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USA: Durch das TV-Duell wachsen die Zweifel an Joe Biden

US-Wahlkampf

Die Zweifel an Joe Biden wachsen

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    US-Präsident Joe Biden legte in der TV-Präsidentschaftsdebatte einen wackligen Auftritt hin.
    US-Präsident Joe Biden legte in der TV-Präsidentschaftsdebatte einen wackligen Auftritt hin. Foto: Gerald Herbert, dpa

    Eigentlich sollte es sein Befreiungsschlag in einem schwierigen Wahlkampf sein, doch für US-Präsident Joe Biden und seine demokratische Partei wurde das erste TV-Duell gegen Donald Trump zum Debakel. Vor allem die Begleiterscheinungen seines Alters gerieten für den 81-Jährigen zur politischen Bürde: Bidens Stimme war brüchig, er kämpfte mit seiner Konzentration und wirkte über weite Strecken überfordert. Die Nervosität bei den Demokraten steigt, selbst aus Deutschland legten Politiker Biden den Rückzug nah. „Es wird Diskussionen darüber geben, ob er weitermachen wird“, sagte David Axelrod, Chefstratege von Bidens früherem Chef, Ex-Präsident Barack Obama. Andere sprechen von blanker Panik in der Partei.

    „Für die Demokraten ist der GAU eingetreten“, sagt Thomas Jäger. Auch der Politologe der Universität Köln glaubt, dass Biden der ohnehin schwelenden Debatte um sein Alter mit seinem Auftritt so viel Schwung gegeben habe, dass nun über eine Auswechslung des Kandidaten nachgedacht werden müsse. Doch die Demokraten haben ein Problem: „Es drängt sich niemand auf, auf den alles hinauslaufen würde“, sagt Jäger. „Deshalb würde ein neuer Kandidat als Notlösung mit schwerer Hypothek starten.“

    Kamala Harris kann es nicht, Michelle Obama will nicht

    Nur zwei Personen kämen aktuell infrage: Kamala Harris sollte als Vizepräsidentin ohnehin in die Rolle hineinwachsen, sie galt einst als Hoffnungsträgerin. Immer wieder gehandelt wird auch Michelle Obama, die frühere First Lady kann mit Bekanntheit und Sympathie punkten. „Harris traut man es nicht zu, sonst wäre sie ja die Kandidatin geworden, so wie das vor vier Jahren mal angedacht war“, sagt der Experte. „Und Obama will nicht.“ Die Demokraten würden in einem Dilemma stecken, das sie hätten kommen sehen. Ihnen bleibe nur noch die Möglichkeit, zu versuchen, den Eindruck, den Biden hinterließ, wieder einzufangen. „Das war auch ein wichtiger Grund dafür, dass die Demokraten eine so frühe Debatte wollten: Sie haben damit gerechnet“, sagt Jäger. Ohnehin müsste Biden für einen Kandidatenwechsel aus freien Stücken aussteigen, denn er hat formal die Vorwahlen seiner Partei gewonnen, und an deren Ergebnisse sind die Delegierten beim Parteitag grundsätzlich gebunden. 

    Für Sorgenfalten sorgt Bidens verpatzter Auftritt auch in Deutschland und Europa. Seit Monaten treibt die Politik die Sorge vor einer zweiten Präsidentschaft Donald Trumps um. Der hatte schon in seiner ersten Amtszeit für massive Verwerfungen zwischen den USA und den Verbündeten gesorgt. Unter anderem ging es um die Frage der Sicherheit. Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn, ruft die Regierung vor diesem Hintergrund auf, ernst zu machen bei der Ertüchtigung der Bundeswehr. „Mit der Debatte ist die Wahl von Donald Trump nicht unwahrscheinlicher geworden“, sagt Hahn unserer Redaktion. „Für Deutschland bedeutet das vor allem, dass die viel zitierte Zeitenwende und die zunehmende sicherheitspolitische Verantwortungsübernahme endlich ein Schwerpunktprojekt der Ampel-Regierung werden muss und nicht nur ein Lippenbekenntnis bleiben darf.“ Das müsse sich in der anstehenden Vorlage des Haushaltsentwurfs für 2025 widerspiegeln. „In wenigen Tagen werden sich Verteidigungsminister Pistorius, Finanzminister Lindner und Kanzler Scholz erklären müssen“, betont Hahn. 

    Gabriel: Biden konnte Bedenken wegen seines Alters nicht ausräumen

    Einer, der Biden seit Jahren kennt, ist der frühere SPD-Außenminister und heutige Chef der Atlantik-Brücke, Sigmar Gabriel. „Es war immer klar, dass dieses TV-Duell nur für Biden Risiken in sich tragen würde“, sagt er unserer Redaktion. Von Trump habe niemand erwartet, dass er sich anders verhält als sonst auch. „Niemand erwartete einen Staatsmann“, sagt er. „Biden hätte nur gewinnen können, wenn ihm keinerlei Fehler unterlaufen wären.“ Das wäre der sichtbare Gegenbeweis gegen die Sorgen um seine altersbedingten Schwächen gewesen. „Das ist erkennbar nicht gelungen.“

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