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Mpox-Alarm: Afrikas Kampf gegen Impfstoff-Ungleichheit

Mpox-Virus

Afrikas Virologen warnen vor selben Fehlern wie bei Covid

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    Ein junges Mädchen, das an Mpox erkrankt ist, wartet in Munigi (Kongo) auf die Behandlung.
    Ein junges Mädchen, das an Mpox erkrankt ist, wartet in Munigi (Kongo) auf die Behandlung. Foto: Moses Sawasawa, AP/dpa

    Aus seiner Skepsis macht der nigerianische Epidemiologe Ifedayo Morayo Adetifa keinen Hehl. Nach den Erfahrungen mit Covid und früheren Epidemien sehe er bei der Bekämpfung der internationalen Mpox-Notlage „allen Grund zur Sorge, dass Länder mit hohem Einkommen dieselben Fehler erneut machen werden“, schreibt der Mediziner, der bis vor wenigen Monaten Nigerias Gesundheitsbehörde CDC leitete, in einem Fachmagazin. 

    Nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am vergangenen Mittwoch wegen „Mpox Klade 1b“ (früher Affenpocken genannt) die höchste Alarmstufe ausgerufen hat, rechnet der Wissenschaftler mit der Hortung von Impfstoffen, unfairen Reiseverboten und Rassismus gegen Schwarze. „Die Region steht beim Zugang zu lebensrettenden Mitteln stets als Letztes an“, so Adetifa. Seit Jahrzehnten gibt es in West- und Zentralafrika regelmäßig Mpox-Fälle, die Wissenschaft spricht von „endemischer“ Präsenz. Finanzierungsaufrufe für Forschung, Diagnostik und Impfstoffe blieben meist unerhört, sagt der Virologe Wolfgang Preiser von der südafrikanischen Universität Stellenbosch, auch weil es nach der Ansteckung durch Wildfleisch keine langen Infektionsketten gab. 

    Die Mpox-Zahlen in Afrika stiegen, doch die WHO hob die Notlage auf

    Schon ab dem Jahr 2017 habe es jedoch Berichte aus Nigeria über die Mensch-zu-Mensch-Übertragung über sexuelle Kontakte gegeben. Diese Entwicklung sei „nicht ausreichend berücksichtigt“ worden, sagt Preiser. Erst als 2022 diese Variante auch Menschen in Industrieländern traf, seien Forschungsgelder im größeren Stil geflossen. Es wurden innerhalb von zwei Jahren mehr wissenschaftliche Papiere veröffentlicht als in einem halben Jahrhundert zuvor, sagt Preiser. 

    Als der Ausbruch im Globalen Norden Mitte 2023 durch die gezielte Impfung von Risikogruppen – vor allem homosexuelle Männer – weitgehend im Griff war, wurde die damals bereits von der WHO verkündete gesundheitliche Notlage mit internationaler Tragweite prompt wieder aufgehoben. Dabei stiegen die Zahlen in Afrika weiter an - umso schneller seit der Verbreitung der ansteckenderen und gefährlicheren Variante in den vergangenen Monaten, vor allem im Kongo, der über 90 Prozent aller Fälle verzeichnet. Erst die damit verbundene Gefahr der Verbreitung in den Industrienationen und die erneute Verkündung der höchsten WHO-Alarmstufe haben das Thema auf die weltweite Agenda gehoben.

    Afrikas oberste Gesundheitsbehörde für ansteckende Krankheiten, die Africa CDC, verfügt über rund 200.000 Impfdosen. Doch die Organisation braucht eigenen Angaben zufolge zehn Millionen Dosen zur Eindämmung des Virus. Und Gesamtmittel in Höhe von vier Milliarden Dollar – ein kaum zu erreichendes Ziel.

    Diese Mikroskopaufnahme zeigt Mpox-Partikel in einer Zelle.
    Diese Mikroskopaufnahme zeigt Mpox-Partikel in einer Zelle. Foto: National Institute of Allergy and Infectious Diseases/dpa

    Im Rahmen der Covid-Pandemie hatte Südafrikas Präsident Cyril Rampahosa den provokanten Begriff der „Impfstoff-Apartheid” geprägt. Auch am Wochenende fand der Politiker nun deutliche Worte: „Ich fordere die internationale Gemeinschaft, Partner und Organisationen auf, Vorräte an Impfstoffen und anderen medizinischen Gegenmaßnahmen für den Einsatz in Afrika zu mobilisieren”, sagte er. Es müsse ein „faires und gerechtes Pandemieabkommen” geschlossen werden. Seit zwei Jahren laufen entsprechende Verhandlungen der 194 WHO-Mitgliedsländer – bisher ohne Erfolg. 

    Hilfsorganisationen stärken lokale Gesundheitszentren in Afrika

    Immer wieder kämpft der Kongo mit Epidemien, sei es Ebola, Masern, Polio, Cholera, oder die Lungenpest. Eine allgemein niedrige Impfrate, geringes Vertrauen in Impfstoffe und Behörden, weitverbreiteter Konsum von Buschfleisch als Virenüberträger und Konflikte im Osten der strukturschwachen Nation erschweren die Bekämpfung – und erhöhen das Risiko einer die Verbreitung über die porösen Grenzen in Nachbarländer. Zumal die geopolitische Lage angespannt ist. „Im Ostkongo gibt es über sieben Millionen Binnenflüchtlinge, die oft auf engstem Raum in Flüchtlingslagern zusammenleben – das ist ein enormes Risiko für die Verbreitung des Virus, zumal viele ein geschwächtes Immunsystem haben”, sagt Katharina von Schroeder, Sprecherin der Hilfsorganisation „Save the Children” im Kongo. Die mehr als 300 Mitarbeitenden der Hilfsorganisation konzentrieren sich aktuell auf die Stärkung der lokalen Gesundheitszentren, wo es bisweilen an elementarer Ausstattung fehlt.

    So angemessen die Reaktion der WHO angesichts der zuletzt massiv steigenden Fallzahlen sein mag, so groß ist die Sorge vor Reaktionen wie während der Covid-Pandemie, etwa Reisewarnungen. Afrika sei geografisch größer als China, die USA und Europa zusammen, betont etwa der Tourismusverband für das Südliche Afrika. Man könne die Bedingungen im zentralafrikanischen Kongo nicht pauschalisieren. So bleibe das Südliche Afrika ein sicheres Reiseziel.

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