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Bundestag: Haushaltsdebatte: Unmut über den neuen „Olaf Schäuble“

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Haushaltsdebatte: Unmut über den neuen „Olaf Schäuble“

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    Finanzminister Scholz wird als "Olaf Schäuble" verspottet - weil er nahtlos die Politik seines Vorgängers fortsetzt.
    Finanzminister Scholz wird als "Olaf Schäuble" verspottet - weil er nahtlos die Politik seines Vorgängers fortsetzt. Foto: Bernd von Jutrczenka (dpa)

    Ein Schreckmoment rüttelt die Bundestagsabgeordneten in der Haushaltsdebatte wach: Direkt neben Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble rutscht oben über dem Rednerpult der Schriftführer Alexander Müller vom Stuhl: Der FDP-Abgeordnete erleidet einen Schwächeanfall. Mehrere Kollegen, darunter der SPD-Gesundheitspolitiker und Arzt Karl Lauterbach, eilen dem am Boden liegenden hessischen Abgeordneten zu Hilfe. Wenige Minuten später kann Müller auf eigenen Beinen den Saal verlassen. „Es geht ihm wieder gut“, heißt es später aus der FDP.

    Finanzminister Olaf Scholz und der Rekordausgaben-Etat

    Die Haushaltswoche gilt als besonders anstrengend im Bundestag. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz macht es den Abgeordneten vor dem kleinen Zwischenfall nicht leicht: Besonders hanseatisch seriös, man kann auch sagen betont spröde, liest der frühere Hamburger Bürgermeister seine Rede über den Rekordausgaben-Etat der Großen Koalition vom Blatt – obwohl der SPD-Vizekanzler in der Koalition und besonders in der eigenen Partei unter großem Druck steht.

    Auch die eigenen Genossen verspotten Scholz insgeheim als „rote Null“ oder „Olaf Schäuble“, weil der SPD-Mann betont nahtlos die Politik seines CDU-Vorgängers Schäuble mit dem Dogma der „schwarzen Null“ fortsetzt: Das heißt, für den Bundeshaushalt sollen unter dem Strich keinen neuen zusätzlichen Schulden aufgenommen werden. Denn die gesamte Staatsverschuldung beträgt knapp zwei Billionen Euro – immerhin läuft die Schuldenuhr seit Beginn dieses Jahres rückwärts, da mehrere Bundesländer anders als der Bund ihre Schulden tatsächlich abbauen.

    Scholz’ neuer Etat steigt um zwölf auf 341 Milliarden Euro. Der größte Einzelposten ist der Zuschuss des Bundes an die Gesetzliche Rentenversicherung, der mit 94 Milliarden weit über ein Viertel der gesamten Bundesausgaben ausmacht und noch in dieser Legislaturperiode über die Marke von 100 Milliarden Euro steigen wird.

    Bund will 37 Milliarden Euro investieren

    Dagegen mutet die Summe aller Investitionen des Bundes mit 37 Milliarden Euro fast bescheiden an, obwohl sie um drei Milliarden Euro gestiegen ist: Davon sollen gut 14 Milliarden in den Erhalt und Bau von Straßen und andere Verkehrsprojekte fließen. Für den Breitbandausbau zur Internetversorgung stehen bis 2021 rund 4,4 Milliarden Euro zur Verfügung, insbesondere um ländliche Gebiete zu versorgen, die privatwirtschaftliche Unternehmen lieber brachliegen lassen.

    Viele auch in der SPD fordern von Scholz höhere Investitionen in Infrastruktur und Zukunftsfelder und stellen dabei die „schwarze Null“ infrage. Der Vizekanzler weist die These zurück, dass Investitionen wichtiger seien als ein solider Haushalt: „Beides geht: mehr Investitionen ohne neue Schulden.“ Der FDP-Finanzexperte Otto Fricke erwidert dem Finanzminister, er habe noch nie eine so leidenschaftslose Einbringung eines Haushalts erlebt. „Die Linie heißt: Weiter so.“ Scholz schütte Milliarden per Gießkannenprinzip aus, statt mit Einsparungen Mittel in nötige Investitionen umzulenken oder die Bürger spürbar zu entlasten.

    „GroKo steht für große Kosten“, kritisiert der AfD-Haushaltspolitiker Peter Boehringer, und der Grünen-Politiker Sven Christian Kindler klagt: „Das ist ein Haushalt ohne Zukunft.“ Es gebe keine Impulse für eine engagierte Klima- und Friedenspolitik, für mehr Europa. Er frage sich, welche Partei stelle eigentlich gerade den Finanzminister: „SPD oder CDU?“, legt der Grüne den Finger in die Wunde, die viele Sozialdemokraten angesichts miserabler Umfragewerte von bundesweit 17 Prozent schmerzt.

    Nicht nur die Opposition ist unzufrieden mit Olaf Scholz

    Doch auch in der Union sind zumindest zwei mit „Olaf Schäuble“ unzufrieden. CDU-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller pochen auf mehr Geld ab 2019 – angesichts der Krisen vor der Haustür und zur Bekämpfung von Fluchtursachen. (mit dpa)

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