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Analyse: Merz will Asylrecht einschränken – oder doch nicht?

Analyse

Merz will Asylrecht einschränken – oder doch nicht?

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    Friedrich Merz will Bundesvorsitzender der CDU werden.
    Friedrich Merz will Bundesvorsitzender der CDU werden. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Wie halte ich es mit der Flüchtlingspolitik? Der Kampf um den Vorsitz der CDU entwickelt sich zum Streit um das Reizthema Migration. Kandidat Friedrich Merz sorgte für Aufsehen mit seiner These, dass man das Recht auf Asyl in Deutschland überdenken sollte.

    Merz hatte gesagt, dass Deutschland das einzige Land der Welt sei, das ein Individualrecht auf Asyl in der Verfassung stehen habe. Er sei seit langem der Meinung, dass offen darüber geredet werden müsse, ob dieses

    Doch aus juristischer Sicht begibt er sich damit offensichtlich auf dünnes Eis. Bei der CDU-Regionalkonferenz im thüringischen Seebach hatte Merz Zweifel geäußert, ob das im Grundgesetz festgeschriebene Individualrecht auf Asyl „in dieser Form fortbestehen“ könne. Doch Merz, offensichtlich überrascht von der Wucht der Kritik an seinen Äußerungen, war bemüht, die Wogen zu glätten. „Ich stelle das Grundrecht auf Asyl selbstverständlich nicht infrage, weil wir Politik aus christlicher Verantwortung und vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte machen“, teilte er mit. Er sei sich natürlich sicher, dass „die Themen Einwanderung, Migration und Asyl nur in einem europäischen Kontext“ zu lösen seien.

    Spahn und Kramp-Karrenbauer grenzen sich von Merz ab

    Der Experte für Verfassungs- und Völkerrecht, Lukas Mitsch, wertet den Vorstoß von Merz im Gespräch mit unserer Redaktion dennoch kritisch: „Der Vorschlag von Merz würde letztendlich nichts ändern, weil das EU-Recht weiterhin Bestand haben würde und dieses eine individuelle Prüfung von Asylanträgen vorsieht.“ Und: „Man darf auch nicht vergessen, dass das Asylgrundrecht bereits 1993 bis zur Unkenntlichkeit eingeschränkt worden ist und heute daher kaum noch praktische Relevanz besitzt.“

    Die Kritik aus der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen kam postwendend: Seine Konkurrenten im Kampf um den CDU-Vorsitz, Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer und Gesundheitsminister Jens Spahn, grenzten sich ab. „AKK“ warnte auf bild.de davor, leichtfertig am Grundgesetz herumzuschrauben. „Die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl oder eine Einschränkung in einer Art und Weise, dass es de facto dieses Grundrecht so nicht mehr gibt (...) halte ich mit dem Wesenskern der CDU und im Übrigen auch mit dem Erbe etwa von Helmut Kohl für nicht vereinbar.“ Spahn betonte: „Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte ist vor dem Hintergrund zweier Weltkriege, von großem Leid und Vertreibungen eine große Errungenschaft unseres Grundgesetzes.“ Er sagte aber auch: „Um Akzeptanz für dieses wichtige Grundrecht zu erhalten, müssen wir zuallererst unsere EU-Außengrenze wirksam schützen und unsere Asylverfahren beschleunigen.“

    Behauptung von Friedrich Merz sei irreführend

    Unter Fachleuten sorgte indessen die These, dass das individuelle Asylrecht in Deutschland singulär sei, für Kopfschütteln. Schließlich steht das Recht auf Asyl unter anderem in Frankreich in der Verfassung. Dem Rechtswissenschaftler Steve Meili von der Universität im US-amerikanischen Minnesota zufolge ist das allein innerhalb der EU in zwölf Staaten der Fall. Auch die Behauptung von Merz, dass „das Individualgrundrecht auf Asyl sich an alle Menschen auf der Welt richte, die nach Deutschland kommen wollen und einen Asylgrund vortragen“, ist zumindest irreführend. Denn Asylanträge kann man nicht irgendwo auf der Welt stellen, man muss es erst einmal nach Deutschland schaffen. Es gibt sogar ganz explizit Länder, deren Bürger kein Asyl beantragen können. Das sind alle EU-Staaten sowie Norwegen und die Schweiz, weil diese Länder die Genfer Flüchtlingskonvention umsetzen. (mit dpa)

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