Corona? Nie gehört. Wenn man derzeit die öffentliche Wahrnehmung des Coronavirus als Maßstab nimmt, ist die Pandemie schon seit einer gefühlten Ewigkeit vorbei und das Virus selbst längst Vergangenheit. Doch so ist es nicht: Derzeit zirkuliert eine neue Variante des Coronavirus - die Variante EG.5, auch Eris genannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt sie seit August 2023 zu den "Virusvarianten von Interesse". Ist EG.5 ein Grund zur Sorge? Wie unterscheidet sich Eris von den bisherigen Varianten in Symptomen und Ansteckung? Und nützt die Impfung noch?
Corona-Variante EG.5: Was ist neu?
Dass aus dem Coronavirus durch Mutation neue Varianten hervorgehen, ist nicht neu. Virusvarianten wie Delta oder Omikron zählten lange zur Tagesordnung. Zum Stamm der Omikron-Variante zählt auch die Variante EG.5, auch genannt Eris, die gerade kursiert. EG.5 wurde laut der WHO erstmals am 17. Februar 2023 gemeldet. Am 19. Juli 2023 wies die WHO die Variante als zu überwachende Variante aus. "Mit dieser Risikobewertung bezeichnen wir EG.5 und seine Unterlinien als eine Variante von Interesse (VOI)", erklärt die Organisation. Weltweit habe der Anteil der gemeldeten EG.5-Fälle stetig zugenommen.
"Eris ist eine Variante von Interesse, weil es Berichte gibt, dass sie sich aktuell weltweit verbreitet und deutlich häufiger nachgewiesen wird in verschiedenen Ländern", erklärte der Virologe Martin Stürmer gegenüber ZDFheute. Aktuell stehen insgesamt neben EG.5 noch zwei weitere Varianten unter erhöhter Beobachtung: Die in Europa und Amerika stark verbreitete XBB.1.5 sowie die besonders in Asien vorkommende XBB.1.16.
Der Beiname "Eris" ist der griechischen Göttin des Chaos und der Zwietracht entlehnt.
Corona-Variante EG.5: Wie ansteckend ist die Variante?
Laut australischen Virologen ist die Mutation infektiöser als beispielsweise Omikron. Die WHO erklärt: "Aufgrund seiner Eigenschaften kann sich EG.5 weltweit ausbreiten und in bestimmten Fällen zu einem Anstieg führen." Aufgrund der raschen Ausbreitung und der größeren Immunflucht könne EG.5 in einigen Ländern oder sogar weltweit bald zur dominierenden Variante werden.
Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel, erklärte gegenüber Medien: "Wir müssen sicherlich davon ausgehen, dass mit dem Ende des Sommers und nach einer Phase mit sehr niedrigen Fallzahlen die Zahlen wieder steigen werden." In Deutschland ist EG.5 nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) erstmals Ende März 2023 registriert worden. Derzeit verbreitet sich hierzulande insbesondere die Sublinie EG.5.1.
Aber warum kommt die neue Variante ausgerechnet jetzt, obwohl Sommer ist? Der britische Virologe Lawrence Young hat einen bemerkenswerte Erklärungsansatz. Der Professor hält den Hype um die beiden Filme "Barbie" und "Oppenheimer" für einen Ansteckungsherd. In den gut besuchten Kinos im Schlecht-Wetter-Sommer 2023 könnten die Corona-Zahlen in die Höhe gehen. So zumindest die Theorie des Experten der Universität Warwick im Interview mit dem Newsportal MailOnline.
Corona-Variante EG.5: Welche Symptome gibt es?
In der WHO-Mitteilung heißt es, die Krankheitsschwere sei im Vergleich zu anderen aktuellen Varianten unverändert. "Wir stellen keine Veränderung des Schweregrads von EG.5 im Vergleich zu anderen Unterlinien von Omikron fest, die seit Ende 2021 im Umlauf sind", sagte auch Maria Van Kerkhove, technische Leiterin der WHO für Covid-19.
Auch Virologe Martin Stürmer erklärte ZDFheute: "Aus klinischer Sicht gibt es bis jetzt keine Hinweise darauf, dass mit den vermehrten Berichten von EG.5-Fällen auch die Leute schwerer erkranken oder es vermehrt zu Aufenthalten in Kliniken oder gar Intensivstationen kommt".
Corona-Variante EG.5: Ist die Variante gefährlich?
Die WHO hält das von EG.5 ausgehende Risiko für die öffentliche Gesundheit nach derzeitigem Wissen gering. Bei den Aussagen zur Gefährlichkeit schließt sich auch das RKI der WHO an.
James Wood, Professor an der UNSW School of Population Health in Sydney, erklärte: "EG.5.1 ist an sich kein bedeutendes Problem - eher der erste Schritt auf der Leiter zu der Variante, die unsere nächste Welle auslösen wird." Virologe Neher fasste zusammen: "Meiner Einschätzung nach geht von EG.5 keine besondere Gefahr aus."
Die Virologin Ulrike Protzer von der Technischen Universität München sieht das ähnlich. So sagte sie im Interview mit dem BR: "Die neuen Varianten sind nicht gefährlicher als Omikron. Das heißt, sie machen nicht schwerer krank. Sie sind immer ein bisschen ansteckender, darauf wird das Virus einfach evolutionär selektiert, aber sie machen nicht schwerer krank. Und deswegen kann man das auch gelassen betrachten."
Corona-Variante EG.5: Wirkt die Impfung?
Als "ein bisschen schlüpfriger und ausweichender für bereits vorhandene Antikörper" beschreibt der australische Virologe Stuart Turville von der University of New South Wales die neue Variante. Der Grund: die Spike-Proteine, mit denen sich Viren in menschlichen Zellen festsetzen. EG.5 hat eine kleine Mutation in einem seiner Spike-Proteine - F456L genannt - die ihm hilft, die Immunität zu umgehen, die der Körper durch frühere Infektionen und Impfstoffe aufgebaut hat. Laut Experte Turville ist das "ein kleiner Vorteil" gegenüber der Immunität.
Die Chefin der amerikanische Gesundheitsbehörde CDC, Mandy Cohen, erklärte: "Wir sehen im Moment bei den Veränderungen der Viren, dass sie immer noch empfänglich für unseren Impfstoff sind, sie sind immer noch empfänglich für unsere Medikamente". Die im kommenden Herbst aktualisierten Impfstoffe würden demnach gut auf die neue Corona-Variante eingestellt sein.