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Pandemie: Schummelei: Corona-Zahlen in Türkei deutlich höher als gedacht

Pandemie

Schummelei: Corona-Zahlen in Türkei deutlich höher als gedacht

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    Die UN-Organisation WHO hat die Türkei aufgerufen, die Corona-Zahlen nach UN-Standards zu veröffentlichen.
    Die UN-Organisation WHO hat die Türkei aufgerufen, die Corona-Zahlen nach UN-Standards zu veröffentlichen. Foto: Rick Bajornas, dpa

    Nachdem die türkische Regierung einräumen musste, bei der Veröffentlichung der täglichen Corona-Zahlen zu schummeln, wird jetzt das tatsächliche Ausmaß der Pandemie im Land bekannt. Nach Angaben von Gesundheitsminister Fahrettin Koca liegt die Zahl der neuen Infektionen derzeit bei etwa 10.000 täglich – die offizielle Statistik registriert aber nur jene 1400 Patienten pro Tag, die medizinisch behandelt werden.

    Wegen der hohen Zahlen hat Großbritannien die Türkei von der Liste sicherer Reiseländer gestrichen. Tausende britische Urlauber, die jetzt in der Türkei sind, müssen nach ihrer Heimkehr in Quarantäne. Das Auswärtige Amt in Berlin nimmt die Enthüllungen in der Türkei nach eigenen Angaben „sehr ernst“, hat die Reisehinweise für das Land bisher aber nicht verändert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief unterdessen die Türkei auf, die Corona-Zahlen nach den Standards der UN-Organisation zu veröffentlichen. Demnach wird jeder im Labor bestätigte Corona-Fall gezählt, und zwar „unabhängig von klinischen Anzeichen und Symptomen“.

    Ärztebund fordert den Rücktritt des Ministers in der Türkei

    In der vergangenen Woche hatte Koca unter dem Druck der Opposition zugeben müssen, dass die Regierung seit Ende Juli in ihrer öffentlichen Corona-Bilanz nicht mehr die Zahl der positiv Getesteten verzeichnet, sondern nur noch Patienten, die zu Hause oder im Krankenhaus behandelt werden müssen.

    Der türkische Ärztebund, der seit Beginn der Pandemie nachvollziehbare Zahlen von der Regierung verlangt, forderte daraufhin den Rücktritt des Ministers – er habe die Öffentlichkeit hinters Licht geführt. „Wir stehen vor einem Sturm, einem Tsunami“, sagte Ärztebund-Mitglied Ibrahim Akkurt unserer Redaktion mit Blick auf die bevorstehende Grippesaison.

    Koca rechtfertigte sein Vorgehen mit dem Argument, der Schutz „nationaler Interessen“ sei genauso wichtig wie der Gesundheitsschutz für die Bevölkerung. Die Opposition vermutet, dass die Regierung die Zahlen schönt, um neue Beschränkungen für die ohnehin krisengeschüttelte Wirtschaft zu vermeiden.

    Nach wie vor schweigt Koca dazu, wie hoch die Gesamtzahl der Positiv-Tests ist. Allerdings gab er dem Journalisten Muharrem Sarikaya von der Internetzeitung Habertürk Auskunft über die erhobenen Daten, die Verteilung von Fällen nach Region, Geschlecht und Alter sowie über die Nachverfolgung. Auch ihm gegenüber habe Koca nicht offen gesagt, wie hoch die Zahl der täglichen Corona-Fälle denn tatsächlich sei, schrieb Sarikaya. Aber aus einigen Angaben des Ministers lasse sich die Dimension erschließen: So berichtete Koca dem Journalisten, dass derzeit etwa zehn Prozent aller Tests in der Türkei positiv ausfallen. Bei zuletzt rund 104.000 täglichen Tests sind das also etwa 10.000 neue Fälle jeden Tag.

    Welche türkischen Gebiete von der Reisewarnung ausgenommen sind

    Die britischen Behörden führten am Wochenende eine 14-tägige Quarantäne-Pflicht für alle Reisenden aus der Türkei ein. Bei Verstößen drohen Geldbußen von umgerechnet bis zu 11.000 Euro. Britische Medien berichteten, viele Urlauber in der Türkei hätten daraufhin versucht, ihre Ferien abzubrechen und vor Beginn der Quarantäne nach Hause zu kommen.

    In Deutschland sind die vier türkischen Provinzen und Feriengebiete Aydin, Izmir, Mugla sowie Antalya von der bestehenden Corona-Reisewarnung für das Land ausgenommen. Das Auswärtige Amt, hieß es, verfolge die Lageentwicklung in der Türkei intensiv.

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