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75 Jahre Grundgesetz: Staatsakt in Berlin: Ein guter Tag, um glücklich zu sein

75 Jahre Grundgesetz

Staatsakt in Berlin: Ein guter Tag, um glücklich zu sein

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    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier während seiner Rede beim Staatsakt zu "75 Jahre Grundgesetz".
    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier während seiner Rede beim Staatsakt zu "75 Jahre Grundgesetz". Foto: Michael Kappeler, dpa

    Es war für die Gäste nicht so ganz klar, ob zum Staatsakt anlässlich des 75. Jahrestages der Grundgesetz-Verkündung wie geplant das Protokoll oder am Ende doch die Natur Regie führte: Zu Beginn der Veranstaltung schwebten Fallschirmspringer vom Himmel, die Schirme waren in den Farben Europas und Deutschlands gehalten – Europa landete zuerst, Deutschland wurde Zweiter. Es wehte zu diesem Zeitpunkt ein ordentlicher Wind in der Hauptstadt, womöglich brachte der den Ablauf ein wenig durcheinander. Zum Schluss setzte auch der Grundgesetz-Schirm sanft auf einer Wiese zwischen Spree und Reichstagsgebäude auf, in dessen Schatten sich 1100 Gäste aus Politik und Gesellschaft eingefunden hatten. 

    Feier anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Grundgesetzes

    Für die Feierlichkeiten war in den letzten Tagen unter freiem Himmel eine Plastikzeltstadt aufgebaut worden. Weiß-blaue Dixi-Toiletten konkurrierten zum Festakt mit dem Blau der Europaflagge und dem schwarz-rot-goldenen Kopfschmuck der Dragqueen Olivia Jones. Vielfalt sollte demonstriert werden, junge Leute waren eingeladen, neben ihnen Altkanzlerin Angela Merkel und Vertreterinnen der Regierung mit Kanzler Olaf Scholz an der Spitze. 

    Es war das Abbild der Gesellschaft, das Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zeichnete: „Eine starke Gesellschaft, die um den Wert der Freiheit weiß, die bereit ist, Bedrohungen der Freiheit entgegenzutreten, und die Zusammenhalt beweist.“ Ein Zusammenhalt, so das Staatsoberhaupt, der auch Diskussionen aushalten müsse, Streit womöglich, bei Themen etwa wie den „Formen des Wehrdienstes und anderer Dienste für unser Gemeinwesen“.

    Stress für die Demokratie

    Dabei werde es „in den nächsten Jahren nicht weniger Streit“ geben, meinte Steinmeier, sondern eher mehr. „Der Kampf um finanzielle Ressourcen wird härter werden, und damit auch um das, was uns wichtig ist.“ Die Demokratie aber müsse stark sein, dies besonders deshalb, weil sie selbst unter Druck gerate. „Gerade jetzt erstarken auch bei uns Kräfte, die sie schwächen und aushöhlen wollen, die ihre Institutionen verachten und ihre Repräsentanten beschimpfen und verunglimpfen“, sagte der Bundespräsident und mahnte: „Ja, unsere Demokratie ist geglückt. Auf ewig garantiert aber ist sie nicht.“ Geschützt werde sie nicht von anderen. „Schützen können wir sie nur selbst.“

    Das Grundgesetz garantiere Freiheit und es erwarte Verantwortung, sagte Steinmeier. „Das ist das Verständnis, das den Verfassungstext durchzieht. Das Grundgesetz schafft ein stabiles Gebäude, in dem die Menschen sich zunehmend zu Hause und aufgehoben fühlen konnten, in dem die Gesellschaft sich entwickeln und erneuern konnte.“ Es sei das Modell für das friedliche Zusammenleben in einer Gesellschaft der Verschiedenen. „Geschichtsbewusst, ja, aber zukunftsoffen ganz genau so.“

    Auf dem Boden des Grundgesetzes

    Es dauert ein wenig, bis sich nach Innenministerin Nancy Faeser (SPD) auch alle anderen Gäste von ihren Plätzen erhoben, um Steinmeier im Stehen zu seiner gut halbstündigen Rede zu applaudieren. Es folgte eine musikalische Zeitreise mit den Schauspielerinnen Katharina Thalbach und Andreja Schneider sowie Christoph Israel am Klavier, ein Videofilm mit Stimmen aus der Bevölkerung, schließlich das von Entertainer Max Raabe und den Berliner Philharmonikern munter vorgetragene „Guten Tag, liebes Glück“. 

    „Heute ist ein guter Tag, um glücklich zu sein“, singt Raabe in diesem von ihm komponierten Lied, dessen Zartheit gut zur abschließenden Nationalhymne passte. Es war das wohl beste Motto für diesen Staatsakt, der bei aller wohl unvermeidlichen Pathetik den Boden der Tatsachen nicht verließ. 

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