Die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten in Europa wächst und damit auch die Nervosität der Behörden. „Wir blicken mit Sorge auf die Ausbreitung des Coronavirus“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn am Montag in einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. In Europa ist Italien mit mehr als 150 Infektionen am schwersten betroffen.
In Deutschland sind 16 Fälle bekannt, zwei Patienten befinden sich noch immer in der Klinik in Schwabing. Doch Spahn erwartet, dass es auch hierzulande zu einem Anstieg kommen wird. „Ein Virus macht an der Landesgrenze nicht Halt“, sagte der Minister. Europa sei so eng miteinander verbunden, dass es notwendig sei, das Verhalten abzustimmen. Schon am Dienstag ist ein Treffen der Gesundheitsminister in Rom geplant. Die Bundesregierung plant derzeit trotzdem keine Grenzschließungen, der europäische Reiseverkehr soll nicht eingeschränkt werden.
In Deutschland sei es bisher gelungen, Menschen, die mit dem Covid-19-Virus infiziert seien, zu isolieren und zu behandeln. Die Lage werde sehr genau beobachtet. Die Gesundheitsbehörden der Bundesländer seien in einem täglichen Austausch. „In Zeiten wie diesen muss der Staat funktionieren“, betonte Spahn. „Wir wollen unsere Bürger schützen.“ Doch die sollten auch selbst dazu beitragen, dass sich Corona nicht weiter ausbreitet.
Roland Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, riet unter anderem zu vermehrtem Händewaschen. „Das wird oft belächelt, aber das ist wirklich wichtig“, sagte er. Bis ein Impfstoff entwickelt sei, könne noch ein Jahr vergehen. Bis dahin müsse alles getan werden, um die Ausbreitung auszubremsen. Die bayerischen Gesundheitsbehörden bitten Italien-Urlauber sich beim Gesundheitsamt zu melden, wenn sie mit Corona-Patienten in Kontakt gekommen sind.
Schon mehrere Tote bei Coronavirus-Ausbruch in Italien
Britische Mediziner sind sehr skeptisch, ob die weltweite Ausbreitung des neuen Coronavirus noch gestoppt werden kann. „Das Zeitfenster für die Eindämmung des Ausbruchs schließt sich nun sehr schnell“, zitierte die britische Zeitung The Telegraph Devi Sridhar von der Universität Edinburgh, die zur weltweiten öffentlichen Gesundheit forscht. Hinzu kommt, dass inzwischen auch die Infektionsketten nicht mehr eindeutig nachzuvollziehen sind - in Italien ist noch immer nicht klar, wie das Virus ins Land kam. (Lesen Sie dazu auch: Surreale Szenen in Italien: Wo ist der Patient Null?)
Bis zum Montagnachmittag waren dort bereits sieben Menschen an der Krankheit gestorben. In der besonders schwer betroffenen Lombardei wurden zehn Gemeinden in der Provinz Lodi zu Sperrzonen erklärt. Dort kontrollieren Sicherheitskräfte, wer rein und raus darf.
Coronavirus löst Kursrutsch am deutschen Aktienmarkt aus
Alarmstimmung herrscht auch am deutschen Aktienmarkt: Die Angst vor den wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Epidemie hat den Dax mit voller Wucht getroffen. Der deutsche Leitindex knickte bis zum frühen Nachmittag um 3,93 Prozent auf 13.045,91 Punkte ein und bewegte sich damit auf dem tiefsten Niveau seit Anfang Februar.
„Bereits jetzt deutet sich an, dass die Folgen gravierender sein werden als beim Ausbruch von Sars in den Jahren 2002/2003“, sagt Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Das liege auch daran, dass Anteil der Volksrepublik am Welthandel inzwischen um ein Vielfaches höher ist. Das trifft vor allem das exportabhängige Deutschland. „So verbuchen etwa die deutschen Autobauer rund ein Drittel ihrer Gewinne in China“, sagt der Wirtschaftsexperte. „Zudem sind insbesondere die Auto-Hersteller von Engpässen bedroht, wenn weltweite Lieferketten ins Stocken geraten und die Produktion zurückgefahren werden muss.“
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