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Analyse: Zerbricht die von Deutschland initiierte Panzerkoalition?

Analyse

Zerbricht die von Deutschland initiierte Panzerkoalition?

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    Hat man Olaf Scholz Unrecht getan?
    Hat man Olaf Scholz Unrecht getan? Foto: Marcus Brandt, dpa

    Der Reflex ist eindeutig. Da haben Warschau, die USA und deutsche Medien wochenlang auf Olaf Scholz eingeschlagen, weil der Kanzler sich zierte, der Ukraine Kampfpanzer gegen den russischen Angriffskrieg zur Verfügung zu stellen – und jetzt liefern die Verbündeten ihre Kettenfahrzeuge entweder nur mit Verzögerung oder auch gar nicht. Große Klappe, nichts dahinter? Hat man Olaf Scholz Unrecht getan?

    Jein, sagt sinngemäß der Experte für Rüstungs- und Sicherheitspolitik, Christian Mölling, stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DAPG), im Gespräch mit unserer Redaktion: „Kanzler Scholz tut oft das Richtige, aber er tut es letztlich zu spät.“ So sei es beim eminent wichtigen Schützenpanzer Gepard gewesen, aber auch beim Kampfpanzer Leopard 2. „Es hört sich hart an, aber durch diese Zögerlichkeit haben mehr ukrainische Soldaten als nötig ihr Leben verloren.“ Mölling bemängelt, dass die Bundesregierung nach dem Motto gehandelt habe, ,gut wir haben 100 Panzer zur Verfügung, aber wir liefern erst einmal nur 50’. „Das war eine Meinungsfindung, die weder für das deutsche Publikum, noch für die Ukrainer und die Nato-Partner transparent war.“ Und: „In eine Führungsrolle kommt man so nicht.“ 

    Die vollmundigen Ankündigungen erwiesen sich zum Teil als Luftnummern

    Mölling ist nicht glücklich darüber, dass aktuell viele Nato-Partner ihre vollmundigen Ankündigungen für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern wenn nicht zurückziehen, dann doch relativieren. Nach allem, was man weiß, vermochte es Verteidigungsminister Boris Pistorius bei Treffen und Telefonaten mit Nato-Partnern bis dato nicht sicherzustellen, dass zwei ukrainische Bataillone mit dem modernen Leopard 2A6 ausgestattet werden können – das wären jeweils 31 Panzer. Lediglich Portugal hat fest zugesagt, drei Fahrzeuge dieses Typs beizusteuern. Pistorius hat eingeräumt, dass das Zwei-Bataillone-Ziel so nicht erreicht werden könne.

    Polen immerhin will dafür sorgen, dass 30 Leopard-Panzer vom älteren Typ 2A4 zusammengekommen, wie Pistorius am Mittwoch bei dem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel erklärte. Finnland prüft derzeit, ob und wenn, wie viele Exemplare des Leopard für die Ukraine übrig sein könnten.  

    Für Mölling zeigt sich nun, dass nicht nur die deutsche Bundeswehr, sondern auch andere Streitkräfte in Europa die jahrelange Unterfinanzierung spüren: „Sonderfonds für die Verteidigung gibt es in vielen Ländern gar nicht“, sagt der Experte. Immerhin könnten in den nächsten Monaten deutlich mehr Leopard-1-Panzer aus Deutschland an die Ukraine geliefert werden.

    Die groß angekündigte Offensive der russischen Streitkräfte und der Wagner-Kämpfer hat bisher nicht die von Moskau erhoffte Durchschlagskraft entfaltet. Britische Geheimdienste analysieren, dass die Angreifer bei ihrem Vormarsch einen extrem hohen Blutzoll zahlen. Insbesondere die Wagner-Truppe, in der nicht nur Söldner, sondern auch Strafgefangene kämpfen, verzeichnet nach britischen und US-amerikanischen Quellen sehr viele Opfer.

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