Gesundheit, Lebenserwartung, Wirtschaftsleistung, solche Dinge. Dazu soziale Beziehungen und die Verbreitung von Freude und Traurigkeit, auch Korruption. All das hat der "World Happiness Report" zum Thema. Jährlich messen die Vereinten Nationen darin, wo auf der Welt die Menschen am glücklichsten sind.
Mit involviert ist eines der weltweit führenden Meinungsforschungsinstitute, das "Wohfühl-Recherche-Zentrum" der Universität Oxford, sowie die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Illustre Namen also, die Kompetenz vermitteln. Und darum wird in der Berichterstattung weltweit das Ergebnis kaum hinterfragt.
Wie jedes Jahr wurde der Weltglücksreport auch dieses Jahr am Internationalen Tag des Glücks veröffentlicht. Und die Liste vom Mittwoch zeigt: Zum siebten Mal in Folge ist Finnland das Land mit der glücklichsten Bevölkerung der Welt. Die Spitzenplätze besetzen erneut vor allem nördliche Länder. Auf Finnland folgen Dänemark, Island, Schweden und Israel. Deutschland hingegen machte einen deutlichen Satz nach unten und rutschte von Platz 16 auf Platz 24. Insgesamt umfasst das Ranking 143 Länder.
Vor allem im Herbst und Winter fühlt sich Finnland nicht glücklich an
Das Prädikat "glücklichstes Land" wird mittlerweile von den Finnen zu Geld gemacht, Urlaubsgäste können Seminare und "Meisterklassen" in dem nordeuropäischen Land buchen, um das Glücklichsein der 5,5 Millionen Finnen zu erlernen. Es gibt jedoch auch finnische Kritik: "Wir sind die glücklichste Nation, doch warum fühlt es sich nicht so an?", fragte die auflagenstärkste Zeitung Helsingin Sanomat, nachdem im vergangenen Jahr die eigene Nation erneut gekürt worden war.
Vor allem im Herbst und Winter fühlt sich Finnland nicht wirklich glücklich an, wenn es schon um die Mittagszeit dunkel wird, wenn es im öffentlichen Nahverkehr nach kaltem Zigarettenrauch und Alkohol riecht und Lächeln verboten scheint. Dieses Stimmungsbild schlägt sich in nackten Zahlen nieder. Finnland hat innerhalb der Europäischen Union den höchsten Anteil an Personen mit psychischen Krankheiten und liegt weltweit auf Nummer neun, was Depressionen betrifft.
Der Verbrauch von Psychopharmaka ist hoch, wird jedoch von Schweden und Norwegen übertroffen. Glück und Suchtkrankheiten scheinen auch kaum miteinander vereinbar, doch die meisten Drogentoten pro Kopf innerhalb der EU waren beispielsweise vor zwei Jahren in Finnland zu beklagen.
Ein weiteres Problem vieler Finninnen und Finnen ist die weitverbreitete Einsamkeit. Das Rote Kreuz weist immer wieder darauf hin: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung habe sich in letzter Zeit einsam gefühlt, die Kosten dieses Leidens werden durch eine finnische Statistik auf 15 Milliarden Euro jährlich taxiert. Abschließend erwähnt sei eine niedrige Rate bei den Geburten sowie eine hohe bei den Scheidungen.
Sucht oder psychische Probleme werden in Finnland viel thematisiert
Die Finnen machen es den Glücksforschern eigentlich leicht - die Probleme werden nicht unter den Teppich gekehrt. Themen wie Süchte und psychische Probleme behandeln die Medien des Landes häufig und ohne Weichtöne. Die Unzufriedenheit der Finnen hat sich auch in den Parlamentswahlen im vergangenen April manifestiert, wo die rechte Partei "Basisfinnen" nun mitregiert. Einige Politiker sind durch pessimistische Verschwörungsmythen aufgefallen.
Doch warum landet Finnland dann auf Platz eins des Glücksreports, schließlich werden doch die Menschen selbst für die Studie interviewt? Wer Finnen nach ihrem Befinden fragt, wird kaum ein Jammern hören. Dies liegt mitunter an der finnischen Nationaleigenschaft "Sisu", was als "klaglose Beharrlichkeit" interpretiert werden kann. Glück übersetzt man anders.