag der Jungen Union abgesagt und wurde dafür als charakterlos hingestellt. Foto: Armin Weigel, dpa

    Söder ist raus

    Brinkhaus ist, er wurde kürzlich nur für ein halbes Jahr gewählt, bis Ende April 2022 Unions-Fraktionschef. Ob er es bleibt, ist auch deshalb fraglich, weil seine vier Kontrahenten diesen Job für sich beanspruchen werden, falls sie CDU-Chef werden. Nur in der Kombination aus Oppositionsführer und Parteichef lässt sich das notwendige Profil gewinnen, um 2025 Kanzlerkandidat zu werden.

    Womöglich hätte CSU-Chef Markus Söder in Münster für sich und spätere Kanzlerambitionen werben können, doch seit diesem Wochenende ist der Zug für ihn in den Augen vieler Beobachter abgefahren. Nicht nur wegen seiner kurzfristigen Absage, über die sich viele Delegierte sehr ärgerten. Die fünf Männer aus Nordrhein-Westfalen machten deutlich, dass für sie mit dem CDU-Vorsitz auch die Spitzenkandidatur verbunden ist. Für Söder ist da kein Platz.

    Kein leichter Termin für den CDU-Chef: Armin Laschet übernimmt beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster die volle Verantwortung für das Debakel seiner Partei bei der Bundestagswahl.
    Kein leichter Termin für den CDU-Chef: Armin Laschet übernimmt beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster die volle Verantwortung für das Debakel seiner Partei bei der Bundestagswahl. Foto: Marcel Kusch, dpa

    Der Anlass für all diese Spekulationen verabschiedete sich mit Anstand. Armin Laschet hat den Verzicht auf eine erneute Kandidatur zwar noch nicht eindeutig erklärt. Nach seiner Rede gab es daran aber nur wenig Zweifel. „Wir haben ein bitteres Ergebnis erzielt“, rief er in den Saal und ergänzte: „Die Verantwortung für dieses Ergebnis, die trage ich. Als Vorsitzender und als Kanzlerkandidat.“ Mit minutenlangen, stehenden Ovationen dankten es ihm die Menschen im Saal. Die Rührung, sie war Laschet deutlich anzusehen, bevor er von der Bühne abtrat.

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