Deutschlands Kinder sind Bewegungsmuffel. Nur zehn Prozent der Mädchen und 20 Prozent der Jungen erreichen die Bewegungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Grundschulkinder sollen insgesamt mindestens eine Stunde pro Tag hüpfen, toben, klettern, turnen, Fahrrad fahren. Für Jugendliche gilt dieselbe Empfehlung, wobei die Größeren wohl eher Sport treiben. Wenn Kinder körperlich aktiv sind, ist das positiv – für sie selbst und für die Schule. Sie profitieren von besserer Konzentration, weniger Stress und einem gesteigerten Wohlbefinden.
Doch der Alltag an den Schulen sieht anders aus, wie die eingangs zitierten Zahlen aus einer umfangreichen WHO-Studie zeigen. Viel Sitzen, wenig Bewegung. Die Stiftung Kindergesundheit an der Uniklinik München will das ändern. Schulen sollen sicherstellen, dass Sportangebote ausgebaut und fest im Unterrichtsalltag verankert werden. Aus Sicht der Wissenschaftler reichen die Sportstunden dafür nicht aus. Auch in den Pausen sollten sich Kinder und Jugendliche mehr bewegen und nicht im Klassenzimmer hocken. In Großbritannien werden die Schüler dazu ermuntert, jeden Tag 15 Minuten zusätzlich zu laufen oder zu gehen.
Schulkrankenschwestern wie in Amerika
Die Empfehlungen der Forscherinnen und Forscher bleiben an diesem Punkt nicht stehen. Zu einer gesunden Schule gehört für sie mehr. Schulgesundheitsfachkräfte könnten Lehrer und Eltern gleichermaßen entlasten. Sie würden kleine Unfälle verarzten, wären Ansprechpartner bei sensiblen Themen wie psychischen Problemen und sexueller Aufklärung. Der Vorteil: Die Lehrer könnten sich auf den Unterricht konzentrieren und die Eltern müssten nicht von der Arbeit weg, um ihre Kinder mit kleinen Wehwehchen abzuholen. Anders als beispielsweise in den USA gibt es in Deutschland in der Fläche aber keine Schulkrankenschwestern. Nur in einzelnen Regionen kommen sie zum Einsatz.
Die Fachleute beklagen in ihrer Analyse auch, dass es zu wenige Schulpsychologen gebe. Die psychische Gesundheit sei jedoch ein zentraler Baustein für ein gesundes Aufwachsen. „Die zunehmenden psychischen Belastungen der Schüler werden nicht ausreichend adressiert“, sagte Marcel Romanos, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Er hat beobachtet, dass Probleme wie Stress, Ängste oder Konzentrationsstörungen häufiger aufträten. Seine Forderung: Schulpsychologen und Programme zur Förderung der geistigen Resilienz müssten im ganzen Land verfügbar sein.
Viele Kinder sind zu dick
Viel Nachholbedarf sieht die Stiftung auch beim Schulessen. 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren sind hierzulande übergewichtig, sechs Prozent davon leiden unter krankhaftem Übergewicht. Um diesen Trend zu stoppen, müssten Schulen allen Kindern eine ausgewogene und gesunde Verpflegung anbieten – idealerweise kostenfrei – so fordern es die Wissenschaftler. Die Wirklichkeit in Deutschlands Schulen ist davon meilenweit entfernt. Es geht aber auch anders. „Länder wie Italien und Frankreich verlangen, dass Schulen Mahlzeiten aus frischen und lokalen Zutaten beziehen“, sagt Martin Weber von der WHO.
In puncto gesunde Schule steht Deutschland im internationalen Vergleich nicht gut da. Europaweit bildet die Bundesrepublik laut der Stiftung Kindergesundheit zusammen mit Belgien ein Schlusslicht. Nur 13 Prozent der Kinder fühlten gut über ihre eigene Gesundheit informiert. „Jede Schule sollte eine gesundheitsfördernde Schule sein“, meint WHO-Forscher Weber.
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