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Kein Schwein versteht die Zeitumstellung

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Kein Schwein versteht die Zeitumstellung

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    Kein Schwein versteht die Zeitumstellung
    Kein Schwein versteht die Zeitumstellung Foto: DPA

    In jedem Herbst häufen sich die Wildunfälle, doch die Zeitumstellung an diesem Sonntag vergrößert nach Ansicht von Experten das Risiko. "Auch Wildtiere haben ein sehr gutes Zeitgedächtnis", sagt der Zoologe Julian Heiermann vom Naturschutzbund Deutschland in Berlin. Sie hielten sich tagsüber in ihrem Versteck auf, in dem sie sich vor dem Mensch sicher fühlen. In der Dämmerung machen sie sich immer zur selben Stunde zu ihren "Nahrungsgründen" auf. Meist sind das Maisfelder, die auch nach der Ernte noch viel zu fressen bieten. "Wenn Rushhour ist, sind auch die Wildschweine schon unterwegs", erklärt Heiermann.

    Nach Angaben des Deutschen Jagdschutz-Verbandes in Bonn starben in der vergangenen Jagdsaison (März 2008 bis April 2009) auf deutschen Straßen 27 000 Wildschweine, so viele wie noch nie. Zudem verendeten fast 200 000 Rehe nach der Kollision mit einem Auto. Das Statistische Bundesamt zählt jährlich etwa 3000 Wildunfälle, bei denen Menschen verletzt werden.

    Der Biologe Torsten Reinwald, Sprecher des Jagdschutz- Verbandes, erklärt: "Wir haben im Herbst einen Peak (Höchstwert), der wird durch die Zeitumstellung noch mal verstärkt." Der Autoclub Europa (ACE) beklagt: "Die Straße wird zum Friedhof der Wildtiere."

    Ursache dieser Entwicklung ist zum einen die sprunghafte Zunahme der Wildschweine. 2,5 Millionen Schwarzkittel suhlen sich nach Angaben von Reinwald in deutschen Wäldern, Feldern und zunehmend auch in städtischen Grünflächen. Nahrung finden sie überall. 27 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands sind inzwischen mit Mais-, Raps- oder Weizenfeldern bedeckt. Genug Leckerbissen finden die Wildschweine aber auch in Komposthaufen von Kleingärtnern.

    Es gibt sogar Tierliebhaber, die den Borsten-Viechern das Futter extra in den Wald bringen. Anders als Rehe und Hirsche, können Wildschweine bei guter Versorgung mit Nahrung zweimal im Jahr Junge kriegen - bis zu acht Frischlinge pro Wurf.

    Der Naturschutzbund kritisiert, dass immer mehr Straßen wie feste Barrieren den Lebensraum der Tiere einschnüren. Die Wanderung der Wildtiere sei auch biologisch sinnvoll, damit sich die Populationen vermischen könnten. "Wir müssen die Lebensräume wieder mehr vernetzen", fordert Zoologe Heiermann. Der Bau und Unterhalt von Wildbrücken rechne sich, wenn man die Versicherungsschäden durch Wildunfälle berücksichtige.

    Für ein "vernünftiges Miteinander" mit den wilden Verkehrsteilnehmern plädiert auch der ADAC. Doch der Bau von Brücken und Tunneln sei bei leeren Kassen schwierig, und hundertprozentige Sicherheit gebe es dadurch auch nicht, erläutert der Leiter des Bereichs Technik und Verkehr beim

    Wissenschaftler versuchen es trotzdem. In Schleswig-Holstein sollen jetzt an neuralgischen Punkten "Duftzäune" aufgestellt werden. Sie bestehen aus dauerhaften Duftmarken, die an Bäumen und Sträuchern in der Nähe von Straßen angebracht werden, und deren Geruch für die Tiere so unangenehm ist, dass sie lieber kehrtmachen.

    Mit der Flinte allein lässt sich das borstige Problem nicht lösen. 640 000 Wildschweine wurden nach Angaben des Jagdschutz-Verbandes in der vergangenen Saison geschossen, ein Drittel mehr als in der Saison davor. Trotzdem nimmt die Zahl der Tiere weiter zu. Der Verband fordert von den Bauern, in den Maisfeldern Schussschneisen zu lassen, und die Erlaubnis,

    Verkehrsexperten appellieren an die Autofahrer, in der dunklen Jahreszeit besonders vorsichtig an Waldrändern und in der Nähe von Feldern zu fahren. Bei aller Tierliebe geht dabei für den ADAC die Sicherheit des Autofahrers vor. Auf einen gefährlichen "Elchtest" sollte er sich auf enger und womöglich glatter Straße nicht einlassen. Dies könne folgenreicher sein, als einfach draufzuhalten. Dabei muss der Fahrer aber folgendes wissen, wie

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