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Analyse: Wie grün wird Österreichs Regierung wirklich?

Analyse

Wie grün wird Österreichs Regierung wirklich?

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    Auf dem Weg zur Macht: Grünen-Chef Werner Kogler (links), Finanzminister Gernot Blümel (Zweiter von links) und ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz.
    Auf dem Weg zur Macht: Grünen-Chef Werner Kogler (links), Finanzminister Gernot Blümel (Zweiter von links) und ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz. Foto: Schlager, dpa

    Als Joschka Fischer 1985 in weißen Turnschuhen zu seiner Vereidigung als Umweltminister in Hessen kam, galt das als Protestsymbol. Heute stehen die Turnschuhe im Museum. Österreichs erster grüner Vizekanzler Werner Kogler erschien ohne Krawatte zum Amtseid. Die Fernsehkommentatoren wiesen immer wieder auf diesen kleinen Regelverstoß hin. Doch das ist nicht die einzige Parallele zu Deutschland. Auch die „Koch und Kellner“-Beziehung, die Gerhard Schröder in der ersten rot-grünen Koalition auf Bundesebene proklamierte, wird gern strapaziert.

    Die Grünen seien wie „gehackte Petersilie“ zum Drüberstreuen über die konservative Politik der ÖVP, meinen Beobachter. Andere vergleichen sie mit Kümmel oder Knoblauch, deren Aroma das gesamte Gericht durchzieht. Die Machtverhältnisse in der neuen österreichischen Regierung, die am Dienstag vereidigt wurde, sind klar: 37,5 Prozent zu vierzehn Prozent der Wählerstimmen, das heißt, fast ein Verhältnis von drei zu eins. Elf zu vier Ministerposten ermöglichen keine ausgewogenen Verhältnisse. So sind die Grünen zwangsläufig zweite Sieger im Machtpoker um Österreichs künftige

    Kanzler Kurz will eisern am Sparkurs festhalten 

    Auch deshalb, weil viele Weichen noch nicht gestellt sind und weiter verhandelt werden muss. Kurz und seine eher ideologieferne konservative Bewegung wollen den Standort Österreich stärken. Kurz hat bei der Präsentation des Regierungsprogramms mehrfach betont, es bleibe trotz einer Senkung der Steuer- und Abgabenquote Richtung 40 Prozent beim Nulldefizit im Staatshaushalt. Außerdem sollen die Staatsschulden unter die von der EU vorgegebene 60-Prozent-Grenze der Wirtschaftsleistung gesenkt werden. Grünen-Chef Kogler erklärt, das Bekenntnis zu einem „ausgewogenen“ Bundeshaushalt werde „von den konjunkturellen Erfordernissen“ abhängig gemacht. Bei einem Abschwung hat die Regierung laut Programm einen zeitlich begrenzten Spielraum, um einer Rezession zu begegnen.

    Noch nicht geklärt ist, wie die Steuersenkung finanziert werden soll

    Am kritischsten betrachten Wirtschaftsexperten die Frage der Gegenfinanzierung der geplanten Steuersenkungen, Investitionen, der Reform des öffentlichen Personenverkehrs und der Pendlerpauschale sowie der Vorhaben zum Klimaschutz. Der Chef des Wiener Wirtschaftsinstituts IHS, Martin Kocher, erklärte, er vermisse Hinweise, wie die Senkung der Einkommen- und Körperschaftsteuer sowie die Abschaffung der Schaumweinsteuer und die Anhebung von Agrarsubventionen gestemmt werden sollen. Der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitutes Wifo, Christoph Badelt, sagte, das Nulldefizit „kann sich nicht ausgehen“, selbst wenn man von einem Programm über fünf Jahre ausgehe. Die gewerkschaftsnahe Ökonomin Margit Schratzenstaller meinte, im Staatshaushalt werde „ein Milliardenloch“ aufgerissen.

    Dabei stehen die Modelle für eine ökologische Steuerreform und die CO2-Bepreisung noch nicht fest. Lediglich die Senkung der Kapitalertragsteuer für ökologische und ethische Investitionen sind beschlossen. Sie sollen Österreich als Standort für ökologische Technologien positionieren. Das meiste andere muss noch am Rande des Tagesgeschäftes ausgehandelt werden. Die Grünen stoßen dabei im Finanzministerium mit Gernot Blümel auf einen harten Gegner. Der studierte Philosoph war bisher Kanzleramtsminister und ist ein langjähriger Vertrauter von Kurz.

    Die Wahlen in Wien sind das nächste Ziel der ÖVP

    Doch auf dem Ministerstuhl wird er nicht lange bleiben; denn 2020 tritt er als Bürgermeisterkandidat der ÖVP im rot-grün regierten Wien an. Die

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