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Medien: Machtmissbrauch: Schwere Vorwürfe gegen "Bild"-Chef Reichelt

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Machtmissbrauch: Schwere Vorwürfe gegen "Bild"-Chef Reichelt

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    "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt ist für viele eine Hassfigur.
    "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt ist für viele eine Hassfigur. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Wie Bild-Chefredakteur Julian Reichelt wirklich ist, wissen nur wenige. Wie er sich selber sehen will, wie er sich inszeniert – davon hat die Doku "Bild. Macht. Deutschland?" auf Amazon Prime Videoeinen Eindruck gegeben: immer im Recht, nimmermüde; ein Antreiber und einer, der mitspielt im großen Spiel der Bundespolitik. Sein Image dagegen ist das eines Krawallmachers. Reichelt ist – wie ganz ähnlich das Boulevardblatt aus dem Hause Springer – für viele eine Hassfigur. Während das gewissermaßen Teil der Jobbeschreibung ist, sind die aktuellen Vorwürfe für ihn hochproblematisch.

    So inszenierte sich Bild-Chef Julian Reichelt (links) in der Amazon-Doku über die Zeitung.
    So inszenierte sich Bild-Chef Julian Reichelt (links) in der Amazon-Doku über die Zeitung. Foto: Christoph Michaelis, Amazon Prime

    Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete am Montag, ausgerechnet am Weltfrauentag, Reichelt müsse sich in einem Compliance-Verfahren innerhalb des Axel-Springer-Verlags verantworten. Rund ein halbes Dutzend Mitarbeiterinnen hätten dem Medienhaus Vorfälle aus den vergangenen Jahren angezeigt. Informationen des Branchendienstes Meedia zufolge soll es "ein Kreis von mehr als zehn weiblichen wie männlichen Personen sein". Der Verlag teilte mit, sich zu internen Vorgängen "grundsätzlich nicht" zu äußern. Laut Spiegel geht es um Machtmissbrauch und die Ausnutzung von Abhängigkeitsverhältnissen. Sowie: "In einzelnen Fällen soll sich Reichelt möglichen Vorwürfen von Nötigung und Mobbing stellen müssen."

    Bild-Chef Julian Reichelt ist für viele eine Hassfigur

    Glaubt man dem Investigativjournalisten Marcus Engert, herrscht nun Unruhe in der Redaktion. Einige betonten, man kenne Reichelt als wunderbaren Chef, der Frauen fördere. Andere seien fassungslos. Er höre, so Engert auf Twitter, Mitglieder der Chefredaktion würden Leute auffordern, in sozialen Netzwerken Pro-Reichelt-Durchhalte-Posts zu liken und zu teilen. Sollte es die Aufforderung gegeben haben, blieb sie zumindest bis Dienstagnachmittag ohne Folgen.

    Julian Reichelt, der 1980 in Hamburg geboren wurde, ließ sich nach dem Abitur bei derBildzum Redakteur ausbilden, machte dort eine beeindruckende Karriere und vor allem als Kriegsreporter auf sich aufmerksam. 2017 wurde er Vorsitzender der Bild-Chefredaktionen, im Juli 2020 zudem – mit Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt – Sprecher der Geschäftsführung. Der wirtschaftliche Druck auf ihn ist groß. So treibt die Bild ihre Video- und Live-Strategie massiv voran – noch mit durchwachsenem Erfolg.

    Häufiger öffentlich debattiert wurde in den vergangenen Jahren die Frage, wie lange er sich an der Bild-Spitze wird halten können. Seit dem Rücktritt Tanit Kochs 2018, der ihn zum alleinigen Chef auch der gedruckten Bild machte, setzt er auf konfrontative Berichterstattung und Kampagnenjournalismus. Was dem Blatt eine Reihe von Rügen des Presserats einbrachte.

    Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE.
    Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Und Reichelt in die missliche Situation, dass Mathias Döpfner – Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE und Präsident des Bundesverbandes Digitalpublisher und Zeitungsverleger – Fehler in der Berichterstattung derBild zum "Fall Solingen" einräumen musste. Dort soll eine Mutter im September 2020 fünf ihrer sechs Kinder ermordet haben. Bild.de veröffentlichte WhatsApp-Nachrichten des überlebenden elfjährigen Sohnes, die dieser nach dem Tod der Geschwister mit einem zwölfjährigen Freund austauschte. Auch im Zusammenhang mit dem Umgang der Bild mit dem Virologen Christian Drosten, dem man unter anderem für eine Stellungnahme nur eine Stunde Zeit gab, sprach Döpfner von einem "dummen Fehler".

    Reichelt ist bekannt für seinen harten Führungsstil

    Die Fehler häufen sich. Die aktuellen Vorwürfe gegen Reichelt jedoch scheinen von anderer Qualität zu sein. Nach einem Bericht des Fachmagazins kress pro habe es bereits vor Jahren einen – nicht zutreffenden – Vorwurf eines Verstoßes gegen Springer-interne Compliance-Regeln gegen ihn gegeben. Möglicherweise, weil sich Reichelt durch seinen harten Führungsstil viele Feinde geschaffen habe, die nur auf einen Fehler warteten, so kress pro. Dass er in seiner Redaktion aneckt, weiß Reichelt. In der Amazon-Doku sagt er gleich in Folge eins: "Es ist sicher denkbar, dass Kollegen sich auch über die Dringlichkeit in meinem Ton echauffieren."

    Einem Bericht des Fachmediums Horizont zufolge bestreitet Reichelt die Vorwürfe. Im Intranet warnten demnach Döpfner und Jan Bayer, Vorstand News Media, am Dienstagnachmittag vor einer Vorverurteilung. Ein Ergebnis des Verfahrens könnte bereits im Laufe dieser Woche vorliegen, schrieb Horizont und veröffentlichte den Wortlaut der Erklärung. "Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Das bedeutet: Es liegt bislang kein Ergebnis vor, weder in die eine noch in die andere Richtung. Julian Reichelt bestreitet die Vorwürfe. Bitte glauben Sie uns, auch wir wollen so viel Transparenz wie möglich. Wir wollen, dass jeder ohne Angst auf mögliche Missstände und Fehlverhalten hinweisen kann. Wir werden aber keine Form der Vorverurteilung zulassen", lautet eine Passage. Man habe auch externe Experten hinzugezogen, die den Vorwürfen nachgingen. Im Detail Auskunft zu geben, sei wegen des laufenden Compliance-Verfahrens nicht möglich, so Mathias Döpfner und Jan Bayer.

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