Was war das für eine Aufregung. Da stellte sich eine Frau öffentlich hin und behauptete, das männliche Geschlecht werde unterdrückt, nicht das weibliche. Mit ihrem Buch „Der dressierte Mann“ hatte die Schriftstellerin Esther Vilar in den 70er Jahren die gerade erstarkende Frauenbewegung auf die Palme gebracht – und sich selbst in Talkshows und Kommentarspalten. Doch heute streiten ganz andere Leute für sogenannte Männerrechte, und die schrecken vor Mord nicht zurück.
Die Amokläufer von Christchurch, Halle und Hanau, selbst den norwegischen Massenmörder Anders Breivik trieb auch Hass auf Frauen zu ihrem Tun an. Sie werden zu den sogenannten Incels gezählt, einer Bewegung, die zuerst in den USA entstanden ist. Das sind Männer, die in „unfreiwilligem Zölibat“ leben, weil sie bei Frauen nicht landen können. Dafür machen sie nicht sich selber, sondern den Feminismus verantwortlich. Mit Verbindungen zur rechtsextremen Szene radikalisieren sie sich in Internet-Foren. Bis einer durchdreht.
Harter Stoff im "Tatort" vor dem Weltfrauentag
Aus diesem sehr harten Stoff hat die Regisseurin Nicole Weegmann den Tatort heute, „Borowski und die Angst der weißen Männer“, gemeißelt (Sonntag, 20.15 Uhr, ARD). Es ist ein verstörendes Krimivergnügen, das ganz bewusst direkt vor den Weltfrauentag am 8. März gesetzt wurde. Vordergründig geht es um den Mord an einer jungen Frau, die in der Nähe eines Clubs ihr Leben lassen musste. Zügig ins Fadenkreuz von Klaus Borowski (Axel Milberg) und seiner Kollegin Mila Sahin (Almila Bagriacik) gerät der ziemlich verdruckste Tiefgaragenwächter Mario Lohse (Joseph Bundschuh). Sein Nachname erinnert nicht umsonst an das englische Wort „Loser“ für Verlierer.
Der "Tatort" am Sonntag hat einen dämonischen Sog
Er ist Frauen gegenüber verklemmt und gehemmt und holt sich Rat bei einem Männerflüsterer, den Schauspieler Arnd Klawitter mit dämonischer Sanftheit zum Massenverführer macht – einem, der seinem eigenen Geschlecht die „Würde“ zurückgeben will, was nichts anderes als Geschlechterkrieg bedeutet.
Das hätte alles fürchterlich belehrend werden können, wird es aber nicht. „Die Angst der weißen Männer“ entwickelt einen dämonischen Sog, eine düstere Spannung. Dass hier dem Publikum nicht wieder mal holzgeschnitzte Sätze zu einem „brisanten Thema“ an den Kopf geworfen werden, liegt nicht zuletzt am wie immer souverän aufspielenden Milberg und seiner Ermittler-Partnerin Bagriacik, die in dieser Folge als starke Frau zupacken, schießen und dem Stinkstiefel vom Staatsschutz Paroli bieten darf. Doch sie können nicht verhindern, dass am Ende einer durchdreht.
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