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So wird Sahra Wagenknecht zum Joker für Merz-Kanzlerkandidatur

Kommentar

Sahra Wagenknecht wird zum unerwarteten Joker für Friedrich Merz

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    Auf Kurs nach oben? CDU-Chef Friedrich Merz als Co-Pilot im Eurofighter.
    Auf Kurs nach oben? CDU-Chef Friedrich Merz als Co-Pilot im Eurofighter. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen gelten vielen als Schicksalswahlen, weil sie mit großem Bangen ein Abschneiden der AfD als stärkste Partei fürchten. SPD, Grüne und Linke halten sich selbst für das größte Bollwerk gegen Rechtsradikalismus, der heute im blauen Gewand der Björn-Höcke-Partei daherkommt. Aktuelle Umfragen und Ergebnisse der Europawahlen deuten aber klar darauf hin, dass in Wahrheit die Wählerinnen und Wähler das machtvollere Bollwerk in der Union und der neuen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht sehen. SPD, Grüne und Linke rangieren in Thüringen und Sachsen dagegen abgeschlagen im einstelligen Bereich.

    Das BSW bietet der CDU unerwartet neue Machtoptionen

    Durch den BSW-Erfolg bei der Europawahl und in Umfragen werden nach Wagenknechts Spaltung der Linken die Karten in der Politik neu gemischt. Für die Christdemokraten ergeben sich überraschend und unerwartet neue Machtoptionen, mit denen sich die Partei erst anfreunden muss. Allen voran CDU-Chef Friedrich Merz, der am Europawahlabend Wagenknecht brachial vorwarf, sowohl rechtsextremistische als auch linksextremistische Positionen zu vertreten.

    Auf Kurs nach oben? CDU-Chef Friedrich Merz als Co-Pilot im Eurofighter.
    Auf Kurs nach oben? CDU-Chef Friedrich Merz als Co-Pilot im Eurofighter. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Selbst in der Union waren viele von Merz impulsiver Breitseite irritiert. In der West-CDU stimmten später viele zu, als BSW an der Seite der AfD im Bundestag entgegen aller demokratischen Gepflogenheiten die Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj boykottierten. Im Osten aber sehen CDU-Verantwortliche die Wagenknecht-Partei als unerwartete Chance, aus einem vielschichtigen Dilemma herauszukommen. 

    Die SPD hat der Union die Lösung bereits vorgemacht

    Plötzlich scheinen für die CDU mit einer starken BSW als Partner stabile Parlamentsmehrheiten und sogar Zweier-Koalitionen trotz hoher AfD-Ergebnisse möglich. Mehr noch geht der von politischen Gegnern und Medien befeuerten Brandmauer-Diskussion der Brennstoff aus, die der Thüringer CDU insgeheim Bündnisabsichten mit der AfD unterstellt.

    Sahra Wagenknecht und ihre neue BSW-Partei könnten schnell im Osten mit der CDU regieren.
    Sahra Wagenknecht und ihre neue BSW-Partei könnten schnell im Osten mit der CDU regieren. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Die Ost-CDU steuert deshalb im Umgang mit dem BSW einen ähnlich pragmatischen Kurs an, wie ihn die Sozialdemokraten bei PDS und Linkspartei vormachten: Im Bund ist eine Koalition wegen unüberbrückbarer außenpolitischer Unterschiede ausgeschlossen, auf Landesebene die Zusammenarbeit möglich, wenn die Inhalte passen.

    Merz tat Wagenknecht mit seiner Kritik einen Gefallen

    Selbst den harschen Worten von Merz wäre mit diesem Modell genüge getan. Der CDU-Chef tat Wagenknecht im Grunde einen großen Gefallen. Polarisierung und Abgrenzung im Bund helfen dem BSW als Protestpartei mehr, als von vorn herein in die Nähe der etablierten Parteien gerückt zu werden. Im Gegenzug wäre Wagenknecht Merz als Joker extrem hilfreich: CDU-BSW-Bündnisse wären klare Unionswahlsiege im Osten. Ein Ausbleiben der Brandmauer-Feuerprobe zwischen CDU und AfD würde ebenso wie die Abwehr eines Politchaos im Osten für Merz schwierige Hürden vor seinem Ziel des Kanzleramts aus dem Weg räumen. Inhaltlich und personell macht es Wagenknecht der CDU sogar leicht: Sie nahm pragmatisches Personal von der Linken mit und erhielt Zustrom aus dem SPD-Lager. Gleichwohl sind CDU und BSW clever genug, sich nicht vor den Wahlen unnötig auf Koalitionsaussagen festzulegen. 

    Im Bund, das betont Merz auffallend oft, ist Hessens CDU-Ministerpräsident Boris Rhein Vorbild: Der Hesse setzte nach einem starken Wahlergebnis die Grünen als Koalitionspartner vor die Tür. Dann entschied er sich für die Sozialdemokraten – nicht im Sinne einer Großen Koalition, sondern als berechenbarer Juniorpartner.

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