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Fußball-EM 2024: Thomas Müller warnt, Jamal Musiala glänzt

Fußball-EM 2024

Schönes Emotionsgedusel: Musialas Gala und Müllers Warnung

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    Jamal Musiala lieferte gegen Schottland ein starkes Spiel ab und wurde zum "Spieler des Spiels" gekürt.
    Jamal Musiala lieferte gegen Schottland ein starkes Spiel ab und wurde zum "Spieler des Spiels" gekürt. Foto: Matthias Schrader/AP

    Die Regeln der Uefa zum Zusammenspiel zwischen Spielern und Journalisten bei dieser EM besagen, dass sich nicht wie sonst alle Berichterstatter in einem Pulk um einen Spieler drängen sollen, der gerade Station im Pressebereich macht. Stattdessen nimmt, wer etwas zu sagen hat, auf einem kleinen Podest Platz und beantwortet von dort aus die Fragen. Das tat auch Thomas Müller am Freitagabend nach dem fulminanten 5:1-Sieg gegen Schottland. Und inmitten all der Euphorie wirkte es fast ein wenig wie eine Predigt von der Kanzel, die Müller von dort aus losließ. Deren Tenor: Jetzt mal bitte nicht durchdrehen, alle miteinander.

    Klar sei es ein schönes Gefühl, mit diesem Kantersieg ins Heimturnier zu starten, dessen eigentliche Überraschung es war, dass den blassen Schotten noch ein Treffer per Eigentor gegönnt war. Trägt dieses gute Gefühl die deutsche Mannschaft nun durchs Turnier? Müller dazu recht nüchtern: "Es geht nicht um Gefühle, es geht um die Punkte. Wir hatten immer tolle Gefühle." Zum Beispiel beim WM-Erfolg 2014, als es einen 4:0-Auftakt gegen Portugal gab. Oder beim WM-Start 2010, als Australien sich ein 0:4 abholte. "Und dann haben wir gegen Serbien verloren." 2014 gab es nur ein knappes 2:2 gegen Ghana im Folgematch. Fazit Müller: "Dieses Emotionsgedusel liest sich ganz nett. Aber es trägt dich keiner durchs Turnier, du musst die Spiele gewinnen." Rückschläge werden kommen, ganz sicher. "Dann ist es wichtig, auf dem Boden zu bleiben."

    Fußball-EM 2024: Die DFB-Auswahl um Kroos, Füllkrug und Musiala lieferte Fabelwerte

    Ein wenig Gefühlsduselei scheint nach einem derart furiosen Turnierstart aber erst mal unvermeidlich zu sein. Zur Wahrheit gehört es natürlich auch, dass die Schotten an diesem Tag wenig bis gar nichts zusammenbrachten und in dieser Form kein wirklicher Gradmesser für den Rest des Turniers sind. Bei der DFB-Auswahl lief an diesem Tag aber alles zusammen, Fabelwerte gab es reihenweise zu vermelden. Etwa bei Toni Kroos: Der brachte es an diesem Tag auf 102 Pässe, von denen nach Angaben der Datenanalytiker von Opta nur ein einziger (!) nicht sein Ziel am Fuß eines deutschen Mitspielers erreichte. Niclas Füllkrug brauchte nur fünf Minuten und zwei Ballkontakte, ehe er den Ball mit 110 Stundenkilometern ins schottische Tor schweißte.

    Und dann gab es noch Jamal Musiala. Der 21-Jährige ragte aus einer starken DFB-Elf noch heraus. Der Münchner gilt vor allem im Zusammenspiel mit dem gleichaltrigen Florian Wirtz als Schlüssel für ein erfolgreiches Turnier – und lieferte ab. Nicht nur wegen seines Treffers zum 2:0, sondern weil er den überforderten schottischen Defensivverbund mit seinen Dribblings zerriss und so Räume für seine Mitspieler schaffte. Jeder seiner 32 Pässe erreichte das Ziel. Musiala, nach Abpfiff als "Spieler des Spiels" ausgezeichnet, zeigte endlich die Effektivität, die er in der Nationalmannschaft oft noch vermissen ließ, etwa bei der WM in Katar. Das, so Bundestrainer Nagelsmann auf der Pressekonferenz, habe "an ihm genagt". 

    Musiala gegen Schottland mit dem Spiel seines Lebens? "Kann man so sagen"

    Auf die Frage hin, ob die Partie gegen die Schotten das Spiel seines Lebens gewesen sei, antwortete Musiala kurz und knapp: "Ja, das kann man schon sagen." Wichtiger sei es gewesen, dass sich jeder Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben geholt habe.

    Sehr wahrscheinlich werden diese etwas schwieriger werden als die schottische Auftakthürde. Derart große Räume werden der DFB-Elf weder die kompakten Ungarn noch die Schweizer lassen. Bundestrainer Nagelsmann setzt darauf, dass seine Mannschaft den Sieg richtig einschätzt – vor allem wegen des unnötigen Gegentors, als Rüdiger eine Flanke ins eigene Tor beförderte: "Der Hunger der Mannschaft war so, dass sie sich sehr darüber geärgert haben, was kein ganz schlechtes Zeichen ist." Gegen Ungarn werde ein anderes Kaliber warten: "Sie spielen ähnlich wie die Schotten, aber haben etwas mehr Freigeister wie Dominik Szoboszlai, der ihr Schlüsselspieler ist. Sie sind ein eingespielter Haufen. Wir haben hier einen ersten Schritt gemacht." Zuletzt gab es gegen das Team von Marco Rossi zwei Remis und eine Niederlage, was in der Summe eben kein gutes Gefühl hinterlässt. 

    Ist aber eben nur das nächste Emotionsgedusel, um mit dem eingangs erwähnten Müller zu sprechen. Nur eben auf der anderen Seite der Klaviatur. Am Ende seines Plädoyers ließ sich aber auch der nun 130-fache Nationalspieler zu etwas irrationaler Freude hinreißen: "Wir freuen uns und wir feiern uns auch. Wir werden uns unsere Szenen nochmal anschauen und bei einigen mit der Zunge schnalzen, weil wir Dinge sehr, sehr gut gemacht haben." Und doch: "Im nächsten Spiel wartet wieder ein Gegner, und die Wiederstände werden kommen." Ein bisschen besser geht man die aber durchaus mit einem guten Gefühl an, vielleicht sogar mit einer kleinen Portion Emotionsgedusel.

    Deutschland: Neuer – Kimmich, Rüdiger, Tah, Mittelstädt – Andrich (46. Groß), Kroos (80. Can) – Musiala (74. Müller), Gündogan, Wirtz (63. Sané) – Havertz (63. Füllkrug) 

    Schottland: Gunn – Porteous, Hendry, Tierney (78. McKenna) – Ralston, McTominay, McGregor (67. Gilmour), Robertson – McGinn (67. McLean), Adams (46. Hanley), Christie (83. Shankland) 

    Tore: 1:0 Wirtz (10.), 2:0 Musiala (19.), 3:0 Havertz (45.+1/Foulelfmeter), 4:0 Füllkrug (68.), 4:1 Rüdiger (87./Eigentor), 5:1 Can (90.+3) 

    Schiedsrichter: Clement Turpin (Frankreich) – Zuschauer: 65052 (ausverkauft)

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