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Abstimmung: Bundestag gibt grünes Licht für stärkeren Euro-Rettungsschirm

Abstimmung

Bundestag gibt grünes Licht für stärkeren Euro-Rettungsschirm

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    Der Bundestag hat der Erweiterung des Euro-Rettungsschirms mit großer Mehrheit zugestimmt.
    Der Bundestag hat der Erweiterung des Euro-Rettungsschirms mit großer Mehrheit zugestimmt. Foto: dpa

    Der Bundestag hat sein Einverständnis zu einer möglichen Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF gegeben. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte am Mittwoch für einen gemeinsamen Antrag von Union, FDP, SPD und Grünen, der den Hebel-Mechanismus grundsätzlich freigibt. Das Parlament gab Kanzlerin Angela Merkel damit ein Verhandlungsmandat für den EU-Gipfel am Abend in Brüssel. Merkel wertete die Ausweitung der EFSF-Kapazität in ihrer Regierungserklärung als alternativlos. Die Opposition warf Schwarz-Gelb einen chaotischen Kurs in der Euro-Politik vor.

    Für den fraktionsübergreifenden Antrag stimmten 503 von 596 anwesenden Abgeordneten. 89 Parlamentarierer votierten dagegen, vier enthielten sich.

    Eine Art "Teilkaskoversicherung"

    Beschlossen ist die Hebelung des EFSF noch nicht. Auf dem EU-Gipfel am Mittwochabend in Brüssel sollten verschiedene Modelle diskutiert werden. Möglich ist etwa eine Versicherungslösung, bei der neu ausgegebene Staatsanleihen zu einem bestimmten Prozentsatz mit einer Art "Teilkaskoversicherung" abgesichert werden. Eine andere Variante ist die Gründung einer Zweckgesellschaft, über die zusätzliche Kredite aufgenommen werden könnten. Sobald klar ist, welches Modell gewählt wird, soll sich der Bundestag erneut damit befassen.

    Merkel sagte, das Risiko einer Ausweitung des Rettungsschirms sei vertretbar. Dagegen wäre es unvertretbar und unverantwortlich, dieses Risiko nicht einzugehen. Eine bessere und vernünftigere Alternative als die Ausweitung gebe es nicht.

    EZB-Beteiligung vom Tisch

    Ausgeschlossen sei ein "Anzapfen" der Europäischen Zentralbank (EZB), betonte die Kanzlerin. Alle Modelle, die eine EZB-Beteiligung voraussetzten, seien vom Tisch und nicht Gegenstand der Beratungen in Brüssel. Frankreich hatte eine solche Bankenlösung vorgeschlagen, Merkel hatte sich aber dagegen gestemmt.

    Rettungsschirme, EFSF und ESM

    Griechenland-Pleite, Rettungsschirme, Eurobonds, EFSF, ESM: Beim Thema Euro-Krisen schwirren etliche Fachbegriffe herum. Lesen Sie hier in Kurzform, was Sie zum Thema Rettungsschirme wissen müssen.

    EFSF steht für Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (European Financial Stability Facility) und ist eine Aktiengesellschaft, die notleidenden Euro-Staaten helfen soll. Sollte ein EU-Land in Not geraten, kann die im Juni 2010 gegründete EFSF Anleihen bis zu 440 Milliarden Euro ausgeben. Dafür haften die Euro-Länder.

    Kritik am EFSF: Im Vertrag von Maastricht wurde eine so genannte Nichtbeistands-Klausel (No-bailout-Klausel) vereinbart, die die Haftung der Union oder einzelner Mitgliedstaaten für die Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten untersagt. Auf Druck des Nicht-Eurolandes Großbritannien wurde durchgesetzt, dass bei Krediten für Staaten, die Mitglieder der Eurozone sind, nur die übrigen Eurostaaten haften.

    Der EFSF soll bis Juni 2013 aktiv bleiben und dann abgelöst werden, nämlich vom ESM.

    ESM steht für Europäischer Stabilitäts-Mechanismus und ist der permanente Euro-Rettungsschirm. Seine wichtigsten Instrumente sind Notkredite und Bürgschaften für überschuldete EU-Staaten. Jedes Land, das Hilfe aus dem ESM erhält, muss im Gegenzug bestimmte wirtschaftliche Konsequenzen ziehen.

    Kritiker sagen, dass Rettungsschirme und Bürgschaften es Ländern erleichtern, Schulden zu machen. Wenn es wirklich eng wird, treten schließlich die anderen EU-Länder ein und helfen.

    Eurobonds: Darunter versteht man eine EU-Staatsanleihe. Das bedeutet, die Länder der EU würden gemeinsam Schulden aufnehmen - und auch gemeinsam für sie haften. Hinter der Idee steht die Hoffnung, dass die Kreditwürdigkeit der Eurozone als Ganzes von den Finanzmärkten und den Ratingagenturen höher eingeschätzt wird als die seiner einzelnen Mitgliedstaaten.

    Die Befürworter dagegen erklären, dass notleidenden EU-Staaten geholfen werden muss. sie warnen vor einem Domino-Effekt. Heißt: Wenn ein Land tatsächlich pleite geht, reißt es andere Länder mit sich.

    Die CDU-Chefin sprach im Bundestag von einer historischen Verpflichtung, die Errungenschaften Europas zu verteidigen und zu schützen. "Scheitert der Euro, dann scheitert Europa - und das darf nicht passieren." Merkel forderte, noch in diesem Jahr eine Änderung der EU-Verträge einzuleiten. Erste Vorschläge sollten bereits im Dezember vorgelegt werden.

    Auch FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle machte sich für Vertragsänderungen stark. Er forderte zudem einen Schuldenschnitt für Griechenland. Dieser sei "ein Gebot der Fairness und der sozialen Marktwirtschaft".

    Steinmeier: "Nicht offen und ehrlich"

    Die Opposition warf der Regierung vor, sie habe in der Euro-Frage keinerlei Linie und verheimliche wichtige Informationen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, Merkels Mannschaft gehe "nicht offen und ehrlich" mit dem Parlament um. Er verwies auf die Plenardebatte über den Euro-Rettungsschirm EFSF Ende September.

    Damals habe die Regierung dementiert, dass eine Hebelung des Schirms geplant sei. Da die Ausweitung des EFSF nun doch kommen werde, sei das "unverschämt" gewesen.

    Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hielt der Regierung eine Verschleierungstaktik vor. Es gehe nicht, die Menschen darüber im Unklaren zu lassen, mit welchen Risiken die Hebelung des EFSF verbunden sei. Die Haftungsobergrenze für Deutschland bleibe zwar gleich, doch das finanzielle Risiko wachse. Die Hebelung sei trotz der Risiken notwendig. Doch die Regierung müsse erklären, warum.

    Gysi: "Arroganz der Macht"

    Linksfraktionschef Gregor Gysi attackierte sowohl die schwarz-gelbe Koalition als auch seine Oppositionskollegen. Die Euro-Politik der Bundesregierung bezeichnete er als chaotisch. "Sie sagen jede Woche etwas Neues zu dieser Krise", sagte Gysi an die Adresse der Regierung. Er warf Schwarz-Gelb außerdem eine "Arroganz der Macht" vor. Eine Abstimmung über die EFSF-Ausweitung im Plenum des Bundestags sei nur dem Druck der Opposition zu verdanken.

    Gysi kritisierte aber auch, dass SPD und Grüne einen gemeinsamen Antrag mit Union und FDP vorgelegt hätten. Die beiden Oppositionsfraktionen machten "fast alles" mit, was Union und (dapd)

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