Den Führerschein mit 16 wird es in Deutschland so schnell nicht geben. Die Umsetzung der Pläne zum Erwerb eines Pkw-Führerscheins bereits mit 16 Jahren lasse das europäische Recht derzeit nicht zu, teilte das Bundesverkehrsministerium in Berlin der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Bundesregierung aus SPD, Grüne und FDP wollte begleitetes Fahren ab 16 statt wie bisher mit 17 Jahren ermöglichen und hatte das Vorhaben in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Wann es umgesetzt wird, ist unklar.
Niedersachsen hatte bereits vor sechs Jahren einen Vorstoß unternommen, damit sich 16-Jährige in Begleitung eines Erwachsenen hinters Steuer setzen dürfen. Auch andere Bundesländer wollten über Pilotprojekte Erfahrungen mit der Herabsetzung des Alters sammeln. Durchgesetzt hat sich eine solche Regelung jedoch nicht. Mit 16 darf man zwar den Führerschein machen, fahren ist unter Auflagen aber erst ab dem 17. Geburtstag erlaubt.
Die Hürden liegen auf EU-Ebene. Das Ministerium von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) teilte mit: "Da der Rahmen für das Führerscheinrecht auf europäischer Ebene für alle Mitgliedstaaten verbindlich geregelt ist, kann Deutschland eine Absenkung des Mindestalters nicht einseitig auf nationaler Ebene regeln." Der MDR berichtete zuerst darüber.
Das Bundesverkehrsministerium hatte sich nach eigenen Angaben zunächst bei der Europäischen Kommission für ein Modellvorhaben eingesetzt - und dabei auf die "positiven Erfahrungen mit dem begleiteten Fahren ab 17" verwiesen. In einem Entwurf der Kommission zur EU-Führerscheinrichtlinie sei dieser Bitte jedoch nicht entsprochen worden, hieß es nun.
Die FDP hatte in ihrem Wahlprogramm zur Bundeswahl vor drei Jahren geschrieben: "Wir Freie Demokraten wollen das Mindestalter zum Erwerb eines Pkw-Führerscheins senken und begleitetes Fahren bereits ab 16 Jahren ermöglichen." Seit Jahren wird darüber diskutiert.
Fahren mit 17 verliert an Attraktivität
Das begleitete Fahren mit 17 ist bundesweit seit 2011 möglich. Zuvor gab es befristete Modellprojekte in Bundesländern. Laut Daten des Kraftfahrtbundesamts machten 2022 mehr als 241 000 Jugendliche unter 18 einen Führerschein und damit deutlich weniger als noch bei der Einführung. Dem Automobilclub ADAC zufolge nutzt aktuell weniger als die Hälfte der Führerscheinanwärter die Möglichkeit zum begleiteten Fahren ab 17 Jahren.
Jugendliche dürfen dabei bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres mit einer Ausnahmegenehmigung Auto fahren, wenn eine Begleitperson mitfährt. Wer dafür in Frage kommt, wird bei Erteilung der Prüfbescheinigung namentlich festgelegt. Auch für den Beifahrer, der mindestens 30 Jahre alt sein muss, gelten Auflagen.
Für den ADAC steht fest: "Der Führerschein mit 17 war und ist ein Gewinn." Jugendliche, die sich bereits mit 17 hinters Steuer gesetzt haben, wiesen demnach ein erheblich geringeres Unfallrisiko auf als jene, die die Begleitphase nicht genutzt hätten. Auf solche Statistiken verweist auch der für Verkehrssicherheit zuständige Berichterstatter der SPD-Fraktion im Bundestag, Mathias Stein. Es gebe ein erfreuliches Plus an Verkehrssicherheit, sagt er.
Stein: Politisch nach wie vor für richtiges Ziel
Die Ampel-Koalition halte deshalb das Ziel des begleiteten Fahrens mit 16 "politisch nach wie vor für richtig". Doch: Deutschland vertrete mit diesem Wunsch eine Nischenmeinung, so Stein. "Für die meisten anderen EU-Länder ist schon das Konzept "Begleitetes Fahren mit 17" noch neu und wird dementsprechend kritisch betrachtet."
Der ADAC würde den Führerschein schon mit 16 begrüßen - auch weil sich in den vergangenen Jahren die Ausbildungszeit für den Führerschein im Durchschnitt verlängert habe und so die Zeit für eine "intensive Begleitphase" schrumpfe. Ohnehin seien junge Menschen neben dem Anfängerrisiko "jugendtypischen Fahrsituationen" ausgesetzt, wie Fahrten in Gruppen. "Deswegen ist es richtig, dass der Lernzeitraum, also die Phase, in der junge Fahrer noch nicht allein unterwegs sind, verlängert wird."
(Von Christian Thiele, dpa)