Was als Social-Media-Trend in den USA begann, hat inzwischen auch in Deutschland Fuß gefasst: Abnehmspritzen wie Mounjaro, Saxenda und Wegovy werden immer beliebter. Diese Medikamente sollen nicht nur den Appetit zügeln, sondern auch die Pfunde möglichst schnell purzeln lassen. Doch dieser Trend hat auch Auswirkungen auf Menschen, die auf ihre regelmäßigen Diabetes-Medikamente angewiesen sind. Besonders betroffen ist das Medikament Ozempic, das vom selben Hersteller wie die Abnehmspritze Wegovy stammt und eine geringere Dosis des gleichen Wirkstoffs enthält.
Auf Plattformen wie Reddit, Instagram und Facebook tauschen sich Menschen über ihre Erfahrungen mit Medikamenten wie Ozempic und den eigentlichen Abnehmspritzen aus. Immer öfter wird dabei deutlich, dass Ozempic, obwohl ursprünglich für die Behandlung von Diabetes entwickelt, von einigen Menschen gerne als Mittel zur Gewichtsreduktion verwendet wird. Dies hat bereits seit einiger Zeit zu Engpässen bei dem Diabetes-Medikament geführt, sodass Patienten teilweise sehr lange auf Ozempic warten müssen. Wie lange die Wartezeiten derzeit betragen und welche Auswirkungen dies hat, erfahren Sie in diesem Artikel.
Noch immer Engpässe bei Ozempic: So lange kann die Wartezeit für Diabetiker sein
Wer an Diabetes erkrankt ist und die übliche Dosis Ozempic benötigt, muss momentan Geduld mitbringen. Dies geht unter anderem aus einem aktuellen Bericht des Bayerischen Rundfunks (BR) hervor. Demnach müssen Diabetiker, wie der im Bericht erwähnte Patient Reinhard Neumaier, derzeit bis zu zwölf Wochen auf ihre Dosis Ozempic warten. Während dieser Zeit musste der Typ-2-Diabetiker zeitweise wieder auf Insulin zurückgreifen, obwohl er laut eigener Aussage seinen Diabetes mit Ozempic sehr gut im Griff hat. Doch das Medikament, das vielen Menschen beim Diabetes-Management hilft, ist - Stand August 2024 - nicht lieferbar und wird es wohl auch noch eine Weile bleiben.
Denn wie der dänische Hersteller Novo Nordisk Ende Juli bekannt gab, wird es bei Ozempic voraussichtlich bis ins vierte Quartal 2024 - also bis zum Jahresende – immer wieder zu Lieferengpässen kommen, insbesondere bei den niedrigeren Dosierungen von 0,25 mg und 0,5 mg. Obwohl das Unternehmen die Produktionskapazitäten inzwischen erhöht habe, reichen die Mengen wahrscheinlich nicht aus, um die Engpässe zu überwinden. Die Nachfrage nach GLP-1-Rezeptoragonisten wie Ozempic sei in Deutschland stark gestiegen, da sie immer häufiger zur Behandlung von Typ-2-Diabetes verschrieben werden, erklärte der Hersteller.
Dieser aktuelle Engpass ist nicht neu: Bereits 2023 häuften sich Berichte über Lieferengpässe bei Ozempic, und auch im Arzneimittel-Portal des Bundesministeriums für Gesundheit reichen die Meldungen über „erhöhte Nachfragen“, „Lieferverzögerungen“ und „Engpässe“ mehrere Monate zurück – teilweise bis ins Jahr 2022.
Ozempic - hohe Nachfrage an Wirkstoff sorgt für Engpässe
Aber warum ist Ozempic so gefragt, wenn es vom selben Hersteller ein passendes Abnehmmedikament gibt? Die Gründe dürften im Wirkstoff und im Finanziellen liegen. GLP-1 steht für Glucagon-like Peptide-1, ein Hormon, das eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutzuckerspiegels spielt. GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid, der Wirkstoff in Ozempic, ahmen die Wirkung dieses Hormons nach. Sie erhöhen nicht nur die Insulinausschüttung und senken den Blutzuckerspiegel, sondern sorgen auch für eine deutlich langsamere Magenentleerung. Dies führt zu einem längeren Sättigungsgefühl und kann indirekt zur Gewichtsreduktion beitragen. Was als Nebeneffekt von Ozempic bekannt wurde, führte letztlich zum Nachfolgeprodukt Wegovy, das eine höhere Dosierung von Semaglutid enthält.
Obwohl Wegovy schon seit etwa einem Jahr in Deutschland zugelassen ist, hat sich für viele Menschen Ozempic im sogenannten „Off-Label-Use“, also in einer anderen Nutzung als dem zugelassenen Zweck des Medikaments, durchgesetzt. Ein Grund könnte der unterschiedliche Preis beider Medikamente sein, die nur auf Rezept erhältlich sind. Ozempic kostet in Deutschland je nach Dosis zwischen 80 und 217 Euro, während Wegovy mit 172 bis 302 Euro pro Monat deutlich teurer ist.
Bei Apothekern und Ärzten herrscht angesichts der aktuellen Situation Unverständnis, wie aus dem Bericht des BR hervorgeht. So berichtete ein Apotheker, dass Ozempic kaum vorrätig sei und nur sporadisch kleine Lieferungen einträfen, obwohl man erwartet habe, dass sich die Lage nach der Einführung von Wegovy entspannen würde. Joseph Kranert, ein Arzt, vermutet in dem Bericht, dass Novo Nordisk möglicherweise die Produktionskapazitäten zugunsten von Wegovy verschoben hat, da dieses Medikament für das Unternehmen profitabler sei.
Novo Nordisk erklärte in dem BR-Bericht hingegen, dass die Herstellung von Ozempic komplex sei und es einige Zeit dauern werde, die Produktionskapazitäten so weit zu steigern, dass die hohe Nachfrage gedeckt werden kann. Zudem betonte das Unternehmen, dass es massiv in den Ausbau der Produktionskapazitäten investiert habe. Beispielsweise seien 2023 in Deutschland über 50 Prozent mehr Ozempic-Pens ausgeliefert worden, als im Jahr zuvor. Allerdings nannte das Unternehmen gegenüber dem BR kein konkretes Datum, bis wann die Lieferprobleme vollständig behoben sein könnten. Zur Frage, ob Produktionskapazitäten zugunsten von Wegovy verschoben wurden, äußerte sich Novo Nordisk ebenfalls nicht.
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